Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus – Stoppt die Gewalt in der Ukraine!

31.05.2014
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Mir ist jeder willkommen, so unterschiedlich seine Vorstellungen, Motive, ethischen Überzeugungen auch sein mögen. Wenn es um den Frieden geht, bin ich bereit, mit Unternehmerinnen und Unternehmern zusammenzuarbeiten, die ihren Profit nicht mit Rüstungsgütern machen. Ich bin bereit zu Gesprächen in Kirchen, auf Plätzen und Straßen. Die Friedensbewegung kann sich selbstbewusst offene Mikrofone leisten. Aber sie müssen geschlossen sein für Nazis, für Rechte, für Faschisten. Für mich gehören beide Teile der großen Nachkriegslosung in Deutschland „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ untrennbar zusammen.

 

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Wolfgang Gehrcke in Kassel am 31. Mai 2014

Es herrscht Krieg in der Ukraine

Menschen werden erschossen, erschlagen, verbrannt wie in Odessa, militante Banden gehen auf Menschenjagd. Es ist ein Krieg in Europa, in Zentrum Europas. Es sind innere Widersprüche, aber sie werden von außen angeheizt. Eine dieser Banden auf Menschenjagd ist die ukrainische Nationalgarde. Sie steht unter Präsidentenkommando und ist von den Militanten des Rechten Sektors gebildet und kommandiert. Ihr Chef Paruba war der „Kommandant“ des Maidan, er kennt sich aus. Bis heute ist nicht aufgeklärt, wer die Todesschüsse auf dem Maidan zu verantworten hat, und bis heute ist nicht aufgeklärt, auf wessen Konto das Massaker im Odessaer Gewerkschaftshaus geht. Seltsam eine Staatsmacht, die das nicht klären kann oder klären will, und seltsam eine internationale Staatengemeinschaft, die das einfach hinnimmt.

Der neue Präsident Poroschenko, ein Oligarch, der an den meisten gescheiterten Regierungen beteiligt war, ist im westlichen Ausland als Chance für Stabilität begrüßt worden. Seine Stabilität besteht aber, wie er selbst ausführte, in einer Politik der harten Hand, in einer Politik der Gewalt und der Vernichtung des Gegners. Schnell soll es gehen und nachhaltig soll es sein. Dazu braucht er Nationalgarde, nicht uniformierte Spezialisten und die Armee. Ein Präsident, der die Armee gegen das eigene Volk einsetzt, hat bereits verloren.

Jetzt ist es notwendig, dass in den Parlamenten europäischer Länder die Linken kategorisch den sofortigen Rückzug der Armee in die Kasernen, die Auflösung der Nationalgarde, einen Waffenstillstand fordern. Die Menschenjagd in der Ukraine muss gestoppt werden!

Das lesen Sie nicht in den Zeitungen, das hören Sie nicht in Rundfunk und sehen es nicht im Fernsehen

Der Mainstream in unserem Lande ist einseitig, unprofessionell und agiert auf der Ebene der Gerüchte. Zu oft wird, statt über Fakten zu berichten, über Vermutungen verlautbart, Unbestimmtes in die Welt gesetzt und Nachfragen mit einem „Das weiß man doch“ abgewehrt. Ein Meister darin ist der ukrainische Ministerpräsident Jazeniuk. In seiner Aachener Rede sprach er davon, dass den Russen nicht zu trauen ist – das weiß man doch. Dass man mit ihnen keine Verträge schließen kann und das einzige, was hilft, eigene Bewaffnung und NATO-Truppen seien. Das Interessante ist, diese einseitige Berichterstattung hat nicht gegriffen. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land will Verständigung mit Russland, Ausgleich und Verhandlungen. Ich bitte Sie alle, werden Sie tätig als „Russland-Versteherinnen und –Versteher“. Setzen Sie der Propaganda der Medien eine Propaganda der Wahrheit, der Fakten entgegen. Wenn Sie es wollen und die Friedensbewegung aktiv wird, hat die Wahrheit eine Chance in unserem Land.

Die Brandfackel ist von EU, USA und NATO geworfen worden

Die innere Situation in der Ukraine war widersprüchlich und explosiv, keine Frage. Viele Menschen waren nicht länger bereit, die schamlose Bereicherung der Oligarchen und der jeweils von ihnen gekauften Regierungen hinzunehmen. Die Namen der Politikerinnen und Politiker hatten gewechselt. Ob sie nun Kutschma, Juschtschenko, Timoshenko oder Janukowitsch oder jetzt eben Poroschenko hießen und heißen, das System blieb: Das Land wurde ausgeplündert, den Menschen ging es schlecht. Die Menschen in der Ukraine hatten das Gefühl, sie müssten sich zwischen Russland und der EU entscheiden. Das ist ihnen von Seiten der EU tagtäglich gepredigt worden. Genau diese Entscheidung wollten sie nicht und es war für viele symptomatisch, dass die erste, allerdings dann ausgesetzte Entscheidung der „Maidan-Regierung“ lautete, die russische Sprache als Amtssprache abzuschaffen. Man sollte sich eben entscheiden. Das Pulverfass war bereitet, die Lunte gelegt, gezündet wurde sie von der EU. Ein weiteres Mal sollte die Nachkriegsordnung in Europa geändert werden. Mit dem Herausbrechen der Ukraine und nachfolgend Moldawien aus dem Einflussgebiet Russlands sollten die Chancen für Russlands „Eurasische Union“ auf Null gebracht werden. Für die EU ging und geht es um neue Absatzmärkte, wirtschaftlich interessante Räume, den Zugriff auf die Wirtschaftskraft der Ostukraine, den Abbau der wenigen sozialen Standards und eine billige Arbeitnehmerschaft, die man anwerben oder draußen lassen kann. Ein neuer Kampf um die Vorherrschaft in Europa hat begonnen. Vieles erinnert mich an den Krieg auf dem Balkan, den Jugoslawienkrieg. Auch hier waren Völker, die Jahrzehnte lang gewaltfrei zusammen gelebt hatten, scheinbar über Nacht zu erbitterten Gegnern geworden. Auch hier herrschte Gewalt und Totschlag, Mord. Plötzlich waren Serben, Kroaten, Slowenen, Albaner wieder Erbfeinde, wie es scheinbar jetzt in der Ukraine die Nationalitäten sind.

Es gibt keine Erbfeinde und eine vernünftige Politik in Europa hätte das Drama auf dem Balkan verhindern müssen und das Drama in der Ukraine nicht zulassen dürfen. Die EU hat gezündelt und daran haben die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens, die Merkel-Regierung erheblichen Anteil. Dass die USA es noch dreister wollen, darf nicht zur Entschuldigung für die verfehlte EU-Politik herangezogen werden. Die USA wollen die Ukraine möglichst heute schon in die NATO aufnehmen, die Bundesregierung sagt, das stünde nicht auf der Tagesordnung. Das heißt aber doch, es wird nicht prinzipiell ausgeschlossen. Deutsche Außenpolitik ist mit dem Jugoslawienkrieg zur Großmachtpolitik geworden. Die NATO nutzt den Ukraine-Konflikt, um Truppenstationierungen an den Grenzen Russlands voranzutreiben, während sie sich heuchlerisch über russische Truppenstationierungen auf russischem Territorium beschweren. Mit der Ukraine und Georgien hätte die NATO in Kombination mit den militärischen Vereinbarungen innerhalb der EU starke Türme von den Toren Russlands.

Die Linke und die Friedensbewegung verfolgen eine andere Grundlinie. Wir wissen, die Bürgerinnen und Bürger Russlands wollen keinen Krieg. Sie wollen Verständigung. Russland ist Teil Europas und nicht Antipode. Die Linke will eine neue Ostpolitik der Verständigung mit Russland und nicht der „Eindämmung“ Russlands.

Keine Zusammenarbeit mit Faschisten

In der ukrainischen Regierung sitzen Faschisten und wichtige Militär-, Polizei- und juristische Funktionen werden von Faschisten wahrgenommen. Diese Regierung ist noch im Amt und die Töne anderer ukrainischer Politikerinnen und Politiker werden immer nationalistischer. Gleich und Gleich gesellt sich gern. Timoschenko will Putin notfalls selbst in den Kopf schießen, Jazeniuk „weiß eben“, dass man den Russen nicht trauen darf und die Svoboda-Minister vertreten eine Partei, deren Bildungsstätte nach Göbbels benannt wurde. Faschismus darf nicht enttabuisiert werden! Das ist die große Verantwortung der Außenminister des Weimarer Dreiecks Deutschland, Frankreich und Polen, dass sie die faschistischen Teile des Maidan als „normale Gesprächspartner“ akzeptiert haben. Wer den Trennungsstrich zu Nationalismus und Faschismus verwischt und damit Rechtspopulismus, Nationalismus und Faschismus verharmlost, findet sich dann in einem Land wieder, in dem die Bewegung von Le Pen zur stärksten politischen Kraft wird, in dem die „Wahren Finnen“, die Wilders-Niederländer und die Alternative für Deutschland beachtliche Wahlsiege erreichen. Ich sage das auch mit Blick auf die Friedensbewegung. Mir ist jeder willkommen, so unterschiedlich seine Vorstellungen, Motive, ethischen Überzeugungen auch sein mögen. Wenn es um den Frieden geht, bin ich bereit, mit Unternehmerinnen und Unternehmern zusammenzuarbeiten, die ihren Profit nicht mit Rüstungsgütern machen. Ich bin bereit zu Gesprächen in Kirchen, auf Plätzen und Straßen. Die Friedensbewegung kann sich selbstbewusst offene Mikrofone leisten. Aber sie müssen geschlossen sein für Nazis, für Rechte, für Faschisten. Für mich gehören beide Teile der großen Nachkriegslosung in Deutschland „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ untrennbar zusammen.