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Syrien, Russland, NATO und EU: Auf der Tagung zur historischen Zimmerwalder Konferenz gab es viel zu besprechen
13.10.2015
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Johannes Supe (junge Welt)

Über 100 Menschen besuchten am Sonntag die Veranstaltung »100 Jahre nach der Zimmerwalder Konferenz« in Berlin. Dort wurde darüber diskutiert, wie man den Kriegen in der Ukraine und in Syrien begegnen könne – und welche Bewegung dafür in der Bundesrepublik entstehen müsse (siehe Artikel oben).


»Es ist bereits Krieg«, sagte die Autorin Christiane Reymann in der Eröffnungsrede. Der Konflikt in der Ukraine sei zudem gefährlich nahe an der Bundesrepublik. Doch an adäquaten Antworten der Friedensbewegung mangele es noch. Überhaupt seien die in der Historie recht verschieden ausgefallen. »Viele der Linken in Zimmerwald verbanden damals die Friedensfrage mit der sozialistischen Revolution«, so Reymann. Zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges habe die Arbeiterbewegung hingegen zuerst auf die Einheits-, später auf die Volksfront gesetzt – also auf breite Bündnisse, die auch jene Bevölkerungsteile einschlossen, die nicht zur Arbeiterklasse gehören. Heute müsse wieder gefragt werden, welche Strategie der Lage angemessen sei.


Reymann organisierte neben dem Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke (beide Linkspartei) die Tagung maßgeblich mit. Insgesamt luden 31 Personen ein, vor allem aus der Friedensbewegung und der Linken. Zu hören waren Referate verschiedener Wissenschaftler, diskutiert wurde in mehreren Arbeitsgruppen.


»Die Welt von heute entstand vor einem Vierteljahrhundert«, sagte der Historiker Kurt Pätzold in seinem Referat »Sozialistinnen, Sozialisten und der Frieden heute«. Damals seien die sozialistischen Staaten durch konterrevolutionäre Prozesse in den Kapitalismus zurückgeworfen worden. Der Kalte Krieg habe mit einem Sieg des Westens geendet, doch der habe danach nicht abgerüstet. »Man war nicht willens, die NATO aufzulösen«, so Pätzold. Statt dessen sei das Militärbündnis bis nahe an die Grenzen Russlands vorgerückt. »Es reicht ihnen nicht, dass Russland ein kapitalistisches Land wurde, es soll sich der US-Macht fügen.«
Für einige Diskussionen sorgte Erhard Crome. Der Referent für Frieden- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung führte aus, dass 2013 gut 1.700 Milliarden Dollar für Rüstung eingesetzt wurden. 60 Prozent der Ausgaben entfielen dabei auf die 28 NATO-Mitglieder.Über die Luftangriffe, die Russland auf Bitten der syrischen Regierung im Nahoststaat fliegt, sagte er: »Ich vermag das aus linker Perspektive nicht als fortschrittlich zu sehen.«


Aus: junge Welt, Ausgabe vom 06.10.2015, Seite 3 / Schwerpunkt (http://www.jungewelt.de/2015/10-06/017.php