Schluss mit Waffenlieferungen!

Rede von Wolfgang Gehrcke in der Aktuelle Stunde zum Thema "Fortgesetzte Militärkooperation mit Saudi-Arabien und der Türkei"
14.01.2016
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Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE: Schluss mit Waffenlieferungen! (Fraktion DIE LINKE. im Bundestag)

 

Danke sehr. - Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits gestern begonnen, über dieses Thema zu debattieren. Dies geschah in einer Aktuellen Stunde, die die Regierungskoalition beantragt hatte. Es ist eine ganze Reihe weiterer Fragen zu klären. Ich darf versuchen, dazu einen Beitrag zu leisten. Ich finde es übrigens auch wichtig, dass wir solche Fragen in einer großen Öffentlichkeit diskutieren, weil die Menschen in unserem Land natürlich wissen wollen, was man darunter versteht, wenn von der Regierung häufiger gesagt wird, man wolle die Fluchtursachen bekämpfen. Man muss darüber reden, was Fluchtursachen sind, und das will die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will nicht dabei zusehen, wie die deutsche Außenpolitik im Nahen Osten - und nicht nur dort - immer unglaubwürdiger wird. Ich finde, Deutschland beschmutzt sich, wenn der Eindruck entsteht, dass wir die Hinrichtung oder, besser gesagt, die Morde in Saudi-Arabien hinnehmen, einfach so weitermachen und sagen: Das ist zwar bedauerlich, aber nicht zu ändern. Doch, das wäre zu ändern, wenn die internationale Gemeinschaft einschließlich Deutschlands sagen würde: Wir sind nicht mehr bereit, das hinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das müssen wir in aller Öffentlichkeit deutlich machen.

47 Menschen wurden an einem Tag abgeschlachtet, erschossen, erschlagen, enthauptet. Das ist der IS in Praxis. Man kann den IS nicht bekämpfen, indem man seine Methoden staatlich anwendet. Das geht überhaupt nicht, und deswegen muss man dort konsequent gegenhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte, dass das Regierungsgerede von Saudi-Arabien als Stabilitätsanker in der Region aufhört. Bis heute redet die Bundesregierung davon, dass Saudi-Arabien ein Stabilitätsanker sei. Das kann doch in Riad nur so verstanden werden, dass es keine ernsthafte Gegenwehr aus dem Westen gegen die Art und Weise des Vorgehens dieses Staates gibt.

(Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt!)

Die Bundesregierung hat bis heute die Frage nicht beantwortet - ich hoffe, dass man heute eine Antwort darauf bekommt -, warum sie dem Staat Saudi-Arabien nicht sofort nach dieser politischen Mordorgie, die auch darauf zielte, dass die Vereinbarungen zu Syrien scheitern, angekündigt hat: Wir werden keine Waffen mehr liefern. Es wird keine Waffenverträge mehr geben. - Einem solchen Staat kann man keine Waffen anvertrauen. Das wäre doch das Mindeste, was man von der Bundesregierung hätte erwarten müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn die Bundesregierung nun behauptet, Saudi-Arabien sei ein Anker der Stabilität, möchte ich entgegnen: Diese Stabilität ist eine Stabilität der Friedhofsruhe, der Vernichtung von Demokratie, der Unterdrückung von Menschen. Das hat nichts mit Menschenrechten zu tun. Die Bundesregierung hat noch einmal gesagt, dass die Wahrung von Menschenrechten ein Kriterium dafür ist, ob man Waffenexporte genehmigt oder nicht. Mindestens das könnten Sie ja einhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Saudi-Arabien ist durch Waffen- und Geldlieferungen für den Aufschwung des IS mit verantwortlich. Ob dafür, wie nun behauptet wird, reiche saudische Familien verantwortlich sind und nicht der Staat, das ist nicht sehr erheblich. Saudi-Arabien ist eine Kriegspartei in Syrien. Ohne Saudi-Arabien hätte es diesen Krieg in dieser furchtbaren Art und Weise in Syrien nicht gegeben, und Saudi-Arabien führt Krieg in Jemen. Jemen und Syrien unterscheiden sich kaum noch, was die Katastrophe für die Menschen angeht. Was dort geschieht, das ist Mord, und das ist auch die Vernichtung eines Staates, wie es der Jemen ist. Wenn wir die Art und Weise des Umgangs mit Saudi-Arabien weiter betreiben, bleibt den Menschen nur eine Chance: fluchtartig ihre Region zu verlassen, in der sie nicht leben können und nicht leben dürfen. Ich rede gar nicht davon, wie man ein Leben gestalten könnte.

Ein Stabilitätsanker aus Sicht der Bundesregierung ist auch die Türkei, ist Erdogan. Erdogan führt aber Krieg gegen die Kurden. Wie kann man hier immer davon reden, dass man die Kurdinnen und Kurden unterstützt, und gleichzeitig die Augen zumachen, wenn in den kurdischen Gebieten in der Türkei - und nicht nur dort - Krieg gegen die Kurden geführt wird? Auch das hat mit Demokratie nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mich immer wieder gefragt, warum die Bundesregierung sich so verhält. Es lohnt ja nicht, zu unterstellen: Sie sind eben so. - Warum also verhält sich die Bundesregierung so? Ich habe ein sehr altes Zitat gefunden, was ich zutreffend finde. Entschuldigen Sie die Sprache; das ist nicht meine Sprache; ich zitiere das nur. - Der Ex-US-Präsident Roosevelt hat über den Diktator Nicaraguas, Somoza, einmal gesagt: Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn.

Genau diese Denkweise - das sind unsere Verbündeten; da kann man mal wegschauen, wo man nicht wegschauen darf - finde ich in der Politik der Bundesregierung. Ich finde, das kann man nicht durchgehen lassen.

Dieses Parlament muss sagen: Schluss mit Waffenlieferungen! Schluss damit, dass die Türkei als ein Land, das die Flüchtlinge daran hindern soll, nach Europa zu kommen, aufgerüstet wird! Demokratie ist nicht teilbar. Das muss man auch öffentlich verfechten. Das hat nichts damit zu tun, ob man miteinander redet oder nicht. Ich bin dafür, dass man miteinander redet. Aber man muss zu keinem Festival fahren, wenn man ernsthafte politische Debatten führt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)