Ça ira Nr. 188

Keine Waffen in die Ukraine – Deutschland ist schon Kriegspartei
20.04.2022
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Christiane Reymann & Wolfgang Gehrcke

In jüngster Zeit haben Wolfgang Gehrcke und Christiane Reymann in Reden zum Ukraine-Krieg argumentiert:

Hochmut kommt vor den Fall! Der Hochmut in diesem Land gegenüber Russland macht es unfähig zu einer vernünftigen Vermittlung, so Wolfgang Gehrcke am 18.03. auf einer Kundgebung der Berliner Friedenskoordination am Brandenburger Tor: Wir haben eine Verantwortung. 27 Millionen ermordeter Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion mahnen uns, eine andere Politik gegen Russland an den Tag zu legen. Das geht nicht in dieser arroganten und feindseligen Art und Weise wie man denkt, mit diesem Land umgehen zu können.

Ich bitte Euch, schaut kritisch hin, was hinter den Kulissen passiert und passiert ist. Meinst Du, die Russen wollen Krieg? Nein, die Russen wollen keinen Krieg. Die Russen wollen Frieden und Gleichberechtigung.

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Die beiden Reden wurden als Videos am 18. März bzw. am 16. April 2022 in Berlin aufgenommen und sind als "Roter Platz #102" sowie auf YouTube zu finden unter https://www.youtube.com/watch?v=6_4DtYy3zZE.

Zuerst hieß es aus der Ampel-Koalition: Keine Waffen in die Ukraine, dann „Verteidigungs“-Waffen, dann leichte, jetzt drohen schwere ... die Spirale schraubt sich nach oben, Ende nicht absehbar. Wer nicht Waffenstillstand und Kompromiss, sondern einen militärischen Sieg der Ukraine ansteuert, provoziert einen langen Krieg mit größten Opfern - vor allem für die Ukraine. Ein direktes militärisches Eingreifen Deutschlands und/oder der NATO könnte der Beginn des III. Weltkrieges sein.


Zeitenwende zum Bellizismus

Als „Zeitenwende“ bezeichnet, wird diesem aktuellen Krieg in der Ukraine eine singuläre, eine epochale Bedeutung beigemessen. Alle Grundfesten seien nicht nur erschüttert, sie haben sich als nicht haltbar erwiesen, sie sind zusammengebrochen. Alles Gewesene gilt nicht mehr, so Christiane Reymann auf dem Berliner Ostermarsch. Sie fragt: Doch stimmt das so? Ist seit dem 24. Februar etwa aus dem weltweiten Kriegsbündnis NATO ein Bündnis für Frieden und Völkerverständigung geworden? Oder verweigert seitdem die Bundesregierung den Kriegsdienst?

Wir als Friedensbewegung haben guten Grund, unsere Positionen selbstkritisch zu hinterfragen, vor allem, weil es uns nicht gelungen ist, diesen Krieg zu verhindern. Doch wir haben keinen Grund, uns einzureihen in die Schlange der bigotten reuigen Sünder à la Josef Fischer oder Frank-Walter Steinmeier. Unvergessen, wie Josef Fischer den Bombardements auf Belgrad als „Sühne für Ausschwitz“ eine fast religiöse Weihe verlieh.

Nein, im Krieg geht es nicht um das Gute, nicht um hehre Werte. Das hat uns Egon Bahr, der Architekt des Ausgleichs zwischen Ost und West gelehrt, er wäre in diesem Frühjahr 100 Jahre alt geworden. Er hatte gesagt: Wenn ein Politiker anfängt, über Werte zu schwadronieren anstatt über Interessen zu reden, dann ist es höchste Zeit den Raum zu verlassen.

Verlassen wir also den Raum wertebasierter Selbstbeweihräucherung und schauen, was sich in unserem Land in der proklamierten „Zeitenwende“ verändert.     

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