KSK-Mandat beenden

30.03.2007
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Rede zur Begründung des Antrages der Fraktion DIE LINKE. "Einsatz des Kommandos Spezialkräfte in Afghanistan beenden"

Frau Präsidentin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der § 8 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes gibt den Abgeordneten des Deutschen Bundestages das Recht, ihre Zustimmung zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu widerrufen. Dieses Recht ist, so denke ich, gleichzeitig eine Pflicht, diese Einsätze immer wieder zu überprüfen, sich eine Meinung dazu zu bilden und, wenn man zu der Auffassung kommt, man muss sie beenden, das hier im Parlament zu beantragen. Wenn wir beantragen, den Einsatz der KSK in Afghanistan zu beenden, ist unser Begehren, dass das Parlament von diesem Recht Gebrauch macht. Ich denke, man muss mehr darüber diskutieren, ob es genügt, wenn ein Parlament immer nur auf die Regierung schaut und wartet, ob ein Antrag kommt, um dann zuzustimmen oder abzulehnen, oder ob ein Parlament nicht auch zu Selbsttätigkeit aufgefordert ist.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Ich denke, das Parlament ist aufgefordert. Wir wollen, dass der Einsatz der KSK in Afghanistan beendet wird.

Dazu möchte ich ein paar Gründe nennen. Aus meiner Sicht ist der Krieg in Afghanistan – nach all dem, was man liest, hört und weiß – militärisch nicht mehr zu gewinnen. Andere formulieren es etwas zurückhaltender; die Regierungskoalition sagt zum Beispiel, er sei „vorwiegend militärisch“ nicht mehr zu gewinnen. Man könnte zumindest sagen, der Krieg steckt in der Sackgasse. Wir als Linke waren immer der Auffassung, dass ein Kampf gegen den Terror gewonnen werden kann, wenn man sich um die Ursachen des Terrors kümmert, waren gleichzeitig aber immer der Auffassung, dass dieser Krieg gegen den Terror nicht zu gewinnen ist.

Wenn solche Argumente nicht einmal einen Widerhall finden, dann bitte ich Sie ganz herzlich, Ihre Erfahrungen zu prüfen. Das erste Argument für diese Kriege war immer: Es sind Kriege gegen den Terror. Ich frage Sie heute: Ist die Gefahr des Terrors mit den Kriegen kleiner oder größer geworden? Sie ist größer geworden, das wird doch keiner leugnen. Das zweite Argument war immer: Es sind Kriege für Abrüstung. Ich frage Sie: Sind die Gefahr der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie der Waffenexport und Waffenhandel kleiner oder größer geworden? Sie sind größer geworden. Das dritte Argument war: Es sind Kriege für die Demokratie. Ich frage Sie heute, ob man den Zustand der Demokratie in den Ländern, die mit Krieg überzogen worden sind, so viel besser finden soll und ob es nicht so ist, dass auch die Demokratie in unseren Staaten durch die Art und Weise der Kriegsführung Schaden genommen hat.

Ich frage mich, warum es Sie nicht bedenklich stimmt – ich sage das überhaupt nicht triumphierend –, wenn man jetzt in den Umfragen liest, dass 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Afghanistans die Zeiten während der Sowjetbesatzung und der Taliban-Herrschaft für korrekter und besser gehalten haben als die heutigen Zeiten. Ich frage Sie, ob es Sie nicht bedenklich stimmt, wenn 48 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes heute der Auffassung sind, dass die USA gefährlicher für den Frieden sind als der Iran. Wenn schon nicht die Sachargumente Sie überzeugen, dann müssten doch zumindest solche Argumente bei Ihnen den Eindruck erwecken, dass diese ganze Politik in der Sackgasse ist. Man muss heraus aus der Sackgasse; anders geht es doch nicht.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Jetzt hat der Kollege Klose von der SPD vorgeschlagen – ich finde, in sich geschlossen ist das sogar logisch; das ist nur nicht meine Politik –, man müsste sich darauf einstellen, mehr Kampftruppen nach Afghanistan zu schicken. Es liegt in der Logik: Wenn wir nicht aufhören, wird sich dieser Bundestag immer wieder damit beschäftigen müssen, für diesen Krieg neues Militär zur Verfügung zu stellen. In sich ist es logisch, politisch ist es falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

In einem Punkt hat Herr Klose allerdings Recht, nämlich als er gesagt hat, man solle aufhören, so zu tun, als ob die deutschen Soldaten in Afghanistan Entwicklungshelfer in Uniform seien. Man solle aussprechen – und ich will es hier aussprechen –: Deutschland führt Krieg in Afghanistan.

(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Norden?)

Das ist die Wahrheit. Mit der muss man sich auseinandersetzen, und man darf nicht immer darüber hinwegtäuschen.

(Beifall bei der LINKEN – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Er weiß gar nicht, was Krieg ist!)

Mit der Entscheidung, das KSK aus Afghanistan zurückzuziehen, würde ein anderes Zeichen gesetzt. Das wollen wir. Es wäre ein kleines Zeichen, aber immerhin.

Ich darf Sie noch darauf aufmerksam machen, dass der § 6 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes die Bundesregierung verpflichtet, laufend und regelmäßig zu informieren. Einmal ehrlich gesagt, Kolleginnen und Kollegen: Außer den wenigen, die informiert werden, weiß doch keiner genau, was das KSK in Afghanistan macht. Das können Sie doch nicht leugnen. Sie wissen es einfach nicht. Ich darf es Ihnen nicht sagen, weil ich zur Geheimhaltung verpflichtet bin.

(Ruprecht Polenz [CDU/CSU]: Ach, er weiß es!)

Das ist doch eine absurde Situation. Ich darf Ihnen noch nicht einmal sagen, ob das KSK jetzt in Afghanistan ist. Was ich Ihnen aber sagen darf, ist, dass das KSK dringend mit Beschluss des Parlaments zurückgezogen werden muss.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Wider besseres Wissen sagt er das!)