10.02.2010 - Kurzintervention: Kundusentschuldigung überfällig

10.02.2010
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Kundusentschuldigung überfällig (Wolfgang Gehrcke)

 


Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister des Auswärtigen
Auf dem Weg zur Übergabe in Verantwortung: Das deutsche Afghanistan-Engagement nach der Londoner Konferenz
ZP 2 Beratung des Antrags der Bundesregierung Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1890 (2009) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
– Drucksache 17/654 –


Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Gehrcke für die Fraktion Die Linke.

(Jörg van Essen [FDP]: Das habe ich befürchtet!)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich kann Zwischenrufe wie „Schön!“ und „Jetzt kommt wieder das Friedenszeug!“ durchaus genießen. Ich finde meine Reden auch schön. Dass wir immer über den Frieden reden, halte ich für höchst vernünftig.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Hin und wieder habe ich die Anwandlung, in der Debatte fair zu sein. Das ist also nicht immer der Fall, aber bei dieser Debatte ist es mir wichtig gewesen. Deswegen habe ich auch den letzten Redner der Koalitionsfraktionen abgewartet.

Ich habe die ganze Zeit gedacht, ja gehofft, dass zwei Punkte genannt werden – ich habe sie schon beim Herrn Außenminister erwartet –:
Erstens. Warum bringt keiner hier die Kraft auf, dafür zu sprechen, dass dieses Haus sich bei den Anverwandten der in Kunduz Umgekommenen für den Befehl eines deutschen Obersten, den wir jetzt gar nicht rechtlich beurteilen, entschuldigt und dafür Verantwortung übernimmt?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])

Ein solches Signal wäre in dieser Debatte notwendig gewesen. Herr Schuster, ich bin mir sicher: Sie haben es nicht vorgehabt. Aber Sie hätten die Chance gehabt, ein solches Signal abzugeben.

Zweitens. Es ist doch notwendig, dass man sich Folgendes klarmacht – vom Außenminister bis zu jedem Einzelnen, der sich an dieser Debatte beteiligt –: Es langt offensichtlich nicht, zu glauben, dass man einzelne Taliban herauskaufen kann. Ich möchte jetzt nicht zynisch sein und mich nach dem Preis für Taliban erkundigen. In dieser Debatte hätte ein Zeichen der Ermutigung nach Afghanistan gehen sollen, nämlich mit den realen Feinden, also zwischen den Kriegsparteien, über Versöhnung zu verhandeln. Frieden muss man mit seinen Feinden schließen; mit seinen Freunden braucht man es nicht zu tun.

Beides ist ausgeblieben. Lediglich unsere Fraktion hat es immer wieder betont. Ich bitte Sie wirklich: Gehen Sie noch einmal in sich! Wäre es nicht ein Zeichen des Deutschen Bundestages – das war das, was ich noch einmal deutlich machen wollte –, wenn wir uns bei den Anverwandten der Umgekommenen in Afghanistan hier offiziell auch für unser Land entschuldigen würden?

(Beifall bei der LINKEN)