Bundestagsrede 18.12.2009: Für die Atomare Abrüstung einsetzten.

18.12.2009
Printer Friendly, PDF & Email

Für die Atomare Abrüstung einsetzten. (Wolfgang Gehrcke)

 

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wolfgang Gehrcke hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich muss ehrlich sagen: Ich habe mich über den Antrag der SPD gefreut. Das kommt bei mir sehr selten vor, was die Außenpolitik angeht. Über diesen Antrag habe ich mich gefreut, weil er einen Grundgedanken transportiert, nämlich dass Deutschland Zeichen setzen soll, was die atomare Abrüstung angeht. Das heißt, der Ball liegt in unserem Spielfeld, so notwendig internationale Verhandlungen über die Abrüstung auch sind.

Ich habe mich an die Bewegung „Kampf dem Atomtod“ erinnert, die auch in der Sozialdemokratischen Partei einmal tief verankert war. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich Menschen in unserem Lande für die Vision einer atomwaffenfreien Welt engagieren. Sie zu verwirklichen, fängt damit an, dass Deutschland und Europa, zumindest Mitteleuropa, atomwaffenfrei gemacht werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist allerhöchste Zeit.

Ich habe die Hoffnung, dass jetzt ein politisches Zeitfenster geöffnet ist, was die Atomwaffen angeht. Man muss über sehr viele Fragen reden. Ich sage Ihnen aber auch: Wenn die Überprüfungskonferenz zum Nichtweiterverbreitungsvertrag scheitert, dann wird das ganze System der Kontrolle der atomaren Abrüstung zusammenbrechen. Deswegen können wir uns gar nicht leisten, diese Konferenz scheitern zu lassen. Ich möchte die Anregung geben, dass Abgeordnete aller Fraktionen des Deutschen Bundestags nach New York fahren, um dort das Eintreten des deutschen Parlaments für atomare Abrüstung deutlich zu machen. Ich würde das für ein gutes Zeichen der Ermunterung halten.

(Beifall bei der LINKEN)

Schauen wir uns die Sachen im Einzelnen an. Ich habe mit großem Vergnügen die Rede des Staatsministers im Auswärtigen Amt, des Kollegen Hoyer, zum Thema Frieden gelesen, die er vor „Bürgermeistern für den Frieden“ – Mayors for Peace – gehalten hat und in der er davon spricht, dass atomare Rüstung heute nicht mehr Sicherheit bringt, sondern eine Belastung für die Sicherheit geworden ist. Das kann man wörtlich zitieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Er hat sehr vernünftige Ausführungen gemacht, warum Deutschland gut beraten ist, über diese Frage mit den USA zu reden. Ich frage Sie als Kollegen in diesem Parlament ehrlich: Wäre es nicht möglich, einen Antrag mit dem simplen Satz „Wir bitten die USA, wir bitten den amerikanischen Präsidenten, die verbliebenen Atomwaffen der USA aus Deutschland abzuziehen“ fraktionsübergreifend in allem Respekt zu beschließen?

(Beifall bei der LINKEN)

Eine einfache Entscheidung löst nicht alle Probleme. Sie zeigt aber ein wenig den Weg auf, den man gehen könnte. Deshalb will ich Ihnen von meiner Seite aus einen Vorschlag bzw. eine Überlegung – Angebot hört sich immer so blöd an – nahebringen. Die drei Anträge der Oppositionsfraktionen, also der der Linken, der der Grünen und der der SPD, liegen nicht so weit auseinander. Sie haben zwar teilweise andere Begründungen und setzen unterschiedliche Schwerpunkte, es wäre aber überhaupt kein Problem, aus all dem eine kleine Synopse zu machen und einen gemeinsamen Antrag der drei Oppositionsfraktionen einzubringen. Ich bin überzeugt davon, dass die FDP, wenn sie das ernst nimmt, was Kollege Hoyer gesagt hat und was im Koalitionsvertrag steht,

(Zuruf von der FDP: Das nehmen wir ernst!)

dagegen nicht opponieren wird. Das heißt, wir könnten von unserem Parlament die Botschaft aussenden – daran bin ich sehr interessiert –, dass in der Frage der Atomwaffen etwas passiert.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD] und der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich will auch sagen – das müssen meine Kollegen jetzt erst einmal verdauen –: Ich habe mit der NATO zwar nichts am Hut, wie Sie wissen – ich bin nie ein Freund der NATO gewesen, im Gegenteil; ich will das auch nicht umdeuten –; ich wäre aber sehr dafür, dass bei der nächsten NATO-Konferenz in Lissabon einige Fragen, die im Antrag der SPD angesprochen werden, ernsthaft verhandelt werden. Unabhängig von meiner Gegnerschaft zur NATO

(Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Der NATO verdanken wir unsere Einheit!)

möchte ich gerne, dass die nukleare Erstschlagsdoktrin der NATO aufgegeben wird. Ich möchte, dass die NATO-Staaten erklären, dass sie keine Atomwaffen gegen Staaten einsetzen werden, die ihrerseits nicht über Atomwaffen verfügen. Ich möchte auch, dass das deutliche Signal gesendet wird, dass die Nichtweiterverbreitung nicht aufrechtzuerhalten sein wird, wenn die Atomwaffenstaaten jetzt nicht atomar abrüsten. Technisch sind viele Länder dazu in der Lage, nach Massenvernichtungs- bzw. Atomwaffen zu greifen. Ich möchte, dass ein deutliches Signal gegen den Einsatz solcher Waffen gesendet wird.

Überlegen Sie doch einmal, ob es nicht sinnvoll wäre, Ihre NATO-Freunde in diese Richtung zu beraten. Meine sind es ja nicht, sodass ich das nicht kann; aber ich kann zumindest diesen Rat geben.
Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)