Ça ira Nr. 145: Rüstung tötet auch im Frieden (19.6.2017)

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Rüstung tötet auch im Frieden


Wolfgang Gehrcke zum Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel am 29. Juni 2017

Wenn der Euro im Kasten klingt, die Aktie in die Höhe springt. Das könnte im Lutherjahr ein Motto des Treffens der NATO-Verteidigungsminister sein.

Es geht um Geld, und zwar um viel Geld. Die Ausgaben für Rüstung werden für fast alle NATO- Mitgliedsstaaten in die Höhe getrieben, so auch für Deutschland.. Für Deutschland bedeutet das eine Steigerung von aktuell 43 Mrd. Milliarden. auf bis zu 70 Milliarden Mrd. Euro. Deutschland wird eingebunden über die nukleare Planungsgruppe in die atomare Rüstung der NATO eingebunden und soll an der aggressiven NATO-Ukraine- Politik an vorderer Stelle agieren. NATO bringt keine Sicherheit, sondern produziert mehr und mehr Unsicherheit. Es geht nicht nur um die Gefahr künftig drohender Kriege, sondern diese Kriege finden bereits tagtäglich statt. Die aggressive NATO-Politik befördert kriegerische Konflikte. Statt auf die NATO und auf Geld für Aufrüstung muss Deutschland auf Abrüstung, Diplomatie und globalen sozialen Ausgleich setzen. Würde man allein das durch das Verteidigungsministerium letzte Woche freigegebene Geld von 13 Mrd. Milliarden. Euro zur Bekämpfung der Hungerkatastrophe in Ostafrika einsetzen, würde das die Chance aggressiver islamistischer Gruppen minimieren und würde zehntausenden Menschen das Leben retten. Die Friedensbewegung hat recht: Rüstung tötet bereits im Frieden.

Wolfgang Gehrcke spricht außerdem am 29. Juni 2017 in der Plenardebatte des Bundestages zum Antrag "Abrüstung jetzt und hier beginnen" der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. ist im Wortlaut als Vorabfassung der Drucksache 18/12799 vom 21.6.2017 abrufbar. Der Redebeitrag von Wolfgang Gehrcke am 29. Juni 2017 gegen Mittag wird voraussichtlich seine letzte Rede als Mitglied des Deutschen Bundestages sein.)

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Ein Roter geht - Rot bleibt!


Parlamentarischer Abend für Wolfgang Gehrcke im Bundestag

 Parlamentarischer Abend für Wolfgang Gehrcke im BundestagVerehrte Gäste,

herzlichen Dank an alle, die dieses Abschiedsfest für mich vorbereitet haben. Und ebenso herzlichen Dank an alle, die meine Einladung angenommen haben, schon hier sind oder noch kommen werden.

Hier treffen sich viele Menschen, mit denen ich in unterschiedlicher Art und Weise zusammengearbeitet habe oder befreundet bin. Sie kommen von fast überall her, wo ich einmal gewohnt und/oder politisch gearbeitet habe: Das war so in der Prignitz, in Hamburg, Frankfurt, Marburg, Dortmund und natürlich in Berlin. Mit einigen habe ich die SDAJ und die DKP gegründet, später die PDS, die LINKE und die Europäische Linkspartei. Ich freue mich über Mitglieder der Linksfraktion ebenso wie über Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundestagsfraktionen.

Ich freue mich natürlich auch ganz doll darüber, dass Repräsentanten Nicaraguas, El Salvadors, Kubas hier sind – Karla Beteta, Rene Mujica Cantelar und Anita Escher: Euch allen ein herzliches Willkommen! Ich habe mich auch sehr über die Grüße von Wladimir Grinin als Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland gefreut, der leider sehr kurzfristig seine heutige Teilnahme absagen musste. Ich fühle mich bestätigt und geehrt mit der Anerkennung in seinem Schreiben, stets als "... prinzipieller Verfechter ... Humanismus, Frieden, Kriegsbekämpfung, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte ... auch die historischen Verantwortung unserer beiden Länder für die friedliche Zukunft in Europa" verkörpern zu wollen. 

Gelernt habe ich in all den Jahren von vielen Künstlerinnen und Künstlern – schreibenden, malenden, musizierenden - auch, aber nicht nur von den hier anwesenden. Dieses rote Umfeld hat mich geprägt. Auch deshalb: Ein Roter geht – Rot bleibt. Das ist meine Art, um Zusammenarbeit zu werben.

Wolfgang Gehrcke

 

Meine Vorbilder und meine Kampfgefährten - gestern und heute


Dankesworte von Wolfgang Gehrcke

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,
verehrte Gäste,

ich möchte gern mit euch und mit Ihnen darüber reden, was mich als Abgeordneter besonders bewegt hat.

Ich bin mit Vorbildern hier in den Bundestag gekommen. So mit Clara Zetkin, die als kommunistische Alterspräsidentin den Reichstag eröffnete als die Nazis bereits die Mehrheit hatten, und sich ihnen mutig entgegenstellte. Der Hitler-Faschismus war die barbarischste Zeit Deutschlands; deshalb muss allesgetan werden, dass sie sich nicht wiederholt. Im Kampf gegen Rechts habe ich mich immer an Clara Zetkin orientiert. Jedes Mal, wenn ich in Moskau bin, gehe ich an die Kremlmauer, wo Clara begraben liegt, und bringe ihr Blumen.

Ein weiteres Vorbild für mich ist Karl Liebknecht. Ich bin traurig, dass es mir und anderen nicht gelungen ist, in den Räumen des Bundestags den sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten und späteren Mitbegründer der KPD zu würdigen. Wenn es gelungen wäre, den Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu verhindern, wäre der Bevölkerung Deutschlands und den Menschen in Europa großes Leid erspart geblieben.

Willy Brandt gehört zwar nicht zu meiner Traditionslinie, aber seine Überzeugung  „Frieden ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Frieden“ hat eine große Stahlkraft. Nicht eingelöst ist die Forderung Willy Brandts, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe. Der Bundestag sollte dringend ein „Friedensgesetz“ beraten und verabschieden. Ein Friedensgesetz könnte die Antikriegsorientierung des Grundgesetzes aufgreifen und verstärken. Das Grundgesetz ist von seinem Charakter her eine Antikriegs-Verfassung, es ist antifaschistisch orientiert und schließt eine andere Gesellschaftsordnung für dieses Land nicht aus.

Nicht von jungen Jahren an, aber mit der Zeit ist Wolfgang Abendroth mir zum Vorbild geworden. In den Fünfziger Jahren war er einer der ganz, ganz wenigen – oder war er vielleicht der einzige? – marxistischen Professoren an einer westdeutschen Hochschule. Er hat die Generation, die später zu den 68’ern wurde, nachhaltig geprägt in der Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit und Recht als Waffe der Schwachen gegen die Starken.

Aus der Abendroth-Tradition stammt auch mein antiimperialistisches Engagement. Es begann, als ich im Arbeitsamt Hamburg eine Verwaltungslehre machte. Aus Empörung über die Ermordung von Patrice Lumumba, des ersten Präsidenten des sich gerade aus dem Kolonialismus befreienden Kongo, organisierte ich mit meinen Mit-Lehrlingen eine Demonstration – und unser Arbeitgeber gab uns dafür frei. Gegen den Vietnam-Krieg habe ich nicht nur auf unseren Straßen demonstriert, sondern bin auch mit Kommandanten und Soldatinnen und Soldaten der Befreiungsarmee den Ho-Chi-Minh-Pfad von Nord- nach Südvietnam gegangen. Meine Begegnungen mit dem kubanischen Revolutionär Fidel Castro, mit Daniel Ortega aus Nicaragua oder dem Guerilla-Führer aus El-Salvador Schaffik Handal haben mein Bewusstsein von der Kassengespaltenheit der Welt geschärft.

Unter uns sind hier heute meine Vorstandskollegen der deutsch-mittelamerikanischen Parlamentariergruppe. Herzlich willkommen Subkommandantes aus CDU, SPD und den Grünen!   

Noch einmal zum Frieden: Friede muss immer Frieden in der ganzen Welt sein. Das Fundament von Frieden besteht aus Recht, Völkerrecht, globaler sozialer Gerechtigkeit und Abrüstung. Bitte, sorgen wir dafür, dass das gigantische Aufrüstungsprogramm der NATO, zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für neue Rüstung auszugeben, gestoppt wird. Bitte, sorgen wir dafür, dass die furchtbaren Kriege in Syrien, Afghanistan, Jemen beendet werden. Sie sind das Feuer, das zum Weltenbrand werden kann.

Man kann über den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl sagen was man will, in einem aber hatte er recht: Wo einmal deutsche Soldaten waren, dürfen nie wieder deutsche Soldaten hingeschickt werden. Leider hat er sich in dieser Frage nicht nachhaltig durchgesetzt. Heute stehen deutsche Soldaten wieder an der russischen Grenze. Da haben sie nichts zu suchen, sie müssen zurückgezogen werden.

Ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zu Russland war und ist mir immer wichtig. 27 Millionen ermordete Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion, also aus Russland und allen anderen ehemaligen Republiken der Sowjetunion, sind eine tiefe Schuld, die wir abzutragen haben. Sanktionen bewirken das Gegenteil: Sie spalten Europa erneut. „Macht uns Russland nicht zum Feind!“ – dieser Appell an die Bundesregierung kann nicht oft genug wiederholt werden.

Verehrte Gäste,

unter uns sind auch – und das war mir wichtig – Egon Krenz, Hartmut König und andere Genossinnen und Genossen aus diesem Zeitabschnitt deutscher und europäischer Politik vor der Wende. Mit Egon Krenz und Gerhard Schröder zusammen habe ich deutsch-deutsche Jugendbegegnungen und die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Havanna organisiert. Egon Krenz hatte in der DDR die politische Verantwortung in einem Zeitabschnitt, als es auf Messers Schneide stand, ob in Deutschland aufeinander geschossen wird oder nicht. Dass nicht geschossen wurde, ist auch das Verdienst von Egon Krenz sowie meinem Freund Hans Modrow, der heute leider nicht hier sein kann.

Ich habe vielen Menschen zu danken und ich bin dankbar, dass ein Arbeiterkind mit acht Jahren Volksschule die Welt kennenlernen konnte. Daran haben viele Anteil. Herzlichen Dank und jetzt lasst uns feiern und fröhlich sein.

Wolfgang Gehrcke

 

rot sehen kann jeder - hören Sie mal rot! *)


Künstlerinnen und Künstler beim Parlamentarischen Abend

Künstlerinnen und Künstler beim Parlamentarischen AbendEin Programm des Parlamentarischen Abends zum Abschied von Wolfgang Gehrcke aus dem Bundestag können wir Euch nicht aufschreiben. Auch dieses Fest hatte seine eigene Dynamik.
Wir möchten Euch aber die Musikerinnen, Musiker namentlich vorstellen, die diesen Nachmittag wesentlich gestaltet haben. Ihr Gesang, ihre Musik sind ein Geschenk an Wolfgang – und an alle Freunde und Gäste:
Kai Degenhardt (voc, g)
Diether Dehm (voc, mit Michael Letz)
Tino Eisbrenner (voc, g)
Michael Letz (voc, p, mit Diether Dehm)
Stefan Litsche (cl, mit Gina und Frauke Pietsch)
Frauke Pietsch (voc, p, mit Gina Pietsch, Stefan Litsche & acapella) und
Gina Pietsch (voc)
und


die Gruppe Xolotlán aus Nicaragua mit:
Wilheln Ulloa Serrano (voc, g)
Alfonso Rodolfo Zeas Medal (g)
Lutz Weinmann (kb)
Otto Mauricio Lorenz Contreras (perc)

*)  Titel einer LP von pläne, Dortmund, Bestell-Nr. S 0300 Stereo

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Gäste aus nah und fern


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