Besatzung hat kein freundliches Gesicht

11.01.2012
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von der Nahostreise 2012 (7)

Die öffentliche Wahrnehmung des Verhältnisses Israel und Palästina in Deutschland ist eine andere als die, die man gewinnt, wenn man vor Ort ist und mit den Akteuren ins Gespräch kommt. Erst Recht ist die Wahrnehmung eine andere, wenn man mit direkt Betroffenen spricht. Besatzung hat eben kein freundliches Gesicht, auch dann nicht, wenn sie Schokolade verteilen sollte – was ich allerdings nicht erlebt habe. Häufiger hingegen habe ich erlebt, wie sich Besatzungssoldaten gegenüber Palästinenserinnen und Palästinensern verhalten haben. Auffällig sind nicht Maschinenpistolen bei Soldaten, auffällig ist, wenn man Soldaten ohne Maschinenpistole sieht.

Ich will die Begriffsverwirrung an zwei Beispielen erklären: Die offizielle israelische Politik empört sich darüber, dass der palästinensische Präsident Abbas sich an die UNO gewandt hat. Dass sei ein einseitiger Schritt und der dürfe nicht stattfinden. Wieso ist es einseitig, sich an die Weltorganisation der Staaten zu wenden, wenn zweiseitige Verhandlungen in mehr als zwanzig Jahren kein Ergebnis gebracht haben? Von Einseitigkeit kann nur der sprechen, der einseitig die Macht hat. Ich jedenfalls bin froh darüber, dass die Palästinenserinnen und Palästinenser zur Politik und nicht erneut zur Waffe gegriffen haben.

Ein zweites Beispiel: Israel entdeckt plötzlich die Notwendigkeit von Verhandlungen und fordert Gespräche ‚ohne Vorbedingungen‘. Hinter dieser Forderung verbirgt sich allerdings die Tatsache, dass die israelische Regierung von den Palästinensern erwartet, die völkerrechtlich illegale Besiedlung der Westbank zu akzeptieren und auf Ost-Jerusalem zu verzichten. Also ist es für die israelische Regierung eine ‚Vorbedingung‘, wenn die Palästinenser sagen, wir verhandeln erst dann wieder, wenn der Siedlungsbau gestoppt wird.

In Amman haben Sondierungsgespräche stattgefunden, ob diese Bedingungen gegeben sind. Alle Teilnehmer haben gesagt, das wäre nicht der Fall. Das Quartett hatte als Termin festgesetzt, dass bis zum 26. Januar ein Gesprächsergebnis vorliegen solle. Ein solches Ergebnis gibt es nicht und wird nicht zu erreichen sein. Und schon argumentiert die Bundesregierung, so ernst müsse man den Termin auch nicht nehmen. Alles ist Ernst im Nahen Osten.

Jedenfalls hat uns PLO-Generalsekretär Abed Rabbo mitgeteilt, die Palästinenser werden sich auf den Aufnahmeantrag in die UNO konzentrieren und erbitten Unterstützung für ihr Begehren. Wie wäre es denn, wenn der Bundestag einfach dem Antrag der LINKEN zustimmt, die diplomatischen Beziehungen mit der palästinensischen Autonomiebehörde aufzuwerten und gegenseitig Botschafter auszutauschen. Ich habe dem Leiter der deutschen Vertretung in Ramallah gesagt, ich möchte, wenn ich das nächste Mal nach Palästina komme, ihn gern als deutschen Botschafter begrüßen. Ganz diplomatisch hat er sich dazu nicht geäußert.