Einzelfallprüfung als Türöffner?

14.10.2015
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Ellen Brombacher

Beitrag auf der Konferenz 100 Jahre nach Zimmerwald – Linke und die Friedensfrage heute, Arbeitsgruppe: Die Friedenspolitik der Partei DIE LINKE, Kontroversen in der Friedensbewegung: Nebelkerzen, Alltagsbewusstsein, Aufklärung, 04. Oktober 2015, Berlin

Die Auseinandersetzung um die friedenspolitischen Grundsätze ist die zentrale politische Frage in unserer Partei. Wenn DIE LINKE in dieser Frage kippt, macht sie sich überflüssig. Die Auseinandersetzung läuft – seinerzeit in der PDS – seit Mitte der neunziger Jahre. Der Kulminationspunkt war Münster. In all diesen Debatten gab es stets eine Mehrheit für strikten Antimilitarismus. Letztlich lässt sich hierbei alles auf eine Frage reduzieren: Sind wir für oder gegen die Einzelfallprüfung? Für die Einzelfallprüfung zu sein bedeutet, die Tür für Auslandseinsätze der Bundeswehr einen Spalt weit zu öffnen. Und wenn diese Tür einmal auf ist, wird sie nicht mehr geschlossen werden. Wir können schon bald wieder vor einer solchen Frage stehen. Putin hat in der UNO im Kontext mit dem Kampf gegen den IS den Geist der Antihitlerkoalition beschworen. Käme es zu einem entsprechenden Beschluss des UN-Sicherheitsrates, müssten wir dann nicht im Einzelfall von unserem Parteiprogramm abweichen?

Es gibt diese Diskussionen schon jetzt. Es gab sie auch in der Vergangenheit. Erinnert sei nur an Ost-Timor. Ich bin überzeugt: Es war und bleibt richtig, dass unsere Partei zu keinem Zeitpunkt ihre friedenspolitischen Grundsätze aufgegeben und keinem Einsatz der Bundeswehr zugestimmt hat. Und was eine mögliche Beschlussfassung durch den UN-Sicherheitsrat angeht, so ist eine Entscheidung der LINKEN dort nicht gefragt. Wir müssten uns daher weder gegen unser Programm verhalten, noch Forderungen in dieser Frage erheben. DIE LINKE muss sich für eine politische Lösung des Syrienkonfliktes und Verhandlungen ohne Vorbedingungen einsetzen.

Zugegeben: Es gibt schwierige Entscheidungen. Erinnert sei an die Bundeswehrfregatte, die das US-amerikanische Spezialschiff mit zu vernichtenden syrischen Chemiewaffen an Bord begleiten sollte. Hier handle es sich um Abrüstung war ein Argument. Nichts desto trotz wäre eine mehrheitliche Zustimmung ein Präzedenzfall geworden. Und genau den darf es nicht geben.

Diejenigen, die den Wunsch haben, dass unsere Partei 2017 auf Bundesebene koalitionsfähig sein sollte, werden dafür sorgen, dass dieses Thema auf der Tagesordnung bleibt. Denn wer in eine Bundesregierung will, muss die Staatsraison der BRD, also nicht zuletzt ihre Bündnisverpflichtungen im Rahmen der NATO anerkennen. Und genau das darf nicht geschehen. Die Kommunistische Plattform wird sich mit dem Thema „Bundestagswahlkampf und die Friedensfrage“ am 29. November 2015 auf ihrer Bundeskonferenz befassen.