Russland senkt die Rüstungsausgaben

Nachlese zur Wahl
22.03.2018
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Wolfgang Gehrcke

Der alte und neue russische Präsident, Wladimir Putin, will keinen Rüstungswettlauf. Auf seiner ersten Pressekonferenz nach seiner Wiederwahl hat er angekündigt, sein Land werde in diesem und dem kommenden Jahr seine Rüstungsausgaben senken. Schon 2016 hatte Russland etwas, 2017 dann noch einmal um 14 Prozent weniger für seine Armee ausgegeben. Auf der Skala der größten Militärmächte ist Russland auf Platz acht, noch hinter Indien, gerutscht. Nicht aus Versehen, sondern bewusst. Es ist die materielle Antwort auf die Frage: „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ Die Senkung seiner eigenen Militärausgaben ist ein politisches Zeichen in Richtung USA und NATO. Von diesen Staaten wird es (noch?) nicht aufgegriffen. Umso wichtiger ist es, dass die Ostermärsche Zeichen setzen für Abrüsten statt Aufrüsten.

Das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in Russland ist für viele Medien eine herbe Enttäuschung. Für sie war Putins Wahl zwar unstrittig, doch die Höhe der Wahlbeteiligung und sein Stimmergebnis sollten doch bitte von seiner abnehmenden Akzeptanz zeugen. Das ist nicht eingetreten. Mit 77 Prozent, das sind 56.411.688 Stimmen, erreichte er vielmehr sein bisher bestes Wahlergebnis. Auf dem zweiten Platz landete der Kandidat der Kommunistischen Partei, Pawel Nikolajewitsch Grudinin, mit 11,77% der abgegebenen Stimmen; ein respektables Ergebnis. Abgeschlagen der Rechte Schirinowski mit 5,65% der Stimmen. 

Doch hierzulande interessierte vor allem einer: Alexej Nawalny. Er war von der Wahlkommission nicht als Kandidat zugelassen worden, nachdem er wegen Unterschlagung zu fünf Jahren auf Bewährung verurteilt gewesen war. Von den Medien zum Bürgerrechtler und Anti-Korruptionskämpfer gemacht, tat er sich in seinem mit viel Geld ausgestatteten Kampf für einen Wahlboykott mit rassistischen und nationalistischen Losungen hervor. Soll wirklich einer im Kreml Zugriff auf den Roten Knopf haben, der für freien Waffenbesitz ist für den Fall, „dass Kakerlaken in unsere Wohnung eindringen“ – wobei Kakerlaken sein Synonym für Migranten ist? Oder was ist von einem Anti-Korruptionskämpfer zu halten, der sich wirtschaftspolitisch den ersten Regierungschef Singapurs, Lee Quen Yew, zum Vorbild nimmt, der „zwar eine totalitäre Politik etabliert“, aber wenigstens „Gauner“ gejagt habe. Wer Nawalny gegen Putin aufbaut, macht sich mit der europäischen extremen Rechten gemein.

 

Herzlichen Glückwunsch dem wiedergewählten russischen Präsidenten. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ein so großer Wahlsieg und eine vierte Amtszeit dem Kandidaten unbedingt guttun. Sie erfordern von ihm selbst Demut und von seiner Umgebung genaues Hinschauen und die Fähigkeit zur Kritik.  Das habe auch ich mir vorgenommen.

Ach ja, was macht eigentlich der Fall Skripal? Es ist merkwürdig still geworden um die Schuld Russlands und die persönliche Verantwortung Wladimir Putins für den Giftgasanschlag in Salisbury. Zu einer Entschuldigung bei der russischen Regierung reicht es nicht, notwendig wäre sie allemal. Die internationale Diplomatie muß raus aus der Sackgasse der Leichtfertigkeit und Vorverurteilung. Das hat auch die große Mehrheit kritischer Menschen in unserem Land von unserer Regierung gefordert. Gelaufen ist es umgekehrt. Von Anbeginn stand für die Regierungen Großbritanniens, der USA, Deutschlands, Frankreichs fest: „Der Russe ist schuld“. Sogar die Ausrufung des Bündnisfalles nach Artikel 5 des NATO-Vertrages ist in Erwägung gezogen worden. Wer darüber auch nur laut nachdenkt, denkt an Krieg. Und der neue deutsche Außenminister Heiko Maas hat seine Chance vertan zu zeigen, dass er anders ist als die anderen. Schade.