

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich auf das Bürgerforum am 15. September 2009 und hoffe auf eine streitbare Diskussion. Um die Debatte zu erleichtern, nachstehend meine Antworten auf die per Videobeitrag an die Politikerinnen und Politiker gestellten Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gehrcke, MdB
Platz 2 Landesliste Hessen für DIE LINKE
Direktkandidat im Wahlkreis Frankfurt II (183)
Siehe auch: Bundestagswahlseite des HR
Annette Braun, Frankfurt
Kann man nicht wieder zur Regelung von vor 2004 zurückkehren, dass kinderlosen Paaren bis zu vier Versuche künstlicher Befruchtung durch die Krankenkassen finanziert werden? Diese Menschen wollen Nachwuchs, der Gesellschaft fehlen Kinder – es ist ein Unding, dass diese Menschen die Kosten selbst tragen sollen, was sehr viele von ihnen wahrscheinlich gar nicht können.
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Durch einen erhöhten Steuerzuschuss an die Krankenkassen sollte die künstliche Befruchtung wieder voll finanziert werden. Leider hat der Gesundheitsausschuss des Bundestages dies abgelehnt. DIE LINKE will zur alten Regelung von vor 2004 zurückkehren, dass die ersten vier Versuche von der Krankenkasse finanziert werden.
Tobias Huber, Frankfurt
Wann wird das Thema Ganztagsschulen wirklich in die Hand genommen und werden dann, wenn es soweit ist, auch Ganztagsschulplätze für alle Kinder zur Verfügung stehen? Hat selbst einen dreijährigen Sohn.
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Am besten sofort. Nur für jedes fünfte Kind gibt es ein Ganztagsschulangebot und nur jedes elfte Kind besucht eine gebundene Ganztagsschule. Die Hauptursache liegt in der chronischen Unterfinanzierung des gesamten Bildungssystems in der Bundesrepublik. Deshalb setzt sich DIE LINKE. für eine Erhöhung der öffentlichen Bildungsausgaben auf 7 Prozent des BIP ein. Damit sollen u.a. bundesweite Förderprogramme für den Ausbau von Ganztags- und Gemeinschaftsschulen finanziert werden. Ganztagsschulen sind nicht nur wichtig, um die Kinder besser und individueller zu fördern, sie entlasten auch berufstätige Eltern, vor allem Alleinerziehende. Besonders Kinder von Migrantinnen und Migranten und von einkommensschwachen Eltern, die bisher benachteiligt werden, profitieren von Ganztagsangeboten. Denn Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
Joshua Wehden, Frankfurt
Warum setzt die CDU so auf die Atomkraft? Da ist die SPD besser am Thema, die auf Ökostrom orientiert. ‚Ich habe keine Lust, Tschernobyl in Deutschland zu erleben.’
Wolfgang Gehrcke, Die LINKE
Bei der Atomenergie geht es um sehr viel Geld. Aus Steuermitteln flossen und fließen viele Milliarden von Euro in die nukleare Sicherheitsforschung, in Rückbau und Endlagerung, in Professuren und Lehrstühle, die gemeinsam von Atomindustrie und Öffentlicher Hand finanziert werden. Allerdings kassieren die Atomenergie-Konzerne die Gewinne allein.
Was hat die CDU damit zu tun? Dafür nur einige Beispiele: Spitzenpolitiker wie der frühere Generalsekretär Laurenz Meyer oder der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, standen bzw. stehen auf den Gehaltslisten des Energiekonzerns RWE. Noch gravierender: Der Klimaschutzberater von Bundeskanzlerin Merkel, Lars Josefsson, ist zugleich Chef von Vattenfall. Er wird von Greenpeace als „Cheflobbyist für Atom- und Kohlekraft“ bezeichnet. Der größte Skandal aber ist, dass sich jetzt auch Joschka Fischer an die Atomlobby verkauft hat.
Wir von der LINKEN fordern: Sicherheit muss vor Profit gehen. Es stimmt nicht, dass Atomstrom preiswert ist. Bislang hat er die Steuerzahler schon über 100 Milliarden Euro an Entwicklungs- und Fördermittel gekostet. Die Kosten für Endlagerung und Entsorgung alter Werke, oder die Kosten eines Gaus, sind im heutigen Preis für Atomstrom nicht enthalten. Würde man die dazu zählen, wäre der Preis für erneuerbare Energien schon heute niedriger als der für Atomstrom.
Reiner Rebscher
Frage an FDP und CDU: Wie soll eine versprochene Steuersenkung nach der Wahl finanziert werden?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Darüber schweigen sich FDP und CDU aus. Die Politik der Steuersenkungen soll den Reichen und Besserverdienenden weitere Vorteile bringen. Für die Normalverdiener und Benachteiligten springt überhaupt nichts dabei heraus. Sie brauchen einen starken sozialen Staat. Bildung, Forschung, Kindererziehung, soziale Sicherheit, Gesundheit und vieles andere muss durch Steuern und Abgaben finanziert werden.
Doris Geis, Frankfurt
Bisher CDU gewählt, das wird dieses Jahr nicht so sein. Diese Partei ist seit vier Jahren in der Regierung und hat nichts gegen die Arbeitslosen getan. Wie soll es weitergehen mit den Arbeitslosen und wie sieht es aus mit Arbeitsplätzen?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Liebe Doris Geis, Ihre Selbstzweifel teilen Sie mit vielen Menschen in diesem Lande. Wer eine aktive Arbeitsmarktpolitik wünscht, wer mit der Rente ab 67 nicht einverstanden ist und in Hartz IV nicht der Weisheit letzten Schluss sieht, sollte eben nicht die Parteien wählen, die all dies verantworten. Und wenn Sie so überlegen, sind Sie, ob Sie es wollen oder nicht, bei der LINKEN. Die politischen Alternativen der LINKEN haben eine Basis, die möchte ich zunächst ansprechen. Das ist zum einen das Recht jedes erwerbsfähigen Menschen, eine seinen Wünschen und Qualifikationen entsprechende Erwerbsarbeit auszuüben. Und zum anderen unsere Überzeugung, dass der Staat die Pflicht hat, für die Beschäftigungsmöglichkeiten seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, dafür, dass gute Arbeitsplätze erhalten und geschaffen werden. Diese Prozesse leitet und lenkt er über Gesetze, über Steuern und Abgaben.
Ein elementarer Angriff auf gute Erwerbsarbeit sind die Hartz-Gesetze; sie haben den Niedriglohnsektor etabliert, Arbeit drastisch entwertet, 1-Euro-Jobs und Zwang zur Aufnahme von Arbeit unterhalb der Qualifikation und außerhalb des Lebensmittelpunktes geschaffen. Ein erster Schritt zu Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit ist: Hartz IV muss weg!
Zur Pflicht des Staates, gute Arbeitsplätze zu fördern: Wir brauchen deutliche Investitionen in den sozialen und ökologischen Umbau, dadurch können aus unserer Sicht zwei Millionen Arbeitsplätze entstehen. Wirt brauchen Konversion, d.h. Umstellung von Kriegs- auf Friedensproduktion, Umstellung von verschwenderischer auf energie- und rohstoffeffiziente Verfahren und Produkte. Das soll der Staat fördern. Endlich wollen wir statt 1-Euro-Jobs für 500.000 Menschen eine öffentlich geförderte Beschäftigung ermöglichen, die sich an tariflichen Bedingungen orientiert.
Zu guter Letzt: Die vorhandene Arbeit muss gerecht verteilt werden. Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich ist dringend notwendig – vor allem in Krisenzeiten. Und: Statt Verlängerung der Lebensarbeitszeit über die Rente mit 67 wollen wir eine Verkürzung.
Michael Wichert, Frankfurt
Frage an die SPD: ‚Liebe SPD’, mich interessiert, mit welchen Bildungskonzepten die unterfinanzierten Schulen zukunftsfähig gemacht werden sollen?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Ich bin zwar nicht die SPD – möchte das auch nicht sein -, aber Bildungspolitik ist wichtig. Das bisherige Schulsystem fördert soziale Ungleichheiten statt sie abzubauen. In keinem Industrieland der Welt hängt der Bildungserfolg so stark vom Geldbeutel der Eltern ab wie in Deutschland. Laut Studien nehmen von 100 Akademikerkindern 83 ein Hochschulstudium auf. Dagegen studieren von 100 Kindern nicht-akademischer Herkunft lediglich 23, also nur knapp jeder Vierte. Die Hauptschulen bieten häufig keine Perspektiven und viele junge Menschen fühlen sich dorthin abgeschoben. Insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund haben es aufgrund mangelnder Sprachförderung schwer. Diese soziale Selektion im dreigliedrigen Schulsystem muss beendet, eine Gemeinschaftsschule, die längeres gemeinsames Lernen und individuelle Förderung verbindet, flächendeckend eingeführt werden. Bundesweite demonstrierten zehntausende Schülerinnen und Schüler sowie Studierende beim diesjährigen Bildungsstreik für ein offenes und solidarisches Bildungssystem. Für mich ist Bildung keine Ware, sondern ein Menschenrecht.
Brunhilde Bornmann, Wölfersheim
Frau Merkel lädt Herrn Ackermann ein, wie vertritt sie das gegenüber den Wählern, diese Geburtstagsfeier?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Ich bin mir nicht sicher, wer mehr in diesem Land zu sagen hat, Frau Merkel oder Herr Ackermann. Vielleicht hat Frau Merkel für Ihren Chef eine Geburtstagsfeier ausgerichtet. Aber es gibt einen wichtigen Unterschied: Politiker sind wählbar, der Chef der Deutschen Bank nicht. Deswegen sollte man keine Politiker wählen, die mit den Bänkern so verbandelt sind, dass sie Geburtstagsfeiern für die Ackermanns ausrichten.
Thomas Kieseritzky, Frankfurt
Fragt als ehemaliges Grünen-Mitglied die heutigen Offiziellen der Grünen: Wann gebt ihr endlich die Unterstützung des Afghanistan-Krieges auf?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Menschenrechte zu achten und der Demokratie zum Durchbruch zu verhelfen, das geht nicht mit Krieg. Die Grünen haben besonders die Aufgabe übernommen, Kriege mit Argumentationen über Menschenrechte abzusichern. Aus meiner Sicht werden Kriege nicht um der Menschenrechte willen, sondern um Öl, Gas, Wasser und geostrategische Vorteile geführt. Acht Jahre Krieg zeigen, solange die Besatzung Afghanistans anhält, wird ein substantieller und wachsender Teil der afghanischen Bevölkerung Widerstand gegen die fremden Besatzer leisten. Das war in Afghanistan schon immer so. Jede Bombe auf Zivilisten bringt neue Taliban hervor und verstärkt die Wirkungskraft von deren Propaganda.
Die Glaubwürdigkeit der Grünen tendiert in meinen Augen immer weiter gegen Null, nicht zuletzt auch dadurch, dass sich der grüne Ex-Außenminister Fischer an die Atomlobby verkauft hat. Zusätzlich betreibt Fischer jetzt Lobbyarbeit für Aserbaidshan und Turkmenistan; beides „Musterstaaten“ in Fragen Menschenrechte.
Wären die Grünen ehrlich, müssten sie jetzt das Scheitern ihrer Politik eingestehen und eine Kursänderung vornehmen. Sie müssten den Rückzug der Bundeswehr und ein Ende des Krieges fordern. All dies fehlte in der Rede von Jürgen Trittin im Deutschen Bundestag. Die Grünen sind Gefangene ihrer eigenen Ideologie, mit der sie Kriegseinsätze begründeten.
Matthias Mieth, Rodgau
Es werden immer wieder Schulden aufgenommen, zum Beispiel um Banken zu retten. Habe gelesen, dass gegenwärtig 17,3 Mrd. Euro Defizit im Staatshaushalt. Gibt es Pläne, dieses Defizit irgendwann auszugleichen?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Die Schulden der öffentlichen Haushalte betragen zurzeit 1,6 Billionen Euro und sie werden steigen. 2009 muss der Bund voraussichtlich insgesamt 42 Milliarden Euro Zinsen zahlen, das sind 14 Prozent seiner Gesamtausgaben. Es gibt bei den Schulden also auch Gewinner und Verlierer. Die Gewinner sind Banken, Versicherungen an Anleger, die dem Staat Geld leihen. Die Verlierer sind die Städte, Gemeinden, ist die öffentliche Hand, deren Ausgaben zu Lasten von uns Bürgerinnen und Bürgern gesenkt werden. Dieses Verhältnis will DIE LINKE umdrehen, sie will einen starken Staat für die sozial Schwachen. Deshalb setzt sie auf mehr Einnahmen durch Steuergerechtigkeit, Wohlhabende sollen mehr für das Gemeinwesen zahlen und sie will gleichzeitig mehr Ausgaben für Bildung, Arbeitsplätze, Soziales, Ökologie. Unser Weg der Haushaltskonsolidierung geht über nachhaltige Einnahmen, über Investitionen in den Ausbau der sozialen Infrastruktur und für mehr Beschäftigung. Existenzsichernde Arbeitsplätze bringen höhere Steuereinnahmen und senken die Defizite der Sozialkassen.
Konkret sollen Unternehmen, große Erbschaften und Einkommen besteuert und die Vermögensteuer und die Börsenumsatzsteuer wieder erhoben werden. Hinzu kämen intensivere Betriebsprüfungen, effektive Steuerfahndung, Austrocknen von Steueroasen. Die LINKE will Ausgaben umlenken – etwa von der Rüstung in Soziales. Die Rüstungsausgaben betragen zurzeit 24,8 Mrd. Euro jährlich. Eine Kürzung des Rüstungsetats um jährlich 10 % würde Gelder für Bildung, Entwicklung und Soziales frei machen. Den Abbau öffentlicher Schulden durch Leistungskürzung für Menschen mit geringem Einkommen und Streichung von Mitteln für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen lehnt DIE LINKE ab.
Matthias Mieth, Rodgau
In Deutschland gibt es Fachkräftemangel, gleichzeitig werden Bildungsausgaben gekürzt. Wie will man den Fachkräftemangel beheben?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Sie haben ganz Recht. Einerseits klagen die etablierten Parteien über den Fachkräftemangel in der Bundesrepublik, während gleichzeitig in Deutschland viel zu wenig Mittel für das Bildungssystem ausgegeben werden. Nur ein gut ausgebautes und öffentlich ausfinanziertes Bildungssystem ist ein Garant dafür, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft von guter Bildung profitieren können. Deutschland gibt laut einer jüngst veröffentlichten OECD-Studie im Vergleich der OECD-Länder nach wie vor viel zu wenig Geld für Bildung aus. Nur die Türkei, die Slowakei, Spanien und Irland investieren noch weniger in Bildung als Deutschland. Deshalb fordern wir, dass die Bildungsausgaben (wie in den USA) auf 7 Prozent des Bruttoinlandprodukts angehoben werden. Mit diesen Mitteln müssen die Selektion im Schulwesen durch die flächendeckende Einführung der Gemeinschaftsschule beendet, die Zahl der Studienplätze deutlich erhöht und eine Ausbildungsplatzumlage eingeführt werden. DIE LINKE setzt sich für kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Uni ein.
Gerhard Kugler, Frankfurt
Wer soll das bezahlen? Gerade die Versprechungen jetzt vor der Wahl zu Steuersenkungen.
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
DIE LINKE fordert ein verteilungsgerechtes Steuersystem, das kleine und mittlere Einkommensbezieher entlastet und Vermögende und steuerlich Leistungsfähige stärker belastet. Insgesamt sollen mehr Steuern bezahlt werden, aber sozial gerecht. Wir brauchen mehr Geld in den öffentlichen Kassen, um einen sozial-ökologischen Umbau und den Ausbau des Sozialstaats zu finanzieren.
Die Steuern für Best- und Besserverdienende und große Unternehmen wurden in den vergangenen zehn Jahren massiv gesenkt. Dank der damaligen rot-grünen Bundesregierung zahlt heute ein Einkommensmillionär jährlich über 100.000 Euro weniger Steuern als Ende der 90er Jahre. Und an Körperschaftssteuer haben die Aktiengesellschaften und GmbH’n von 2001 bis 2008 über 100 Milliarden Euro weniger gezahlt als Ende der 90er Jahre. Im internationalen Vergleich sind die bei uns auf Unternehmens- und Vermögenseinkommen erhobenen Steuern viel zu gering. Es sind mittlerweile vor allem die abhängig Beschäftigten, die den Staat finanzieren. Rund drei Viertel des Steueraufkommens werden durch die Lohn-, Umsatz- und Verbrauchssteuern aufgebracht. Die ungerechte und ungleiche Verteilung muss wieder ins Lot gebracht werden. Die LINKE will die Umverteilung von oben nach unten beenden und umkehren.
Susanna Göttmann, Frankfurt
Warum wird der Atomausstieg nicht schneller betrieben, da sich doch in letzter Zeit immer wieder zeigt, dass es weiterhin Störfälle gibt und die Anlagen überhaupt nicht sicher sind?
Wolfgang Gehrcke, Die LINKE:
Zurzeit fordern Atomlobby und CDU gemeinsam – und der hessische Ministerpräsident Koch tut sich da besonders hervor - die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke. Das heißt, sie fordern den „Ausstieg aus dem Ausstieg“, der nach dem GAU des AKWs in Tschernobyl für das Jahr 2022 beschlossen worden war. Koch will „alle politische Laufzeitbeschränkungen aufheben“. Die „sicheren“ Kernkraftwerke sollten unbegrenzt weiterproduzieren.
Aber gerade die alten Reaktoren sind besonders gefährlich und gefährdet – ich denke an Flugzeugabstürze oder terroristische Angriffe. Das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit wird von den AKW-Betreibern ignoriert. Warum? Die Heinrich-Böll-Stiftung hat errechnet, dass in jedem Jahr zusätzlicher Laufzeit der Atomkraftwerke Zusatzgewinne von 4,6 bis 6,2 Milliarden Euro an die Betreiber der Atomkraftwerke fließen. Die LINKE bleibt bei ihrer Forderung nach Ausstieg aus der Atomkraft, je früher, desto besser - für die Menschen in unserem Land und auch in unseren Nachbarländern.
Christine Hewel, Frankfurt
auch Umweltpolitik – Warum wird nicht mehr in die alternativen Energien investiert? Die Forschung ist doch da schon viel weiter als es zurzeit genutzt wird.
Wolfgang Gehrcke, Die LINKE:
In der Tat, die Forschung kann der Politik und Wirtschaft vielfältige, den jeweiligen sozialen, klimatischen und Umweltbedingungen und wirtschaftlichen Bedürfnissen angepasste Alternativen vorlegen: Energie aus erneuerbaren Ressourcen. Es gibt nur einen entscheidenden Grund, warum diese Alternativen in den Phasen von Erforschung, Erprobung und Markteinführung nicht oder nur selten durch die öffentliche Hand gefördert werden: Das ist die Macht der Energie-Konzerne. Die vier größten sind RWE, E.ON, Vattenfall Europe und EnBW. Ihnen gehören etwa 80 Prozent der Kraftwerke und 95 Prozent des Stromnetzes. Diese Konzerne sind über ihre finanziell glänzend ausgestattete Lobbyarbeit eng mit der herrschenden Politik, zum Teil auch mit führenden Politikern verbunden. Das hat Auswirkungen auf die Strom- und Gaspreise, die zu Lasten der Privathaushalte und kleinen Betriebe gehen; hat aber auch schädliche Auswirkungen auf Innovationen in der Energieversorgung. Die Fraktion der LINKEN im Bundestag hat deshalb die Bundesregierung aufgefordert, die deutschen Gas- und Stromnetze in das Eigentum der öffentlichen Hand zu überführen.
Rita Graf, Frankfurt
an die Grünen: Warum haben sie nicht mehr gegen den Afghanistankrieg unternommen, warum tragen sie ihn mit? Ist völlig unverständlich.
Wolfgang Gehrcke, Die LINKE:
Wenn es um den Krieg in Afghanistan geht, ist der Spagat der Grünen mehr als deutlich. Sie möchten Antikriegspartei sein, können es aber nicht. Mit der Zustimmung zu mehreren Kriegen haben sie ihre Unschuld verloren. Im Bundestag oblag es jüngst Jürgen Trittin, die grüne Position zu dem verheerenden Angriff auf zwei Tank-Lastzüge zu begründen. Übte er Kritik an dem Krieg? Kritisierte er den Luftangriff? Keineswegs. Lediglich das Durcheinander, die fehlerhafte Informationspolitik im Hause des Bundesverteidigungsministers Jung, wurde schwungvoll der Kritik unterzogen. Nach wie vor tragen die Grünen diesen Krieg mit.
Oswald Henkel, Hofbieber
Frage an CDU: Sind sie bereit, sofort zu handeln, um Milchquote/Milchmenge zu reduzieren, damit nicht noch mehr kaputt geht? Die Lage der Milchbauern ist mehr als dramatisch.
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Mein Politikfeld ist ja die Außenpolitik, in Landwirtschaftsfragen bin ich ein absoluter Laie. Meine Kollegin Kirsten Tackmann, die in diesem Bereich arbeitet, hat mir erklärt, dass es sinnvoll ist, auf eine nachfrageorientierte Milchproduktion hinzuarbeiten. Deshalb darf die Milchquote nicht weiter erhöht werden. Stattdessen sollen vielfältige Produktionsformen, hohe Umwelt- und Produktionsstandards und eine flächendeckende Landbewirtschaftung gefördert werden. Dazu gehören auch faire Milchpreise, das heißt, bezahlbare Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher und kostendeckende Preise für die Landwirtschaftsbetriebe.
Helmut Rueck
War selber Bänker, würde sich heute schämen, wenn er diese Verantwortung tragen müsste. Warum werden Bonuszahlungen nicht gesetzlich verboten?
Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE:
Der Hintergrund für hohe Bonuszahlungen sind übereinstimmende wirtschaftliche und politische Interessen. Banken, Versicherungen und Politik sind vielfach miteinander verwoben. Die Bankmanager schreiben mittlerweile an Gesetzen mit.
DIE LINKE ist die einzige Partei, die Managergehälter in Millionenhöhe nicht akzeptiert. Sie sind ungerecht und setzen falsche Anreize für die Führung von Unternehmen. Sie sind Ausdruck eines irre gewordenen Kasino-Kapitalismus. Selbst das Aktiengesetz verlangt, dass „die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden und zur Lage der Gesellschaft stehen“. Angesichts einer zunehmenden Spaltung in Arm und Reich kann von einem angemessenen Verhältnis keine Rede sein.
Diana Machado
Was ist mit meiner Rente? Ich habe 40 Jahre gearbeitet, werde ich von meiner Rente leben können?
Wolfgang Gehrcke, Die LINKE:
Das fragen sich inzwischen immer mehr Menschen, die an die ihnen bevorstehende Zeit als Rentnerin und Rentner denken. Ich kann sie Ihnen nicht beantworten, sehr geehrte Frau Machado. Ob Sie von Ihrer Rente leben können, hängt von vielen Faktoren ab: Einmal von der Höhe Ihres Einkommens in den vergangenen 40 Arbeitsjahren und davon, ob sie eine private Zusatzversicherung abgeschlossen haben; aber auch von Ihrer Gesundheit. Im Rentenalter werden häufig hohe Arzt- und Medikamentenkosten fällig, die von den Kassen nicht mehr getragen werden. Weitere Faktoren sind: die Höhe der Miete, der Nebenkosten, der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten. Und natürlich ist die Frage ganz wichtig: Was gehört für Sie zu einem lebenswerten, kulturvollen Leben? Reisen? Mobilität im Allgemeinen? Teilnahme am kulturellen Leben: Besuch von Kino, Theater, Museum, Konzert oder Musical? Hobbys? Ehrenamtliche Tätigkeit?
Die Fraktion DIE LINKE fordert, dass die gesetzliche Rente wieder zum Zentrum der Alterssicherungspolitik wird und den Lebensstandard im Alter sichert. Menschen mit einem durchschnittlichen Einkommen müssen wieder Renten erhalten, die einen deutlichen Abstand zur Grundsicherung aufweisen. Die gesetzliche Rente soll in Zukunft alle Erwerbstätigen erfassen. Auch Selbständige, Beamte und Politiker/innen sollen in sie einzahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze wollen wir aufheben. Dadurch wird mehr Geld in die Rentenkasse eingezahlt, das dann gerechter verteilt werden kann.