Nationales Interesse am Krieg in Iran

12.10.2007
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Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

[Rede zu Protokoll]

Haben die keine anderen Probleme, habe ich spontan gedacht, als ich diesen Punkt auf der Tagesordnung sah. Ich könnte Ihnen eine Menge außenpolitischer Themen nennen, die endlich im Plenum des Bundestages diskutiert gehörten: Der nach wie vor drohende Krieg gegen den Iran, die zugespitzte Lage im Südkaukasus, die Kosovo-Problematik, UNO-Reform; um nur einige zu nennen. Aber sei’s drum. Nur, mein Ärger ist nach Lektüre des Antrages der Koalitionsparteien beträchtlich gewachsen.


In Ordnung geht, dass Diplomaten besser betreut, besser ausgebildet und – ich füge hinzu – besser bezahlt werden müssen. Die Koordination soll verbessert werden, auch das trifft nicht meinen Widerspruch. Ich kritisiere die politische Linie und nicht die Arbeit der deutschen Diplomaten. Die arbeiten gut – im Gegensatz dazu ist die Politik der Bundesregierung falsch. Ich ärgere mich, dass mehr Einfluss für Deutschland auch damit begründet wird, dass Deutschland erheblich zahlt. Ich dachte immer, wir zahlen, damit die internationalen Organisationen gut arbeiten, und nicht, weil wir daraus ableiten wollen, auch dort bestimmend zu sein. Das ist überheblich – ebenso überheblich wie die deutsche Forderung nach einem ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat.

In der Überschrift wird vom „nationalen Interesse“ Deutschlands geschrieben. Im Text findet sich nichts, wie das „nationale Interesse“ Deutschlands definiert wird. Definiert wurde das nationale Interesse im Weißbuch zur Bundeswehrreform. Und genau diese politische Linie, der deutsche Zugriff auf Naturressourcen, auf Handelswege, die Auslandseinsätze der Bundeswehr, das lehnen wir, die Linke, ab.

Zu Beginn ihrer Amtszeit hat die Bundeskanzlerin im Auswärtigen Ausschuss die Philosophie ihrer Außenpolitik als „selbstbewusste Bescheidenheit“ beschrieben. Das hat mir gefallen. Nur, die tatsächliche Außenpolitik der Bundesregierung ist anders: Deutschland betreibt wieder Großmachtpolitik, nicht national, sondern über den deutschen Einfluss in internationalen Organisationen.

In diese Richtung geht auch der vorliegende Antrag der Koalitionsparteien. Mehr Einfluss für Deutschland – das ist seine Botschaft. Damit schließt sich der Kreis zur Forderung nach einem ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat. Selbstbewusste Bescheidenheit sähe anders aus. Wer Deutschland am Hindukusch verteidigen will, gehört nicht in den Weltsicherheitsrat. Deutsche Diplomaten arbeiten in internationalen Organisationen um diese zu stärken, und nicht, um nationale Interessen zu vertreten. In diesem Geist sollten wir Diplomaten ausbilden, betreuen und koordinieren – und nicht nach dem Gestus: Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird.