Rede vom 15.12.2006; Thema: Debatte zu Nahost-Anträgen

15.12.2006
Printer Friendly, PDF & Email

Debatte zu Nahost-Anträgen
TOP: 28, ZP 11
28.a) Beratung Antrag B90/GRÜNE
Fahrplan zur Wiederbelebung des Friedensprozesses im Nahen Osten nach der Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 11.08. 2006
- Drs 16/3547 -
28.b) Beratung Antrag DIE LINKE.
Den Friedensprozess im Nahen Osten wieder aufnehmen
- Drs 16/.... -
ZP 11.) Beratung Antrag FDP
Für eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten (KSZNO)
- Drs 16/3816 -


Präsident Dr. Norbert Lammert:
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt und voraussichtlich letzter Redner in diesem Jahr ist der Kollege Wolfgang Gehrcke für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte schon immer einmal das letzte Wort in diesem Hause haben.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Bleiben Sie friedlich!)

Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ich muss Sie enttäuschen. Das wird Ihnen nicht ganz gelingen.

(Heiterkeit)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Stimmt, das letzte Wort werden Sie haben. Aber auch das vorletzte Wort ist ganz in Ordnung.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Vorsicht, die Redezeit ist gleich vorbei!)

Die Bundeskanzlerin hatte eine neue Nahostinitiative Deutschlands während der EU-Ratspräsidentschaft angekündigt. Ich finde, das ist zu begrüßen. Ich war gespannt, was sie inhaltlich vorschlägt. Dann kam der Vorschlag, das Nahostquartett wieder zu beleben. Das ist richtig, aber nicht ausreichend. Bis heute hat die Bundesregierung keinen einzigen inhaltlichen Vorschlag gemacht, aus dem hervorgeht, wie eine neue Nahostinitiative aussehen soll. Die Politik der Bundesregierung ist konturlos.

Nun kann man wie Herr von Klaeden die Oppositionsfraktionen ob ihrer Ideen kritisieren. Aber das setzt voraus, dass man selber Ideen hat. Wenn man keine hat, sollte man nicht kritisieren. Dann bleibt man im unverbindlichen Nebel.

(Beifall bei der LINKEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr von Klaeden hat immer gute Ideen!)

Ich halte fest, dass in den letzten Monaten in diesem Hause alle Vorschläge zum Nahostkonflikt entweder von den Grünen, von der FDP oder von den Linken kamen.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Waren Sie für UNIFIL II? – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was ist mit UNIFIL II?)

Die CDU/CSU und die SPD haben es nicht fertig gebracht, einen einzigen schriftlichen Vorschlag auf den Tisch zu legen. Man kann deswegen nichts kritisieren, weil Sie einfach nichts haben und nichts vorlegen können. Damit werden Sie in der EU-Ratspräsidentschaft und in der G 8 nicht durchkommen.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Oh, wir haben Angst!)

Ich finde es richtig, dass alle hier im Hause – es hätte sehr viel früher passieren müssen – die Holocaustlügnerkonferenz im Iran nachhaltig verurteilen.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte es für notwendig gehalten – es wäre gut gewesen, wenn Sie dazu etwas gesagt hätten –, dass die Frau Bundeskanzlerin Herrn Olmert etwas zu seinem offiziellen Eingeständnis, dass Israel Atomwaffen hat – gewusst haben wir es schon länger –, gesagt hätte. Atomwaffen bringen Israel kein Stück mehr Sicherheit, sondern sie gefährden die Sicherheit in dieser Region.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Eingeständnis – unkommentiert von der Bundeskanzlerin – könnte ein Signal für weitere Staaten in der Region sein – nicht nur für den Iran –, sich Atomwaffen zulegen zu wollen. Eine solche Politik wird aus meiner Sicht mit Sicherheit scheitern.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu der strategischen Zielsetzung, die hier beschrieben werden müsste – da müssen Sie einmal Butter bei die Fische geben –, muss gehören: Wir sollten einen massenvernichtungsfreien Nahen Osten anstreben, weil das die einzige politisch tragfähige Konzeption ist.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Dazu hat sich doch Israel verpflichtet!)

Das steht ja auch in unseren Anträgen. Dabei ist es nicht erheblich, ob Sie den Konflikt als Kernkonflikt bezeichnen. Klar ist doch, dass ohne Lösung des Konflikts zwischen Israel und Palästina auch die anderen Konflikte im Nahen und Mittleren Osten nicht lösbar sind. Das ist der Punkt, auf den es entscheidend ankommt.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Differenzierung schadet nicht!)

Das bedingt – miteinander verbunden und nicht nebeneinander – die Existenz Israels in völkerrechtlich verbindlichen und gesicherten Grenzen und ebenso die Existenz eines eigenständigen palästinensischen Staates, und zwar lebensfähig und nicht in einem Flickenteppich. Wer das voneinander trennen will – wie es bei Herrn Olmert immer noch anklingt –, der wird weder das eine noch das andere erreichen. Der Weg dazu wird ein Dialog sein. Man kann sich natürlich seinen Dialogpartner nicht aussuchen. Man muss mit Positionen in die Gespräche gehen und den Partnern sagen, was geht und was nicht geht. Das muss man dem Iran, der Hisbollah, der Hamas, aber auch Israel sagen. Aber ohne Dialog wird es keinen Weg für den Frieden im Nahen Osten geben. Das muss man deutlich aussprechen. Daran muss sich die deutsche Politik orientieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Präsident mahnt; ich habe doch nicht das letzte Wort.

Die große Weihnachtsbotschaft lautet: Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Ich finde, auf Erden ist kein Frieden, und so, wie die Welt ist, kann sie den Menschen auch nicht wohlgefallen.

Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist eine Verheißung! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das mit dem Wohlgefallen war anders gemeint!)