Mubarak muss weg

05.02.2011
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Wolfgang Gehrcke auf der Solidaritätskundgebung für die ägyptische Demokratiebewegung, Berlin, 5. Februar 2011

Wolfgang Gehrcke auf der Solidaritätskundgebung für die ägyptische Demokratiebewegung, Berlin, 5. Februar 2011:

Mubarak muss weg! Nicht irgendwann, sondern jetzt!

Liebe Freundinnen und Freunde,

von dieser Kundgebung geht vor allen Dingen eine Botschaft aus: Mubarak muss weg! Nicht irgendwann, sondern jetzt! Ein Diktator und Folterer darf nicht länger Präsident bleiben.
Mubarak hat die Folter befohlen, der von ihm zum Vizepräsidenten ernannte Geheimdienstchef hat foltern lassen. Unter der alten, korrupten Clique kann es keinen Neuanfang geben. Die Ära der Gewalt, der Folter, der maßlosen Bereicherung in Ägypten und in der gesamten Region muss beendet werden.

Ich bin Bundestagsabgeordneter der LINKEN und ich will Ihnen auch sagen, der Bundestag und die Bundesregierung müssen sich bei Ihnen, müssen sich beim ägyptischen Volk entschuldigen. Jede und jeder in diesem Parlament wusste oder hat es wissen können, dass Mubarak und seine Clique foltern lassen. Jeder wusste oder hat wissen können, dass die Wahlen gefälscht waren. Jeder wusste oder hat wissen können, dass die Opposition in Ägypten verfolgt und brutal unterdrückt wird. So lange das nicht selbstkritisch ausgesprochen wird, sind die wohlfeilen Reden unserer Politiker von Demokratie und Menschenrechten reine Heuchelei. Rot-Grün, Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb haben die Unterdrückung des ägyptischen Volkes, die Ausplünderung Tunesiens, den Bürgerkrieg im Jemen, die Besetzung der Westsahara hingenommen und aktiv verteidigt. Ihnen war die so genannte „Stabilität“ wichtiger als Demokratie. Ich fordere von der Bundesregierung: Jetzt muss endlich die Wahrheit auf den Tisch.

Ein Freund erzählt mir auf dieser Kundgebung, dass das ägyptische Volk ähnlich reagiert wie der Nil. Der Nil sei träge, aber wenn er über die Ufer tritt, dann mit Macht, und seine Fluten schaffen die fruchtbare Grundlage für reiche Ernten. Das ägyptische Volk ist über die Grenzen getreten, die ihm von den Machthabern gezogen wurden. Keine Kraft wird das Volk wieder in das alte Flussbett zwingen können – weder in Ägypten, noch in Tunesien, im Libanon oder im Jemen. Und lassen sie uns Algerien und Marokko nicht vergessen. Diese Umwälzungen sind ein historischer Einschnitt. Danach wird der Nahe Osten nicht mehr derselbe sein.

Wenn die Herrschenden von Stabilität im Nahen Osten reden, meinen sie die Stabilität des Waffenhandels und der Rüstungsgeschäfte. Wenn die Herrschenden von Stabilität reden, meinen sie den Zugriff auf den Suezkanal und die Abriegelung der Grenze zu Gaza. Wenn die Herrschenden von Stabilität reden, wollen korrupte Cliquen bei uns mit den korrupten Cliquen in diesen Ländern Geschäfte machen. Diese Stabilität ist am Ende, hoffentlich! Wir brauchen eine andere, eine viel bessere Stabilität – das ist Demokratie, soziale Gerechtigkeit, kulturelle Toleranz, das ist die Zwei-Staaten-Lösung von Israel und Palästina. Die ehemalige US-Außenministerin Condoleezza Rice, rief nach dem Irak-Krieg aus, sie sähe einen neuen Nahen Osten. Ihr neuer Naher Osten war ein Nahost des Krieges, der Flüchtlinge, Hunderttausender Toter und Verletzter, ein Naher Osten der imperialen Gewalt. Ich sehe einen neuen Nahen Osten, den die Jugend in Tunesien, Ägypten, Jordanien, Israel und Palästina schaffen können und schaffen werden.