Reisetagebuch – Santiago de Chile im Dezember 2012 (1)
4. Dezember 2012 - Eingecheckt. Abflug Frankfurt/Main um 19.30 Uhr nach Santiago de Chile.
zum Bild: Festival der Jugend in Dortmund 1978 - Luis Corvalán neben dem DKP-Vorsitzenden Herbert Mies. Am rechten Bildrand ich als SDAJ-Vorsitzender in sportlichem Blouson. (und ganz verschmitzt, etwas im Hintergrund, Peter Wahl, damals Antiimperialistisches InformationsBulletin)
Ich bin eingeladen zum Internationalen Kongress anlässlich des 100. Jahrestages der Gründung der Kommunistischen Partei Chiles. Ich freue mich wahnsinnig und vieles geht mir kreuz und quer durch den Kopf. Erinnerungen kommen: Die Großartigkeit und die Konsequenz, die Gründlichkeit der Bündnispolitik Salvador Allendes. Kaum einer dürfte die Theorie von Antonio Gramsci so gut begriffen haben wie er. Das Bild von Salvador Allende mit Stahlhelm und Maschinenpistole vor der Moneda ist unvergessen. Die Musik von Victor Jara und der Canto General Pablo Nerudas, die aufrüttelnde Poesie hat die Mörder überlebt. Die Schlächter der Demokratie in Chile sind der Verachtung preisgegeben und auch ihre deutschen Freunde, wie Franz Joseph Strauß, der in Chile tönte, dass es etwas anderes sei, wenn Militärs die Macht übernähmen, als wenn Franziskaner Suppe ausschenken.
Ich denke an Gladys Marin, Vorsitzende der Kommunistischen Jugend und später Parteivorsitzende der KP Chiles, die ich 1974 in Amsterdam in Empfang nehmen konnte und mit der ich viele Solidaritätsveranstaltungen für den Kampf des chilenischen Volkes gestalten konnte. Oder Luis Corvalán, der im Dezember 1976 nach Jahren der Haft und Folter frei gekämpft wurde und 1978 auf dem Dortmunder Festival der Jugend Zehntausende junger Menschen begeisterte. Der Oktoberklub aus der DDR machte damals spontan auf eine populäre Melodie – Was wollen wir trinken? Bots, auch von Diether Dehm mit einem deutschen Text versehen - einen neuen Text:
Was wollen wir trinken? Dieser Kampf war lang. Was wollen wir trinken auf diesen Sieg? Am Roten Platz steht Corvalán, auf unsere Sache stößt er mit uns an. Wir trinken auf Luis Corvalán!
Auf also, ich stoße auf euch alle an – in den kommenden Tagen in Chile.