Auch Deutschland ist durch die griechischen Partisanen befreit worden

27.04.2015
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Bewegt bedanke ich mich bei Ihnen für das, was griechische Antifaschistinnen und Antifaschisten zur Befreiung Griechenlands und zur Befreiung Europas geleistet haben. Die griechischen Partisaninnen und Partisanen haben Griechenland selbst befreit. Deutschland ist durch die Antihitlerkoalition und vor allem durch die Rote Armee befreit worden. Deutschland ist auch befreit worden durch die italienischen Partisanen, durch Partisanen in Jugoslawien, Polen, Frankreich und Griechenland.

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Grußwort auf der Veranstaltung des Verteidigungsministeriums der Hellenischen Republik aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung Europas vom Faschismus - Athen, 27. April 2015

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,
liebe antifaschistischen Kämpferinnen und Kämpfer,

ich bin sehr bewegt, berührt und beschämt, als Linker, als Antifaschist, als Abgeordneter des Deutschen Bundestages an Ihrer Veranstaltung teilzunehmen und hier sprechen zu dürfen.

Bewegt bedanke ich mich bei Ihnen für das, was griechische Antifaschistinnen und Antifaschisten zur Befreiung Griechenlands und zur Befreiung Europas geleistet haben. Die griechischen Partisaninnen und Partisanen haben Griechenland selbst befreit. Deutschland ist durch die Antihitlerkoalition und vor allem durch die Rote Armee befreit worden. Deutschland ist auch befreit worden durch die italienischen Partisanen, durch Partisanen in Jugoslawien, Polen, Frankreich und Griechenland.

Mikis Theodorakis gibt den Opfern des Faschismus in der Mauthausen-Kantate Stimme und Ausdruck, den ich nicht vergessen kann.

„Die ich liebe ist schön, unsagbar schön.
Ich seh‘ sie vor mir in ihrem Sommerkleid …“

Wie viele geliebte Schöne, wie viele Kinder und Mütter hat der deutsche Faschismus in die Vernichtung getrieben! Wie viele Dörfer hat er zerstört, wie viel Kunst vernichtet, wie viel Kultur geraubt! Die Mauthausen-Kantate ist eine Kunst der Menschlichkeit, die den Ungeist der Unterdrückung überwunden hat. Dafür danke ich.

Liebe Freundinnen und Freunde,

es hat vier Jahrzehnte gedauert, bis die Bürgerinnen und Bürger Deutschland anfingen zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 nicht eine Niederlage, sondern auch für Deutschland ein Tag der Befreiung war. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung im deutschen Bewusstsein verankert und dazu aufgerufen, allen Völkern zu gedenken, die im Krieg gelitten haben, vor allem der unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und Polens, die ihr Leben verloren haben. Er gedachte der Opfer des Widerstandes in allen von Deutschland besetzten Staaten.

Der ehemalige Bundespräsident wünschte sich, dass die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands verstehen: Erinnern heißt, eines Geschehens so ehrlich und rein zu gedenken, dass es zum Teil des eigenen Innern wird. In Deutschland wurde zu wenig, viel zu wenig getan, um die deutsche Schuld abzutragen. Es kann keine Befreiung geben, ohne sich mit Grausamkeit und Brutalität der faschistischen Besatzung in den von Nazideutschland besetzten Ländern wie Griechenland auseinanderzusetzen. Bis heute steht eine solche ernsthafte Auseinandersetzung, bis heute steht eine ehrliche und reine Erinnerung aus. Eben deshalb steht bis heute eine Entschädigung der Opfer der Nazibesatzung und eine Rückzahlung des Zwangskredites aus. Schuld für Mord und Unterdrückung kann materiell nicht abgetragen werden. Menschheitsverbrechen verjähren nie. Aber materielle Schlussfolgerungen für verbrecherisches Handeln sind Teil eines Entschuldungsprozesses.

Ich rufe meinen Landsleuten zu: Stellen wir uns der Wahrhaftigkeit, der historischen Schuld und nehmen diese an. Alexis Tsipras sprach davon, dass im kollektiven Gedächtnis der Völker Bilder und Misshandlungen, die Exekutionen in Distomo, Kaisariani, Kalavryta und in Vianno noch immer lebendig sind. Mit Alexis Tsipras will ich den Griechinnen und Griechen, der Bevölkerung Deutschlands sagen: Die Vergangenheit muss lebendig sein, damit wir im kollektiven Gedächtnis der Völker bewahren, wie das Gesicht des Faschismus aussieht. Wenn dies in Deutschland begriffen wird, wird man in Deutschland auch begreifen, dass aus diesem Erinnern die Kraft wachsen kann, ein anderes, ein besseres Europa aufzubauen.

Für ein besseres, ein anderes Europa, ein Europa der Demokratie, der Gleichberechtigung, der Friedfertigkeit engagieren sich Menschen in Griechenland wie in Deutsch-land. Ich schäme mich einer Regierung, die von oben herab glaubt, mit anderen Völkern in Europa reden zu können. Ich erinnere mich, dass es deutsche Regierungen waren, die beste Beziehungen zur faschistischen Obristenherrschaft in Griechenland praktizierten. In dieser Zeit war man gut Freund mit den „Obristen“, da gab es gemeinsame Feste und Einladungen, gemeinsame Militärmanöver, gemeinsame Geschäfte. Demokraten in Deutschland hingegen waren mit Demokraten in Griechenland auf Du und Du. Wir haben in dieser Zeit als Touristen Flugblätter nach Griechenland gebracht, zu Hause Demonstrationen und Kundgebungen organisiert. Ich bitte Sie, lassen Sie uns das Bündnis von Demokratinnen und Demokraten in Griechenland und Deutschland, in ganz Europa erneuern.