Mit uns kein 'vereinfachtes Verfahren' für Auslandseinsätze

07.05.2015
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103. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am 7. Mai 2015

TOP 13 – Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNMIL (Liberia) – Erste Lesung

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Ich bin ja froh, dass ich zum Schluss Ihres Vortrags noch einen Punkt gefunden habe, bei dem ich sagen kann: Ja, das sehe ich ähnlich. – Auch ich will eine ODA-Quote von 0,7 Prozent; das ist schon längst fällig. Dazu könnten Regierung und Opposition ja einen gemeinsamen Antrag einbringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte nun aber ein paar Argumente vortragen und Sie bitten, darüber nachzudenken. Die erste Frage ist: Warum präsentiert uns die Bundesregierung, einige Wochen bevor die Rühe-Kommission ihren Bericht, in dessen Zentrum das vereinfachte Verfahren steht, vorlegt, hier einen Antrag, der im vereinfachten Verfahren beschlossen werden soll? Das vereinfachte Verfahren bedeutet ja: Es gibt keine Debatte im Plenum, und wenn keine Fraktion widerspricht, läuft das durch. Sie können uns gerne vorwerfen, dass wir zu falschen Schlussfolgerungen kommen.

(Niels Annen [SPD]: Machen wir!)

Aber werfen Sie uns nicht vor, dass wir blöd sind.

Dass wir Ihnen jetzt das Argument an die Hand geben, einem vereinfachten Verfahren zugestimmt zu haben, bevor der Bericht der Rühe-Kommission debattiert worden ist, kann doch keiner ernsthaft von einer Oppositionspartei erwarten. Der Trick, im vereinfachten Verfahren das Mandat beschließen zu lassen – das haben Sie in der Begründung selbst geschrieben –, zielt auf den Bericht der Kommission und darauf, dass sich das Parlament festlegt. Mein Abwägungsprozess sieht so aus – unabhängig davon, ob es nur um einen oder zwei Soldaten oder, wie in diesem Fall, um fünf Soldaten geht –: Die Entsendung jedes Soldaten wird hier im Plenum er- örtert und dann beschlossen oder abgelehnt. Das ist unser demokratisches Prinzip.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit werden wir uns auseinandersetzen müssen, wenn das Parlamentsbeteiligungsgesetz hier auf den Tisch kommt. Man weiß ja mittlerweile, was da alles gelaufen ist und abgesprochen wurde. Wir haben ganz andere Belange, über die man ja auch einmal reden kann: Warum gibt es keine Bereitschaft, das Quorum im Plenum auf zwei Drittel zu erhöhen? Es wäre doch viel besser, wenn das Parlament Auslandseinsätzen mit zwei Dritteln zustimmen müsste; denn dann hätte jeder eine größere persönliche Verantwortung. Wir wollen die Hürde anheben und sie nicht einreißen. Deswegen lautet mein erster Punkt: Das vereinfachte Verfahren wird es in diesem Fall und in ähnlichen Fällen mit uns nicht geben.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wieso mehr persönliche Verantwortung? Das ist doch völliger Blödsinn!)

– Ja; ich weiß, dass es für Sie immer Blödsinn ist, wenn es schwieriger werden soll, Soldaten ins Ausland zu schicken.

(Dr. Egon Jüttner [CDU/CSU]: Es ging um die Verantwortung!)

– Ja, natürlich. Es geht alles, wenn man es will. Mein zweites Argument ist: Warum fängt die Bundesregierung nicht an, in einer gewissen Logik bis zum Ende zu denken? Ich finde diesen Antrag ausgesprochen schlampig.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Begründung dafür, dass man das vereinfachte Verfahren anwenden möchte, beruht darauf, dass man sagt: Es gibt geringe Gefährdung und geringen Personaleinsatz. – Gleichzeitig schreiben Sie aber, wie zerrüttet das Land ist und dass dort 4 000 Soldaten im Einsatz sind, die befohlen werden sollen; es geht hier ja um einen hochrangigen Kommandeur. Beide Argumente stimmen also nicht.

(Widerspruch der Abg. Gabi Weber [SPD])

Die Gefährdungssituation ist hoch – es gibt keine Stabilität; sonst haut der Antrag nicht hin –, und der Umfang wird ganz erheblich sein, da Sie hier einen hohen Kommandeur stellen wollen. Das hätten wir auch vorher miteinander klären können. Es ist ja mit Ihnen abgesprochen worden, dass sich der Kollege bewirbt; darüber hätte man ja einmal reden können. Das alles hat aber nicht stattgefunden.

Es stimmt also weder die Aussage, dass es nur eine geringe Gefährdung gibt, noch die, dass der Personaleinsatz unerheblich ist. Somit dürfte man aber nicht mit dem vereinfachten Verfahren operieren. Entweder stimmt also das eine oder das andere nicht. Deshalb finde ich den ganzen Antrag außerordentlich schlampig.

Ich würde hier gerne auch eine Debatte darüber führen, warum solche Einsätze immer auf Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta und nicht unter der Überschrift „Blauhelmeinsatz“ durchgeführt werden. Ich hätte gern die Debatte geführt, ob nicht ein Blauhelmeinsatz in dieser Situation angemessen gewesen wäre; denn angeblich gibt es ja keine oder nur eine geringe Gefährdung. Das wird aber nicht gemacht. Die Bundesregierung zieht durch. Es gibt in diesen Fragen keinen Widerspruch. Für sie war Kapitel VII der UN-Charta die Grundlage. Dann hat sie auch noch einen Trick angewendet und gefordert, dass wir, bevor der Bericht der Rühe-Kommission vorliegt, dem vereinfachten Verfahren zustimmen sollen. Sie können aber nicht ernsthaft erwarten, dass eine Oppositionspartei auf so etwas hereinfällt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)