Brief an die Mitglieder des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika

03.08.2009
Printer Friendly, PDF & Email

An die Mitglieder des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika
Washington, DC 20515
Vereinigte Staaten von Amerika

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Wir, die unterzeichnenden Mitglieder des Deutschen Bundestages, wenden uns an Sie wegen des Schicksals von fünf in Ihrem Land inhaftierten Kubanern. Die Herren Guerrero Rodríguez, Fernando Gonzáles Llort, Gerardo Hermández Nordelo, Ramón Labañino Salazar und René Gonzáles Sehweret sind in einem Gerichtsverfahren in Miami im Dezember 2001 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden, die sie derzeit in verschiedenen US‑Bundesgefängnissen verbüßen.
Wir verfolgen diesen Fall mit großer Sorge. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen (Menschenrechtskommission) hat folgende schwere Mängel des Verfahrens festgestellt:

 

  1. 1.Nach ihrer Festnahme wurden Guerrero Rodríguez, Fernando Gonzáles Llort, Gerardo Hermández Nordelo, Ramón Labañino Salazar und René Gonzáles Sehweret in Isolationshaft gehalten und dadurch ihnen und ihren Verteidigern eine angemessene Vorbereitung auf den Prozess erschwert.
  2. 2.Die Einstufung des Falls als „die nationale Sicherheit betreffend“ hat den Zugang der Verteidigung zu den Beweismitteln begrenzt, was sich nachteilig auf die Möglichkeit auswirkte, dem Gericht Gegenbeweise zu liefern. Dadurch ist die „Waffengleichheit“ zwischen Anklagebehörde und Verteidigung untergraben worden.
  3. 3.Die Wahl des Verhandlungsorts hat das für ein faires Verfahren notwendige Klima der Unparteilichkeit und Objektivität verhindert. Dies ist von der Regierung der Vereinigten Staaten nicht bestritten, also zugegeben worden.


Die UN-Arbeitsgruppe hat daraus den Schluss gezogen, dass gerade auch im Hinblick auf die Höhe der Strafen die Inhaftierung der fünf Personen als willkürliche Inhaftierung im Sinne des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte bezeichnet werden muss.
Der 11. Appellationsgericht in Atlanta hat zudem am 9. August 2005 mit einer Kammer von drei Richtern entschieden, dass das Urteil gegen die fünf Inhaftierten nichtig ist, da den Angeklagten in Miami wegen der dort herrschenden feindseligen Stimmung gegen das politische System in Kuba kein faires und unparteiisches Verfahren gewährt werden konnte. Die Kammer hat angeordnet, dass der Prozess an einem neutralen Gerichtsort wieder aufgerollt werden soll. Gegen diese Entscheidung hatte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt, über das das aus 12 Richtern bestehende Plenum des Appellationsgerichts am 14. Februar dieses Jahres erstmals verhandelt hat.
Wir sind enttäuscht über die Entscheidung des Plenums des Appelationsgerichts zu Atlanta, mit der die Durchführung eines neuen Prozesses abgelehnt wird. Wir hoffen, dass die Revision vor dem Obersten Gerichtshof der USA dieses Urteil revidiert. Bis dahin fordern wir die sofortige Freilassung der fünf Inhaftierten. Eine Haft von jetzt mehr als sieben Jahren auf Grund eines für nichtig erklärten Urteils ist nicht nur grob unverhältnismäßig, sondern verstößt darüber hinaus gegen Artikel 9 Abs. 3 und 4 sowie Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe c des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, den die USA unterzeichnet und ratifiziert haben.
Ferner möchten wir Sie bitten, sich dafür einzusetzen, dass den Ehefrauen von zwei der Angeklagten, Adriana Pérez, Ehefrau von Gerardo Hermández Nordelo, und Olga Salanueva, Ehefrau von René Gonzáles Sehweret, die Einreise in die USA gestattet wird, damit sie ihre Ehemänner bis zur hoffentlich baldigen Entlassung besuchen können. Darauf haben sie sowohl nach dem Recht der USA als auch nach internationalem Recht einen Anspruch. Die Tochter Yvette von René Gonzáles Sehweret hatte noch nicht einmal die Möglichkeit, ihren Vater kennen zu lernen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten dafür einsetzen, dass es zu einem neuen fairen Verfahren vor einem unvoreingenommenen Gericht kommt.

Mit freundlichen Grüßen


Die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag:

Aydin, Hüseyin; Bartsch, Dietmar; Binder, Karin; Bisky, Lothar; Bluhm, Heidrun; Bulling-Schröter, Eva; Bunge, Martina; Claus, Roland; Dagdelen, Sevim; Dehm, Diether; Dreibus, Werner; Enkelmann, Dagmar; Ernst, Klaus; Gehrcke, Wolfgang; Golze, Diana; Gysi, Gregor; Hänsel, Heike; Heilmann, Lutz; Hill, Hans-Kurt; Hirsch, Nele; Höger-Neuling, Inge; Höll, Barbara; Jelpke, Ulla; Jochimsen, Lukrezia; Keskin, Hakkı; Kipping, Katja; Knoche, Monika; Korte, Jan; Kunert, Katrin; Lafontaine, Oskar; Leutert, Michael; Lötzer, Ulla; Lötzsch, Gesine; Maurer, Ulrich; Menzner, Dorothée; Möller, Kornelia; Naumann, Kersten; Neskovic, Wolfgang; Paech, Norman; Pau, Petra; Ramelow, Bodo; Reinke, Elke; Schäfer, Paul; Schneider, Volker; Schui, Herbert; Seifert, Ilja; Sitte, Petra; Spieth, Frank; Tackmann, Kirsten; Troost, Axel; Ulrich, Alexander; Wunderlich, Jörn; Zimmermann, Sabine

Schlagwörter