Keine deutschen Soldaten und Patriot-Luftabwehrsysteme in die Türkei

14.12.2012
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Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Antrag
der Abgeordneten Paul Schäfer, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Stefan Liebich, Niema Movassat, Thomas Nord, Alexander Ulrich, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE

Keine deutschen Soldaten und Patriot-Luftabwehrsysteme in die Türkei

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Stationierung deutscher Patriot Luftabwehrraketensysteme an der türkisch-syrischen Grenze trägt zur weiteren Eskalation des syrisch-türkischen Konfliktes bei. Deutschland würde zu einer Konfliktpartei in einem Konflikt, der weit über das tür-kisch-syrische Grenzgebiet hinaus den gesamten Nahen und Mittleren Osten betrifft. Für eine diplomatische Vermittlung zur friedlichen Beendigung des innersyrischen Konflikts wäre die Bundesregierung damit diskreditiert. Zudem erhöht sich das Risi-ko, dass deutsche Soldaten bei einer weiteren Eskalation direkt in einen regionalen Nahostkrieg hineingezogen werden.

2. Eine Bedrohung der Türkei, wie jetzt als Begründung für die Stationierung von Patri-ot-Raketen angeführt, existiert nicht. Eine Pflicht zum militärischen Beistand besteht demnach selbst im Sinne des NATO-Vertrages nicht. Weder hat die syrische Regie-rung der Türkei mit einem Angriff gedroht, noch gab und gibt es solche Angriffe oder Vorbereitungen für solche Angriffe. Der bisherige grenzüberschreitende Beschuss mit Mörsern und Granaten durch syrische Artillerie, bei dem auch Zivilistinnen und Zivi-listen getötet wurden, wurde selbst von der türkischen Regierung als nicht vorsätzlich und nicht gegen die Türkei gerichtet bewertet. Die syrische Regierung hat sich für die Vorkommnisse offiziell entschuldigt. Die zu beklagenden Übergriffe könnten durch Patriot-Raketen ohnehin nicht abgewehrt werden - deren Stationierung ist daher sinn-los.

3. Die türkische Regierung verfolgt in der Region eigene Machtinteressen und setzt auf eine Eskalation des Konfliktes, für die sie sich jetzt den Beistand der NATO sichern möchte. Berichte über die Gewährung von Rückzugsräumen und die militärische Aus-bildung von syrischen Rebellen konnte die türkische Regierung ebenso wenig glaub-haft entkräften wie den Vorwurf illegaler Waffenlieferungen. Auf diese Weise trägt die türkische Regierung zur weiteren Militarisierung des innersyrischen Konfliktes bei und erschwert damit die Verhandlungen über notwendige diplomatischer Kompromis-se. Bereits am 4. Oktober 2012 genehmigte das Parlament eine militärische Interventi-on in Syrien. Sollte die türkische Regierung diesen Beschluss zur Grundlage machen, um in Syrien militärisch zu intervenieren, so wäre dies ein eindeutiger Bruch des Ge-waltverbotes der UNO-Charta (Art. 2) und des NATO-Statuts (Art. 1). Bereits mehr-fach hat die Türkei eine Schutzzone für Flüchtlinge, die faktisch auch eine Flugver-botszone wäre, entlang der türkisch-syrischen Grenze vorgeschlagen. Eine solche Schutz- und Flugverbotszone ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates wäre völker-rechtswidrig und würde zu einer weiteren Gewaltverschärfung und damit zu noch mehr Leid in der syrischen Bevölkerung führen. Die Stationierung der Patriot-Systeme wirkt in diesem Zusammenhang nicht deeskalierend, wie behauptet, sondern konflikt-verschärfend.

 

 

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• keine Patriot-Luftabwehrraketen und damit einhergehend Bundeswehrpersonal in die Türkei zu verlegen;

 

Berlin, den 14. Dezember 2012
Dr. Gregor Gysi und Fraktion