Koalitionen, Koalitionen ...
In den nächsten Tagen wird das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids zur Großen Koalition festgestellt. Heute, am 11. Dezember, befinden wir uns noch in einer Zwischenzeit, zwischen der erfolgten Festlegung der SPD-Spitze auf ein Bündnis mit den Konservativen und der wahrscheinlichen Loyalitätserklärung der Basis für diesen Kurs bzw. gegenüber ihrer Parteileitung. Frei von real existierenden, können wir in diesem Ça ira noch einmal über mögliche Regierungskoalitionen unter Beteiligung der LINKEN nachdenken.
In Nicht jammern und picheln, sondern hämmern und sicheln zeichnet Wolfgang Gehrcke nach, wie eine selbstgerechte SPD-Führung die Bedingungen für ein mögliches Regierungsbündnis mit der LINKEN so verschärft, dass es unmöglich bleiben soll; welche Folgen das in inner-LINKEN Diskussionen zeitigt; er skizziert außenpolitische Grundlinien eines Koalitionsvertrags, dem DIE LINKE zustimmen könnte. zum Artikel von Wolfgang Gehrcke
Globale militärische (Un-)Ordnungspolitik haben wir die Analyse des außenpolitischen Teils des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD durch die LINKEN-Fraktion überschrieben. Sie wurde vom Fraktionsarbeitskreis Internationale Politik vorgelegt, zu dem die Außen-, Europa-, Verteidigungs-, Menschenrechts- und Entwicklungspolitik gehören. Knapp und präzise wird auf zwei Seiten die außenpolitische Leitidee der Großen Koalition zusammengefasst und aufgeschlüsselt in ihre Politik zur Europäischen Union, NATO, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechten. Die Wahlaussagen von CDU/CSU und SPD werden mit dem Koalitionsvertrag konfrontiert und LINKE Alternativen benannt. den Artikel lesen
Als verlässlich auch nach der Wahl hat sich DIE LINKE Hessen erwiesen. Wir blenden zurück auf die dortigen Sondierungsgespräche zwischen Grünen, SPD und LINKE. Sie sind nicht an den Kernforderungen für einen Politikwechsel, sondern an den ‚Minimalforderungen’ gescheitert, schätzt der LINKEN Landesvorstand in einer gründlichen Erklärung ein. zur Erklärung des Landesvorstandes
DIE LINKE Hessen wendet sich mit einem Flyer „Warum ist der Politikwechsel in Hessen gescheitert?“ an die Bevölkerung.
Nicht jammern und picheln,
sondern hämmern und sicheln
Im Märchen wird Schneewittchen der glänzend polierte, der besonders schöne Apfel als vergifteter gereicht. Vielleicht ist es ein solcher Apfel, den die SPD der LINKEN anbietet. So viele Jahre in die Schmuddelecke verwiesen, nun das glänzende, das besonders köstlich erscheinende Angebot: Auch DIE LINKE kann einer Koalition würdig sein! Parallel zu den Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU blitzte beim SPD-Parteitagsbeschluss von Leipzig ganz in der Ferne die Möglichkeit von Rot-Rot (-Grün) auf; freilich ganz in der Ferne, denn DIE LINKE muss zuvor aus Sicht der Sozialdemokratie noch ganz, ganz viel lernen und sich grundsätzlich ändern.
Sigmar Gabriel ungeklärt
Noch auf dem SPD-Parteitag in Leipzig hängt für Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender, eine mögliche Koalition unter Einbeziehung der LINKEN neben einer „verantwortungsvollen Europa- und Außenpolitik im Rahmen unserer internationalen Verpflichtungen“, so der Beschluss, auch vom Alkoholpegel ab. Gabriel in seinem Parteitagsreferat: Die Linken stellten sich „manchmal inhaltlich so verrückt“ auf, „dass kein Sozialdemokrat in nüchternem Zustand auf die Idee kommen könnte, mit denen zusammenzuarbeiten“. Das war am 14. November. Inzwischen wiederholt er gern, was sonst noch gegen ein Linksbündnis spricht. Die LINKE, so Gabriel, hätte ein „ungeklärtes Verhältnis zum Staat Israel“ (FAZ vom 7.12.2013). Nanu?! Hatte nicht derselbe Mann im März 2012 nach einem Besuch in Hebron, Westjordanland, Israel als „Apartheid-Regime“ bezeichnet? Nach massiver Kritik ist er zurück gerudert. Die Position der LINKEN ist klar: Für zwei lebensfähige Staaten Israel und Palästina und einen Nahen Osten frei von Massenvernichtungswaffen. Ungeklärt ist eher das Verhältnis Sigmar Gabriels zur Wahrheit und zu seinen Positionen von gestern.
Wenn Olaf Scholz Klartext redet
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, ehemals Juso-Linksaußen, nimmt für sich in Anspruch, Klartext zu reden, wenn er sagt: DIE LINKE „muss ihre Programmatik grundlegend verändern (...) Dazu gehört ein Bekenntnis zur Nato, zu Europa, zum Euro und zur Haushaltsstabilität“. Und noch eine Lehre erteilt Scholz in der Welt am Sonntag vom 8.12. 2013: DIE LINKE müsse verstehen, „dass die Unternehmen vernünftige Rahmenbedingungen benötigen, um zu wachsen und Arbeitsplätze zu schaffen“. Eine tolle Mischung aus heiliger Einfalt und gewöhnlicher Hybris! Um koalitionswürdig zu werden, soll sich DIE LINKE an Haupt und Gliedern grundlegend verändern, ungefähr so werden, wie die SPD. Dann braucht sie niemand mehr und die Koalitionsfrage hätte sich erledigt. (...)
Kuscheln in der Opposition?
Da wollen die GRÜNEN nicht nachstehen, schließlich dienen auch sie sich gerade der CDU als Koalitionspartner an, wenn auch zunächst auf hessischer Landesebene. Dieses „schwarz-grüne Zweckbündnis“ sei nötig, so die GRÜNEN-Vorsitzende Simone Peter, um „bei der nächsten Bundestagswahl glaubwürdige Machtoptionen zu haben“, meint: Um im Reigen der Beliebigkeit – jede und jeder kann mit jeder und jedem - dann auch auf Bundesebene mit den Konservativen koalieren zu können. Ihr Stern-Interview vom 5. Dezember will auch Peter nicht ohne eine Forderung an die LINKE beenden: Die müsse „jetzt endlich aus ihrer Oppositions-Kuschelecke herauskommen.“ Man ahnt, wie das gemeint ist: Endlich eine „realistische Politik“ machen, die den „harten Realitäten“ Rechnung trägt. Klaus Wowereit und Matthias Platzeck hatten das „Entzauberung“ genannt, in deren Ergebnis DIE LINKE in Berlin die Hälfte ihrer Stimmen verloren hat.
Man kann Simone Peters Aufforderung aber auch anders lesen: Kein Kuschelkurs in der Opposition! Nach der Bundestagswahl und vor der Europawahl erscheint DIE LINKE noch seltsam unentschlossen. (...)
Auch für die LINKE ist Außen- und Europapolitik koalitionsentscheidend
Damit es deutlich ausgesprochen wird: DIE LINKE ihrerseits wird sich an keiner Bundesregierung beteiligen, die die Bundeswehr in Auslandseinsätze schickt. Koalitionen mit der LINKEN sind nur möglich, wenn es keine deutsche Kriegsbeteiligung gibt, stattdessen einen Kurswechsel zu Abrüstung und globaler sozialer Gerechtigkeit. (...) Für eine solche Außenpolitik könnten Mehrheiten in der Bevölkerung und bei den Mitgliedern von SPD, Grünen und LINKEN gewonnen werden. Ihr Gegner ist das mit der Politik verflochtene Machtkartell von Industrie und Banken. zum Artikel von Wolfgang Gehrcke
* * * * *
Globale militärische (Un-)Ordnungspolitik
Der Koalitionsvertrag von 2013 setzt noch stärker als der Vertrag von 2009 auf eine Politik der Militarisierung. Auch nur der geringste Ansatz einer Kultur der Zurückhaltung im Hinblick auf Auslandseinsätze der Bundeswehr ist verschwunden. Dagegen werden zentrale Aufrüstungsprojekte wie NATO-Raketenschild oder EU-Kampfdrohnen befürwortet bzw. geprüft. Die konkrete Forderung nach einem Abzug der US-Atomwaffen wird nicht mehr erhoben. Der Vertrag steht in erster Linie für eine Außenpolitik im Dienste des Kapitals. Im Bereich der Internationalen Politik bedeutet dieser Koalitionsvertrag einen Rechtsruck gegenüber der bisherigen Koalition aus Union und Liberalen. So wird eine deutsche Nichtbeteiligung an NATO-Kriegen wie gegen Libyen in der Vergangenheit mit der Großen Koalition wesentlich unwahrscheinlicher.
Leitidee der Großen Koalition in der internationalen Politik ist die reibungslosere Interessen- und Wertedurchsetzung. Um diese zu erreichen, werden die Stärkung von NATO-Bündnisbindung und NATO insgesamt, eine engere EU-NATO-Kooperation und eine effektivere Verzahnung von Außen-, Verteidigungs-, Entwicklungs-, und Menschenrechtspolitik angestrebt.
Deutsche Außenpolitik wird ganz dem Ziel imperialen Machtzuwachses untergeordnet. Diese Rolle strebt Deutschland nicht im nationalen Alleingang an sondern durch die Erweiterung des deutschen Gewichts in internationalen Organisationen, zum Beispiel der EU, der UNO, der NATO, der Weltbank, des IWF und weiteren.
Die Europäische Union soll weiter ausgebaut, gestrafft und politisch vereinheitlicht werden. Dabei wird auf ein „starkes Europa“ gesetzt ... und eine Beschleunigung der Militarisierung der EU.
Im Zentrum der deutschen Außenpolitik sollen der Ausbau der transatlantischen Beziehungen und die Stärkung der NATO stehen. Dies beinhaltet die Befürwortung eines NATO-Raketenschildes und den Einstieg in ein neues atomares Wettrüsten in Europa gegen Russland. Das ist ein deutlicher Kurswechsel gegenüber der schwarz-gelben Grundlinie der Außenpolitik.
Laut deutscher Verteidigungspolitik ist die Bundeswehr eine Armee im Einsatz. Die deutschen Streitkräfte sollen als Mittel deutscher Außenpolitik, inklusive der Auslandseinsätze der Bundeswehr, fungieren. wird auf einen Ausbau der zivil-militärischen Zusammenarbeit gesetzt. Die Förderung der deutschen Außenwirtschaft wird als eine Kernaufgabe deutscher Außenpolitik gefasst.
Entwicklungszusammenarbeit soll v.a. Konfliktherde in geostrategisch wichtigen Regionen in Schach halten. Auch auf europäischer Ebene strebt die Koalition an, „die zivilen und militärischen Instrumente der Europäischen Union weiter miteinander zu verknüpfen“.
Ein eigener Ansatz zur Stärkung sozialer Menschenrechte fehlt. Dagegen wird auf eine „offene Handelspolitik“ gesetzt, die mit dem Ziel eines Abschlusses von Freihandelsabkommen Menschenrechte weltweit gefährdet. Kern dieser Handelspolitik ist das geplante Freihandelsabkommen mit den USA als „eines der zentralen Projekte zur Vertiefung der transatlantischen Beziehungen.“
Linke Alternativen:
Leitidee: DIE LINKE steht gegen jede Großmachtpolitik. DIE LINKE ist die Partei des Völkerrechts. Wir sehen in den Vereinten Nationen das zentrale Organ für die friedliche Verständigung zwischen den Staaten und Gesellschaften. Das Gewaltverbot, wie es die UNO-Charta vorsieht, muss gestärkt werden.
DIE LINKE setzt auf eine friedliche Außenpolitik, dies beinhaltet die Absage an deutsche Kriegsbeteiligungen inklusive Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sie steht für einen Neustart der EU und Auflösung der NATO; die soll durch ein kollektives Sicherheitssystem ersetzt werden. DIE LINKE ist die Partei der radikalen Abrüstung und setzt auf die Schaffung struktureller Nichtangriffsfähigkeit und eine radikale Verkleinerung der Bundeswehr. DIE LINKE setzt auf eine Entmilitarisierung der Entwicklungszusammenarbeit. Sie wendet sich gegen die Instrumentalisierung von Menschenrechten für „humanitäre Militärinterventionen“ und lehnt Freihandelsabkommen gerade wegen ihrer Gefährdung von Menschenrechten ab. den ganzen Artikel lesen
Buchtipp
Deutschland ist längst zum untrennbaren Bestandteil der US-Sicherheitsarchitektur geworden. Das weisen John Goetz und Christian Fuchs detailliert und mit erschreckenden Fakten in ihrem Buch
Geheimer Krieg. Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird
nach. Sie haben sich auf eine Reise zu den geheimen Kommandozentralen begeben und höchst beunruhigende Entdeckungen gemacht.
Ein amerikanisches Killerkommando in Stuttgart befehligt Drohneneinsätze in Afrika und im Nahen Osten, um mutmaßliche Terroristen umzubringen. Die NSA rüstet in Hessen ihre Abhörtechnik auf. BND-Agenten horchen für die Amerikaner Asylbewerber aus, um Drohnenziele auszukundschaften. Der Aufbau geheimer US-Foltergefängnisse wurde von der CIA-Logistikzentrale in Frankfurt gesteuert. Die US-Firma, die die Kidnapping-Flüge organisierte, wird von deutschen Ministerien weiter mit Millionenverträgen versorgt. Das alles und noch viel mehr geschieht nicht nur auf deutschem Boden, sondern auch mit der Unterstützung der Bundesregierung.
Wer wissen will, wo und wie die Entscheidungen über Krieg und Frieden getroffen werden: Reinschauen!
Christian Fuch, John Goetz, Geheimer Krieg. Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror organisiert wird. Rowohlt, 254 Seiten, 19,95 €.
* * *
Medea Benjamin in der Linksfraktion
In der politischen Auseinandersetzung um den Einsatz von Drohnen durch die US-Regierung kommt der Organisation Code Pink: Women for Peace besondere Bedeutung und weltweite Medienaufmerksamkeit zu, die sie nicht zuletzt durch ihre vielfältigen Aktivitäten und öffentlichkeitswirksamen Aktionen erlangt hat. Eine ihrer zentralen Figuren ist Medea Benjamin, die Code Pink im Jahr 2002 mitbegründet hat. Gemeinsam mit tausenden Mitstreiterinnen und Mitstreitern in allen US-Bundesstaaten ist es Medea Benjamin gelungen, die Friedensbewegung für das Thema Drohnen zu sensibilisieren und sie versucht heute, mit Aufklärungskampagnen zu einem Meinungsumschwung innerhalb der Bevölkerung zugunsten des Verzichts auf den Einsatz dieser unbemannten Flugkörper beizutragen.
Medea Benjamin hatte auch ihr im LAIKA-Verlag erschienenes Buch
Drohnen-Krieg
Tod aus heiterem Himmel, Morden per Fernbedienung
mitgebracht. (LAIKA-Verlag, Edition PROVO * ISBN 978-3-944233-05-5 * 19,00 € * das ist unser zweiter Buchtipp)
* * *
Achtung! Terminverschiebung
Die im vorangegangenen InfoBrief angekündigte
Veranstaltung zum 50. Jahrestag des ersten Frankfurter Auschwitzprozesses
muss leider verschoben werden (geplant war der 20. Dezember). Es hat sich als unmöglich erwiesen, noch in diesem Jahr die gewünschten Referentinnen und Referenten unter einen Hut zu bringen.
neuer Termin: 3. Mai 2014
Bitte unbedingt vormerken!
Termine
12. bis 15. Dezember 2013, Madrid
4. Kongress der Europäischen Linkspartei
17. Dezember 2013, Berlin
Bundestagssitzung mit Wahl der Bundeskanzlerin
17. Dezember 2013, 14 Uhr, Berlin
Fraktionssitzung DIE LINKE
18./19. Dezember 2013, Berlin
Bundestagssitzung
21. Dezember 2013, 13 Uhr, Bochum
Bundesversammlung der BAG Frieden und internationale Politik
8. Januar 2014
Klausur des Fraktionsvorstandes
9. Januar 2014
Klausur der Bundestagsfraktion
10. Januar 2014
Beratung des AK Außenpolitik und internationale Beziehungen der Linksfraktion
11. Januar 2014, Frankfurt/Main
Neujahrsempfang des DGB Frankfurt
11. Januar 2014, Berlin
Bundestreffen des BAK Antimilitarismus und Frieden
12. Januar 2014, Berlin
Ehrung für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
Politisch-kultureller Jahresauftakt - Veranstaltung mit der Europäischen Linkspartei
13. bis 17. Januar 2014, Berlin
Sitzungswoche des Deutschen Bundestages
18. Januar 2014, Gießen
Europakonferenz der LINKEN Mittelhessen
19. Januar 2014, Marburg
Im Gedenken an Nelson Mandela - eine Veranstaltung des Rosa-Luxemburg-Clubs