Ça ira Nr. 114: Die Kriegsfrage, die SPD und die LINKE (17.12.2015)

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Die Kriegsfrage, die SPD und die LINKE


Ich bin sehr betrübt über die Ergebnisse des SPD-Parteitages in Berlin. Insbesondere die außen- und friedenspolitischen Beschlüsse der Sozialdemokratie lassen mich stark zweifeln, ob es in Zukunft zu einer Kooperation zwischen der SPD und der LINKEN auf Bundesebene kommen kann. Ich bin auch deshalb betrübt, weil ich genau weiß, dass viele Menschen in Deutschland und auch in Europa sich eine rot-rote Zusammenarbeit und Regierung wünschen. Deutlicher als es der SPD-Parteitag getan hat, kann man diesem Wunsch keine Absage erteilen. Allerdings nützt es in dieser Situation wenig, erneut die alte Schallplatte vom Verrat der Sozialdemokraten aufzulegen und historische Parallelen zu ziehen. Auch wenn es stimmt, entbindet es uns nicht von der Aufgabe, uns mit der aktuellen Situation und den konkreten Ergebnisses des SPD-Parteitages auseinanderzusetzen. Schauen wir uns doch einmal die Beschlüsse der SPD zur Außen- und Friedenspolitik an und vergleichen wir sie mit den Positionen der LINKEN:

Die SPD sagt Ja zu Bundeswehr und Kampfeinsätzen im Ausland

Die LINKE sagt Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr und fordert die Beendigung der Einsätze

 

Die SPD sagt Ja zu Rüstungsexporten und fordert lediglich partielle Einschränkungen 

Die LINKE sagt Nein zu Rüstungsexporten und fordert ihr Verbot und die Beendigung der Rüstungsproduktion

 

Die SPD sagt Ja zu den geplanten „Freihandelsabkommen“ TTIP und CETA

Die LINKE sagte Nein zu TTIP und CETA und fordert die Stärkung der direkten Demokratie und die Ausweitung der Bürgerrechte

Das Ergebnis ist eindeutig: Es geht nicht zusammen. Um eine linke parlamentarische Mehrheit in der Bundesrepublik doch noch realisieren zu können, gibt es nur zwei reale Möglichkeiten: 1. Die LINKE ändert sich grundlegend und wechselt ins Lager der Kriegsparteien. Das wäre dann das Ende der LINKEN, weil es noch eine solche Partei neben SPD und Grünen nicht braucht. 2. Wir kämpfen weiter darum für unsere Politik eine Bevölkerungsmehrheit zu gewinnen, die auf die Straße geht und die SPD unter Druck setzt, damit sie ihren Kriegskurs aufgibt. Ich plädiere für die zweite Option.

 

Heuchler? Nachdenken über Frank-Walter Steinmeier


Heuchler? Nachdenken über Frank-Walter SteinmeierMir geht der SPD-Parteitag mit seinen fatalen außenpolitischen Weichenstellungen nicht aus dem Kopf: Ja zu TTIP, CETA durchgesetzt vom Parteivorsitzenden, und Ja zur Bundeswehr im Syrienkrieg. Diese Entscheidung hat Frank-Walter Steinmeier verteidigt – aber wie?! Ist Angriff wirklich die beste Verteidigung auch im Wettstreit der Argumente?

Wir sind Genossen in unterschiedlichen Parteien, manchmal habe ich dem Außenminister zugestimmt, wie bei den Wiener Verhandlungsrunden zu Syrien. Meistens aber waren wir unterschiedlicher Meinung. Aber es waren doch argumentative Auseinandersetzungen! Auf dem SPD-Parteitag aber ist er entschieden zu weit gegangen, als er den „Heuchlern von der Linkspartei“, die „mit der Angst der Menschen spielen“, eine „perfide Logik“ attestierte, weil sie sich geschlossen gegen den völker- und grundgesetzwidrigen Krieg stellt. Nun wird einem ja immer geraten, etwas nicht persönlich zu nehmen. Aber als Teil der Partei und Fraktion der LINKEN will er auch mich diskreditieren.

Beschimpfungen gegen uns auf der einen Seite, auf der anderen „Achtung vor denen, die sagen: Keine Gewalt, kein Militär“, wenn es um die „eigenen“, die 28 SPD-Abgeordneten Abgeordneten geht, die ebenfalls mit Nein gestimmt haben. Noch einmal Steinmeier: „Ich habe Respekt vor denen, die ‚Nein’ sagen“ – zu ergänzen wäre: wenn sie das SPD-Parteibuch haben. Die bleiben die „eigenen“ und stehen als solche laut Steinmeier in der Tradition von Willy Brandt und Egon Bahr. Die „anderen“ aber gehören zu den „Abenteurern und Wolkenschiebern“, die „einfach dichtmachen und beschließen: Raushalten ist die beste Alternative“.

Ein- und dasselbe Votum beurteilt er, je nachdem, ob es die „eigenen“ oder die „anderen“ abgeben, komplett entgegengesetzt. Das ist Denken in Feindbildern. Feindbilder gründen sich geradezu auf jener Kontradiktion von „eigenen“ und „anderen“. Ist der „andere“ dann zum Feind geworden, darf er – verbal – verprügelt und beschimpft werden als „Heuchler“ und Schlimmeres. Etwas strukturell Gleiches passiert auf jedem Schulhof. Dort wäre es ein Fall zum Erlernen gewaltfreier Kommunikation, Deeskalation, Mediation, miteinander reden statt übereinander herziehen. In der Politik heißt das „zivile Konfliktlösung“ und ist die äußerst aktive, sich nicht raushaltende, anspruchsvolle, schwierige und unbedingt lohnende Strategie der LINKEN.

Jetzt werde ich ganz persönlich: Lieber Frank Walter, ich werde Dir nicht mit gleicher Münze heimzahlen und die Mehrheit Deiner Fraktion für Ihr Ja nicht beschimpfen. Eine selbstgewisse Politik braucht keine Schmähreden. Gleich Dir habe ich „Respekt“ und „Achtung“ vor den 28 Kollegen Deiner Fraktion, die sich der Kriegslogik verweigerten. Allerdings möchte ich mein tiefes Bedauern über Deine Haltung zu meiner Partei und zum Ausdruck bringen verbunden mit dem Wunsch, in künftigen Debatten von Beleidigungen und Unterstellungen abzusehen und sachlich zu argumentieren. 

 

9061 Unterschriften gegen den Bundeswehreinsatz in Syrien


Nach wenigen Tagen hat die gemeinsame Initiative der Kooperation für den Frieden und des Bundesausschuss Friedensratschlag bereits mehr als 9000 Unterstützungsunterschriften für ihre Aktion "Syrienkrieg – nicht in unserem Namen" erhalten. Tragen auch Sie sich jetzt in die Petition ein, damit wir möglichst bald die 10.000 Unterschriften erreichen.

Hier geht es zum Aufruf