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Griechenland: Beobachten reicht nicht
Appell von Syriza / Solidarität von über 200 Abgeordneten aus ganz Europa / Außenminister Nikos Kotzias am 31. Mai in Marburg
Mit „einer noch nie dagewesenen Erpressung“ wollen die europäischen und internationalen Institutionen das griechische Volk und die Linksregierung in die Knie zwingen. „In diesen kritischen Augenblicken rufen wir zu Aktionen sozialer und politischer Solidarität auf“, um Europa „weg von der verheerenden Austeritätspolitik hin zu einem Modell des nachhaltigen Wachstums umzugestalten“. So steht es in einem Appell, mit dem Tasos Koronakis, Sekretär des Zentralkomitees von Syriza, zu Aktionen und Kampagnen in an allen Orten und in allen Ländern Europas aufruft. Denn der Kampf Griechenlands sei nicht auf seine nationalen Grenzen beschränkt, vielmehr habe die Stunde der Wahrheit für ganz Europa geschlagen.
Dieser Appell wird gehört. Mehr und mehr Solidaritätskomitees bilden sich in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, den skandinavischen Ländern, überall. Und über 200 Abgeordnete aus verschiedenen Ländern rufen auf: „Vereint für eine linke Alternative in Europa. Solidarität mit Syriza“. Sie wenden sich gegen Verleumdungen und Erpressung, setzen sich parlamentarisch und außerparlamentarisch für eine Abkehr von der fatalen Kürzungspolitik ein und „streben verstärkt gemeinsame politische und kulturelle Initiativen über Ländergrenzen hinweg an, um zu verdeutlichen: Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten“.
Und weil Solidarität nicht nur Empathie, sondern auch Kenntnis, gegenseitiges Befragen und gemeinsames Nachdenken braucht, kommt der griechische Außenminister Nikos Kotzias am 31. Mai nach Marburg.arlamentarisch für eine Abkehr von der fatalen Kürzungspolitik ein und „streben verstärkt gemeinsame politische und kulturelle Initiativen über Ländergrenzen hinweg an, um zu verdeutlichen: Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten“.
Und weil Solidarität nicht nur Empathie, sondern auch Kenntnis, gegenseitiges Befragen und gemeinsames Nachdenken braucht, kommt der griechische Außenminister Nikos Kotzias am 31. Mai nach Marburg. Auf der Veranstaltung der Bundestagsfraktion wird er gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion DIE LINKE Wolfgang Gehrcke und der hessischen Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig über die aktuelle Situation in Griechenland debatieren. Es wird eine großartige Gelegenheit sein, mehr von der Politik der Syriza-Regierung, von all ihren Schwierigkeiten und ersten Erfolgen im Originalton zu hören. Für das Kulturprogramm sorgen die Sängerin und Schauspielerin Gina Pietsch mit einem Mikis-Theodorakis-Programm und Bundestagsabgeordnete Diether Dehm, der Brecht singen wird.
Ein oder kein Untersuchungsausschuss?
Der militärisch-industrielle Komplex muss ausgeleuchtet werden
Vielleicht ist das Nein der Linksfraktion im Bundestag zu einem Untersuchungsausschuss zum Filz von Politik und Industrie am Beispiel des G-36 doch noch nicht endgültig. Das würde ich begrüßen, denn aus meiner Sicht wäre ein solcher Untersuchungsausschuss kein „Schauprozess“. Schauprozesse haben sich in der kommunistischen Geschichte gegen Unschuldige gerichtet mit falschen Anschuldigungen und erfolterten „Geständnissen“. Ein Untersuchungsausschuss hingegen könnte durchaus zur Aufklärung beitragen, wenn er Bauernopfer nicht akzeptiert und das untüchtige G-36 als Teil des ganzen militärisch-industrielle Komplexes untersucht einschließlich etwa auch seiner internationalen Dimension, seiner Einbettung in mafiöse Strukturen, seiner Inbesitznahme von Hochschulforschung etc. Dazu hat die Linke erhellende Beiträge geleitet, doch die aktuelle Struktur und Funktionsweise des militärisch-industriellen Komplexes als Ganzes muss noch ausgeleuchtet werden – ob mit oder ohne Untersuchungsausschuss.
RUFMORD – ANTISEMITISMUS
Das Buch ist da, die Diskussion kann beginnen
Jetzt ist es druckfrisch ausgeliefert, das neue Buch von Wolfgang Gehrcke: Rufmord. Die Antisemitismus-Kampagne gegen links. Erschienen im Papyrossa-Verlag hat es 160 Seiten und kostet 12,90 Euro. In Berlin wir es am Mittwoch, den 27. Mai um 18:30 Uhr im Gespräch mit Autor und Publikum vorgestellt von Uli Gellermann, Blogger und Filmemacher, im Rosa-Luxemburg-Saal des Karl-Liebknecht-Hauses, Kleine Alexanderstraße 28.
Und darum geht es: Zunächst sporadisch und vereinzelt, dann fortdauernd und umfassend, macht der politische und publizistische Mainstream Antisemitismus zum politischen Kampfbegriff - ausgerechnet gegen Antifaschisten und Linke. Eine absurde Verdrehung der Tatsachen und Entstellung der Geschichte. Vor und während der Nazizeit galten Demokraten, Sozialisten und Kommunisten als verjudet. Dass dieses Stigma in den letzten Jahrzehnten genau in sein Gegenteil verkehrt worden ist, dass namentlich Linke jetzt nicht mehr als verjudet, sondern als antisemitisch dargestellt werden, gibt zu denken. Geschieht das zufällig oder spontan oder sind dahinter planende Köpfe und Netzwerke erkennbar? Mit welchen Unterstellungen operieren und welche Absichten verfolgen sie? Zielen sie vielleicht auf etwas ganz anderes, etwa auf Kritikfähigkeit und den Antikapitalismus der Linken? Welche Rolle spielt die Auseinandersetzung mit der Politik des Staates Israel? Und wie entwickelt sich derweil der tatsächlich existierende Antisemitismus?
Eine erste Rezension von Uli Gellermann ist in seiner Rationalgalerie erschienen und hier nachzulesen
Gründe für den Antrag „Friedensparteitag“
Vor dem Bielefelder Parteitag der LINKEN
Dem Parteitag im Juni liegt der Antrag vor, demnächst einen besonderen Friedensparteitag durchzuführen (Antragsnummer: P.6.). Ziel und Inhalt jenes Parteitags soll sein, die außen- und friedenspolitischen Positionen der LINKEN und schon jetzt vorliegende Konzepte zu überprüfen und quasi zu einem Friedensprogramm der Partei zusammenzufassen. Wesentliche Orientierungen für diesen Friedensparteitag müssen in Bielefeld beschlossen werden, damit deutlich wird, dass wir nicht nur Interventionen und Drohungen strikt ablehnen, sondern dass wir vor allem auch eine positive Konzeption und klare strategische Forderungen für eine Friedensalternative von links anbieten:
1.Es darf nicht darum gehen, Russland zu isolieren. Stattdessen muss es ein System europäischer Sicherheit unter Einbeziehung Russlands und zur Überwindung des Militärbündnisses NATO geben. Abrüstung muss eine zentrale Konsequenz sein.
2.Dem Sicherheitsbedürfnis der europäischen Staaten einschließlich Russlands ist zivil Rechnung zu tragen. Die Schlussakte von Helsinki 1975 und die OSZE-Charta von Paris für ein neues Europa 1990 bieten dafür wichtige Ausgangspunkte. Die OSZE, muss gestärkt und weiter entwickelt, die gegenwärtige militärische Konfrontation überwunden werden. Denn militärische Konfrontation ist ein Nährboden für Rassismus und Nationalismus, liefert auch eine Begründung für Aufrüstung und Demokratieabbau. Gerade zum 70. Jahrestag der Befreiung Europas vom Faschismus gilt aktueller denn je: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
3.Geltung und Wirksamkeit des Völkerrechts sind neu zu beleben. Weder die Abspaltung des Kosovo von Serbien noch die Sezession der Krim wurden dem gerecht. Es muss endlich für alle gelten: Anwendung und Androhung von Gewalt darf es nicht geben, staatliche Integrität muss gewährleistet werden, politische und wirtschaftliche Sanktionen sind kein Ersatz für eine Politik der Verständigung, der Entspannung und des Friedens. Die gegen Russland verhängten Maßnahmen der EU sind aufzuheben.
4.Schritte zur europäischen Entspannung können und müssen die Autorität der Vereinten Nationen stärken, globale Abrüstung und Gerechtigkeit wiederbeleben. Ein neues Vertrauensverhältnis zu Russland ist so aufzubauen. Der Nahe und Mittlere Osten braucht friedliche Konfliktlösungen geben, der Krieg in Afghanistan muss endlich ein wirkliches Ende haben.
5.Eine militärische Lösung der schweren Krise in der Ukraine darf es und kann nicht geben. Die Ukraine braucht Frieden, Demokratie, Sozialstaatlichkeit und eine Entmachtung der Oligarchen. Das Abkommen Minsk II muss eingehalten, die darin vereinbarte Verfassungsreform von der EU in Abstimmung mit Russland zu begleitet werden: Die Neutralität der Ukraine und neue föderative Staatselemente sind zu gewährleisten, nationalistische „Freiwilligenbataillone“ zu entwaffnen, neofaschistische Organisationen und Propaganda zu verbieten.
6.Unsere europäische Alternative ist ein Kurswechsel in Richtung Demokratie, sozialer Gerechtigkeit, Entspannung und Frieden. So und nur so können eine militärischen Konfrontation von NATO/USA gegen Russland und die Gefahr eines großen Krieges in Europa abgewendet werden. Eine europäische Friedensbewegung ist überfällig: Wir brauchen eine neue Konferenz für Sicherheit und Entspannung – „Helsinki plus 40“ -, die durch zivilgesellschaftliche Akteure, nationale Friedensbewegungen, antifaschistische Organisationen sowie ökologische und soziale Initiativen begleitet und vorangetrieben werden: Im Ergebnis geht es um eine Weltfriedenskonferenz! Das ist die große Aufgabe einer neuen deutschen Ostpolitik für Verständigung, Entspannung und Frieden!
Antisowjetismus und Ultranationalismus als Kit für zerfallende Gesellschaft
Ukraine „dekommunisiert“ sich mit Gesetzen der Zerstörung
Wer die Hymne der russischen Föderation, das ist die Melodie der sowjetischen Hymne mit neuem Text, abspielt, kann jetzt in der Ukraine mit bis zu einem Jahr Freiheitsentzug bestraft werden. Ob bereits das Summen geahndet wird, ist bislang nicht bekannt. Aber wer den „kriminellen Charakter der totalitären kommunistischen und nationalsozialistischen Regime“ öffentlich leugnet, riskiert Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren. Mit einem Gesetzespakt treibt das Kiewer Regime jetzt seine „Dekommunisierung“ voran. Und wenn der Begriff des „sich neu Erfindens“ jemals auf etwas zutraf, dann auf das, was Präsident Poroschenko und die Konzern-Oligarchen mit diesen Gesetzen erreichen wollen: Eine erfundene Ukraine.
Seit Mitte Mai gelten die vier Gesetze mit den Titeln: „Über die Verurteilung des kommunistischen und des national-sozialistischen Regimes in der Ukraine und über das Verbot der Propagierung ihrer Symbole“, „Über den rechtlichen Status und das Gedenken an die Kämpfer für die Unabhängigkeit der Ukraine im 20. Jahrhundert“, „Über den Zugriff auf die Archive der Repressionsorgane des kommunistischen totalitären Regimes 1917/1991“ und „Über das Verewigen des Sieges über den Nazismus im Zweiten Weltkrieg 1939/1945“.
Die Gesetze „verurteilen“ die gesamte sowjetische Geschichte der Ukraine. Dabei hatte der ukrainische sowjetische Unionsstaat zu den Gründungsmitgliedern der UNO. Ab 1991 war er Ausgangsbasis für den neuen kapitalistischen Staat Ukraine. Dem Umsturz der Eigentums- und Produktionsverhältnisse folgte die Umwälzung des Geschichtsbildes. Offenbar halten die Kiewer Machthaber die Zeit für gekommen, das ukrainische geschichtliche Nationalbewusstsein vollständig ultranationalistisch zu prägen. Dieses richtet sich gegen andere Ethnien, gegen demokratische Auffassungen vom Nationalstaat, gegen eine allseitige kritische Geschichtsbetrachtung, gegen eine antikapitalistische Perspektive und insbesondere gegen Kommunisten. Kurz: Der gesetzlich verordnete Geschichtsrevisionismus in der Ukraine ist der ideologische Überbau zur Herrschaft der Konzern-Oligarchen.
Die Hetzjagd auf „Kommunistisches“ schließt ein: Symbole, Flaggen, Denkmäler und Gedenktafeln, Firmennamen, Hymnen… Der Kiewer Stadtrat arbeitet per Beschluss längst daran, bis zum „Unabhängigkeitstag“ am 24. August dieses Jahres von allen Bauwerken im Eigentum der Stadt und in der U-Bahn die sowjetischen Symbole zu entfernen. Nur von diesen ist die Rede, denn Nazi-Symbole erbte die heutige Ukraine nicht aus der Sowjetunion.
Generale und Offiziere für den Frieden
Unterstützung auch aus Österreich
Auch General i.R. Friedrich Hessel, 2000-2002 stellvertretender Generalstabschef der österreichischen Streitkräfte, unterstützt den Aufruf „Soldaten für den Frieden“. Im Interview mit der jungen welt (19.05.2015) zeigt er sich überzeugt, dass es außer ihm „ gerade in Österreich etliche Offiziere gibt, die aufgrund ihrer Erfahrungen mit UN-Einsätzen eine ähnliche Haltung vertreten. Wie in allen Streitkräften gibt es natürlich auch bei uns Offiziere, denen es um größte militärische Stärke geht – das sind in meinen Augen Systemerhalter ohne politischen Weitblick.“
Kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreiung hatten 100 Generale der Nationalen Volksarmee der DDR eindringlich vor Krieg und Kriegsgefahr in Europa gewarnt. Die forcierte Militarisierung Osteuropas, schreiben sie, „ist kein Spiel mit dem Feuer – es ist Spiel mit dem Krieg!“ Und: „Hier beginn bereits ein Verbrechen an der Menschheit“. Hier geht es zum Aufruf und zu Erläuterungen der Initiatoren.