Ostermarsch: Mehr als nur ein bisschen Frieden
Mit „Ein bisschen Frieden“ gewann Nicole 1982 auf dem Höhepunkt der Bewegung gegen den NATO-Raketenbeschluss den European Song Contest. Meine Polemik damals: Es dürfte ein bisschen mehr sein, nämlich Frieden. Heute ist eine stabile Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung gegen Aufrüstung, Auslandseinsätze der Bundeswehr und Krieg – aber Hunderttausende gehen nicht (mehr) auf die Straße und wir haben nicht nur ein bisschen Krieg, sondern Krieg. Die Ostermärsche sind Anstiftung zum Protest gegen diese Politik und sie sind Ermutigung zu gemeinsamer Aktion.
Leben wir in Vorkriegszeiten oder schon im Krieg? Diese Frage beantworten auch Friedensbewegte unterschiedlich. Aber verwandelt nicht außerhalb Europas der weltweite Krieg gegen den Terror fortlaufend immer mehr Staaten in failed states? Und stürzt er nicht ganze Regionen in Chaos und menschliches Elend? In diesem Krieg stehen sich nicht an jeder Front die gleichen Akteure gegenüber und an seinen wechselnden Orten können sich jeweils unterschiedliche Interessen kreuzen – neben globalen Großmachtinteressen auch regionale Ansprüche auf Hegemonie, modernes Raubrittertum und tiefstes Mittelalter, aber es ist ein großer Krieg; er zieht sich vom Nahen und Mittleren Osten an der südlichen Grenze der ehemaligen Sowjetunion nach Zentralasien, erfasst neben Afghanistan auch Pakistan und Iran, vom nordafrikanischen Maghreb dehnt er sich nach Süden aus und durchquert den Kontinent bis ans Horn von Afrika. Und er kehrt nach Europa zurück. Die Ukraine droht, ob als Bürgerkrieg oder in direkteren Interventionen, zum Schauplatz eines Stellvertreterkrieges der die alleinige Vorherrschaft beanspruchenden USA und der noch-Großmacht Russland zu werden. Dieses Szenario provoziert der Beschluss des US-Repräsentantenhauses, die Kiewer Truppen mit modernen Waffen auszustatten „ehe es zu spät ist“, ausgebildet werden sie bereits. Selbst BILD fragte angesichts eines US-Konvois von Panzern und militärischem Gerät, der aktuell 1800 km durch Europa von einem NATO-Manöver in Estland zurück ins „heimische“ Vilseck in der Oberpfalz rollt:„ Was machen Obamas Panzer an Putins Grenze?“ Die Antwort: „Die Nato (will) angesichts der Ukraine-Krise Stärke demonstrieren und ihre Präsenz in der Region untermauern.“ Fotos von US-Soldaten, strahlend umringt von jungen Frauen, GI’s, die kleinen Jungen zeigen, wie eine Panzerkanone funktioniert, wecken Erinnerungen an Bilder vom Einzug der Befreier nach dem II. Weltkrieg. Heute ist Deutschland mitten drin in diesem Vorkrieg resp. Krieg. Kalkar wird zur Zentrale des ferngesteuerten Drohnenkriegs gegen Osten ausgebaut, auch auf unserem Territorium werden Atomwaffen modernisiert statt abgeschafft und von deutschen Rüstungsschmieden aus werden Waffen in alle Welt exportiert. Jede einzelne von ihnen ist Grund und Argument, um Ostern für die gute Sache auf die Straße zu gehen: Für Frieden.
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Zwei-Staaten-Lösung passé oder jetzt dringender denn je?
Am Tag der Wahl in Israel hat die Linksfraktion im Bundestag einen eigenen Antrag eingebracht: Staat Palästina anerkennen – Vollmitgliedschaft Palästinas in der UNO aktiv unterstützen
Die neue israelische Regierung, die vierte unter Ministerpräsident Netanjahu, wird im wesentlichen die alte sein, so viel steht fest. Aber wird sie auch die alte Politik von Diskriminierung in Israel, Krieg statt Diplomatie, Aggression und Belagerungszustand in Gaza, Zersiedelung von Ostjerusalem und den besetzten Gebieten gegenüber den Palästinensern fortsetzen können? In der linken Debatte gibt es zwei Reaktionen auf die Wahlen: Jetzt ist die Zwei-Staaten-Lösung endgültig gescheitert, denn die Rechte hält in Israel selbst das Ruder fest in der Hand - oder das Gegenteil: Die zwei Staaten werden gerade jetzt auf den Weg gebracht, denn die alt-neue israelische Regierung ist international isolierter denn je. Beides, ein gemeinsamer Staat Palästina für Juden und Araber, demokratisch und multikulturell, erscheint auf absehbare Zeit ebenso unrealistisch wie die bereits im Teilungsplan der UNO von 1947 vorgesehenen zwei Staaten. Doch zugunsten der zwei-Staaten-Lösung ist international etwas in Bewegung gekommen. Weltweit haben bislang 135 Staaten Palästina offiziell anerkannt und auch in Europa gehen Schweden, Irland, Großbritannien, Spanien, Frankreich und das Europäische Parlament in diese Richtung.
International sind Eckpunkte einer Zwei-Staaten-Regelung längst ausgehandelt: die Grenze von 1967 mit der Möglichkeit eines Gebietsaustausches, Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates, Verteilung von Wasser und eine Regelung für die Flüchtlingsfrage.
Offen ist, ob in Israel selbst die Friedenskräfte und die oppositionellen Kräfte im Parlament, die Zionistische Union von Herzog und Livni, die linke Meretz-Partei und das arabische Bündnis, dafür Mehrheiten schaffen und verhindern können, dass die israelischen Siedler zu den Waffen greifen. Das wiederum wird deutlich mit beeinflusst von einer internationalen Bewegung für eine zwei-Staaten-Lösung. Möglicher Frieden ist einen – erneuten – Versuch wert.
Hier zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Staat Palästina anerkennen - Vollmitgliedschaft Palästinas in der UNO aktiv unterstützen
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Buchankündigung:
Wolfgang Gehrcke: Rufmord.
Die Antisemitismus-Kampagne gegen links.
Erscheinungstermin April 2015 beim PapyRossa-Verlag
Ukraine – und es knallt richtig in der Debatte
Die Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit der Ukraine, Georgien und Moldau im Bundestag
Wenn die „proukrainische Riesenkoalition“ aus Union, SPD und Grünen auf die LINKE stößt, „knallt es richtig in der Debatte“, so die Beobachtung von n-tv-Redakteur Christian Rothenberg in der Bundestagsdebatte zu den Assoziierungsabkommen am 26. März. Erst musste die Riesenkoalition die Argumente von Andrej Hunko gegen die Abkommen ertragen: Sie seien radikal wirtschaftsliberal, in der Ukraine verarme die Bevölkerung, während die Oligarchen das Bankensystem, die Stromversorgung und die Ölgesellschaften des Landes kontrollierten und sich Privatarmeen hielten, und dann Wolfgang Gehrckes Bezug auf Gorbatschow und das gemeinsame Haus Europa mit genügend Zimmern für alle. „Die Einrichtung des anderen muss uns nicht gefallen und auch nicht die Art, wie er die Feten in seinen Räumen feiert,“ so Gehrcke, wenn wir nur das gemeinsame Haus wollten. Das war zu viel für den CDU-Rechtsaußen Arnold Vaatz, dass die LINKE so zu sprechen wage, wo sie doch nur der „politische Arm des russischen Expansionismus“ sei! Es ging richtig rund. Gehrckes Konter: „Was ich in diesem Parlament wagen kann oder nicht wagen kann, das entscheiden Gott sei Dank nicht Sie, sondern in erster Linie die Wählerinnen und Wähler...Wir sind hier doch nicht in einer Erziehungsanstalt!“ Aber nicht nur Vaatz und die Redner seiner Partei, sondern auch die Abgeordneten von SPD und Grünen haben bei der heutigen Bundestagsdebatte jegliche Sachlichkeit vermissen lassen und sich auf die LINKE eingeschossen oder, wie es der bereits erwähnte Christian Rothenberg von n-tv ausdrückte: „Beim Thema Ukraine gehen auch den im Ausland als nüchtern und besonnen geltenden Politikern in Deutschland die Pferde durch.“
Hier können Sie die vollständigen Debattenbeiträge von Wolfgang Gehrcke und Andrej Hunko nachlesen
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Solidarität mit Ulrich Wilken
„Die Forderung von Ministerpräsident Bouffier nach dem Rücktritt von Ulrich Wilken als stellvertretender Landtagspräsident weisen wir zurück. Im Gegenteil, es ist ehrenwert, sich an der Organisation des friedlichen Protestes gegen die Verelendungspolitik in Südeuropa zu beteiligen, die viele Millionen Menschen ins Elend gedrückt hat. Der Hessische Landtag sollte dieses Engagement seines Vizepräsidenten würdigen", erklären Heidemarie Scheuch-Paschkewitz und Jan Schalauske, Landesvorsitzende der Partei DIE LINKE. Hessen.
Hier zur gesamten Erklärung und zur Rede von Ulrich Wilken im Hessischen Landtag zu den Vorwürfen gegen seine Person
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Veranstaltungen/Termine
Ostermarsch der Potsdamer Friedenskoordination am Samstag, 28. März um 14 Uhr am Brandenburger Tor in Potsdam mit Wolfgang Gehrcke
Ostermarsch Bremen am Samstag, 4. April um 11 Uhr am Ziegenmarkt im Steintor mit Wolfgang Gehrcke als Redner
Veranstaltung "Europa im Zeichen der Ukraine-Krise" am 7. April in Osnabrück mit Wolfgang Gehrcke