Weniger Selbstgerechtigkeit - Kurzintervention in der Mali-Debatte

28.02.2013
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Weniger Selbstgerechtigkeit - Kurzintervention in der Mali-Debatte (Wolfgang Gehrcke)

 

Wenn globaler Gerechtigkeit mehr Raum gegeben wird, wenn mehr davon gesprochen wird, dass die Menschen über die Produkte, die sie herstellen, auch verfügen können müssen, wenn Waffen nicht mehr als Handelsware gelten, dann werden wir alle zusammen weniger selbstgerecht sein und mehr Gerechtigkeit in der Welt verbreiten können.

 

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225. Sitzung des 17. Deutschen Bundestages am 28. Februar 2013
Debatte zu den Anträgen der Bundesregierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte – Mali
Kurzintervention nach der Rede des Abg. Rolf Mützenich (SPD)
(Auszug aus dem Protokoll)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen Sie dann schon erleiden.

(Ingo Gädechens (CDU/CSU): Im wahrsten Sinne des Wortes!)

- Ich weiß, das widerspricht der Haager Landkriegsordnung.

Wenn nicht Kollege Mützenich gesprochen hätte, würde ich gar nicht damit anfangen; aber wir streiten ja immer für das Völkerrecht, und ich weiß, dass Kollege Mützenich mit solchen Fragen ernsthaft umgeht.

Uns wurde Selbstgerechtigkeit vorgehalten.

(Beifall des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) - Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch richtig!)

Ich finde, alle Fraktionen in diesem Hause sollten sich fragen, ob sie nicht in einer gewissen Art und Weise selbstgerecht sind. Wenn ich mir so sicher wäre, dass alles, was wir vorschlagen, sobald es Gesetz würde, sofort zu einer Verbesserung der Situation führte, dann wäre ich selbstgerecht. Ich habe aber meine Zweifel daran, und wir artikulieren diese Zweifel hier.

Wir sind zumindest in der Lage, das auszuschließen, was wir in der praktischen Erfahrung als falsch erkannt haben. Deswegen frage ich Sie: Sehen Sie nicht die Parallelen zu Afghanistan? Auch ich sehe, dass die Menschen in Mali gejubelt haben, als die Islamisten geschlagen worden sind. Das war nach dem Sturz der Taliban aber auch in Afghanistan der Fall, und die Menschen haben dann den Eindruck gewonnen, dass ihr Land besetzt ist.
Ich möchte davor warnen - ich finde das furchtbar -, dass politische Verantwortung in erster Linie immer mit Militär buchstabiert wird.

(Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat hier doch keiner gemacht! - Widerspruch bei der CDU/CSU)

Eine Veränderung der Lage in der Welt müssen wir durch politische Verantwortung erreichen. Wenn globaler Gerechtigkeit mehr Raum gegeben wird, wenn mehr davon gesprochen wird, dass die Menschen über die Produkte, die sie herstellen, auch verfügen können müssen, wenn Waffen nicht mehr als Handelsware gelten, dann werden wir alle zusammen weniger selbstgerecht sein und mehr Gerechtigkeit in der Welt verbreiten können.

Wenn Sie sagen, wir sollen nicht selbstgerecht sein, sage ich Ihnen: Fassen Sie sich an die eigene Nase! Wenn hier keiner selbstgerecht wäre, wäre die deutsche Politik besser. Das ist das, was ich rüberbringen wollte.

Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)