Umfassende Visaliberalisierungen für Menschen in Russland und Osteuropa

27.06.2013
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Rede (zu Protokoll) zum TOP 62 der 250. Sitzung des 17. Deutschen Bundestages am 27. Juni 2013: Beratung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE : Umfassende Visaliberalisierungen für Menschen in Russland und Osteuropa vom 28. März 2012

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Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich bin sehr erfreut, dass wir das Thema Visa-Freiheit mit Russland und Osteuropa hier ganz zum Schluss dieser Legislaturperiode noch einmal besprechen. So ist es mir möglich, meine Bestürzung darüber zum Ausdruck zu bringen, wie wenig wir in dieser Frage, die uns Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses über die Fraktionsgrenzen hinweg so am Herzen liegt, bewegen konnten.

Wir blicken auf vier Jahre zurück, in denen die Welt leider wieder nicht besser geworden ist. Die sozialen Unruhen in den nordafrikanischen Ländern, deren Ursache vor allem in der Ungerechtigkeit zwischen den Menschen lag und liegt. Die aus diesen Protesten hervorgegangenen Bürgerkriege in Libyen, Syrien und, nicht zuletzt als direkte Folge der Bewaffnung Libyens, der in Mali. Von der Situation uns nun schon seit einer oder mehrerer Dekaden begleitenden Konflikte im Nahen Osten, in Afghanistan und im Irak mal ganz zu schweigen.

Einzig rettender Anker in diesen schwierigen Situationen ist und bleibt die Möglichkeit, mit Menschen in diesen und allen anderen Staaten der Welt in Kontakt zu treten, die Konflikte zu besprechen und soziale Probleme in Angriff zu nehmen. Auch wir als Abgeordnete profitieren unendlich von der Möglichkeit solcher Kontakte und der Gespräche mit unseren Kolleginnen und Kollegen weltweit, ohne die die Ausübung unserer Tätigkeit beinah unmöglich wäre. Leider ist dies zwar für uns Abgeordnete noch möglich, für den allergrößten Teil der Menschen in Russland und Osteuropa jedoch ist es fast unmöglich, nach Europa zu reisen, um hier an dem so wichtigen Austausch teilzunehmen. Dabei sind mit den Protesten in den russischen Städten seit den Parlamentswahlen auch die seit langem existierenden Spannungen innerhalb Russlands deutlich geworden. Die Inhaftierungen politischer Aktivistinnen und Aktivisten sind die deutlichsten Zeichen der angespannten Situation. Zur Lösung dieser Probleme braucht es dringend einen zivilgesellschaftlichen Austausch zwischen Russland und Europa!

Und was tun wir? Die Bundesregierung schweigt und nimmt eine zunehmende Verschlechterung der deutsch-russischen Beziehungen in Kauf! Wir brauchen gute Beziehungen zu Russland. Auch um Probleme wie Syrien nach zwei Jahren endlich in den Griff zu bekommen. Und wir wollen, dass unsere politischen Stiftungen in diesen Ländern ungehindert arbeiten können und das Vertrauen der jeweiligen Gesellschaften genießen. Aber warum schweigt die Bundesregierung? Weil ein paar Hardliner in der Unionsfraktion die von Ihnen erfundenen Innen-Gesetzgebungen nicht aufgeben wollen. Das ist keine problemlösungsorientierte Annäherungspolitik, Frau Merkel, sondern eine Probleme schaffende Abschottungspolitik! Und wofür? Des lieben Friedens Willen in der Union. Es ist schon schlimm genug, dass das Bundesverfassungsgericht die Union vor sich hertreiben muss, siehe Homo-Ehe. Aber hier wird um dieses lieben Friedens Willen Millionen von Menschen, die unsere Nachbarn in Europa sind, verboten, sich frei in Europa zu bewegen!

Die Zeiten nach dem Ende des Kalten Krieges, als es sich die westeuropäischen Staaten herausnehmen konnten, die Regeln für die Mobilität innerhalb Europas selber zu bestimmen, sind ein für alle Mal vorbei. Deutschland ist treibende Kraft dabei, dass ganz Europa gegen die Visaliberalisierungsabkommen verstößt. Und unsere Nachbarn reagieren und halten uns den Spiegel vor. Und plötzlich wundern sich die Deutschen, wenn sie bei der Beantragung eines Visums für Russland einen Einkommensnachweis vorlegen müssen.

Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft hat zudem deutlich gemacht, hierbei handelt es sich nicht nur um menschenunwürdiges Handeln, sondern auch um eine Schlechterstellung Deutschlands als Wirtschaftsstandort. Ist das wirklich in ihrem Interesse? Das kann ich mir nicht vorstellen.

Wir appellieren: In welcher Konstellation auch immer dieses Land ab September regiert wird, fassen sie sich alle ein Herz. Nehmen sie die Visaliberalisierung als wichtigen Teil der Außen- und Europapolitik in den Koalitionsvertrag auf. Und noch wichtiger: Handeln sie endlich! Lassen sie uns dieses unschöne letzte Kapitel des Kalten Krieges endlich abschließen.

DIE LINKE jedenfalls wird sich weiter einsetzen und nicht locker lassen für eine Visa-Freiheit mit dieser Region und der ganzen Welt, weil wir glauben, dass dies für eine friedlichere Welt unabdingbar ist.