Auf Friedensmission in Moskau

07.04.2014
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Die deutsche Politik hat einen neuen Typus entdeckt: die „Russland-Versteher“. Einige Zeitungen und Teile der Bundesregierung fallen über sie her; ich identifiziere mich gern mit diesem Begriff. Man muss Russland verstehen wollen, wenn man eine rationale Politik entwickeln will.

 

Reisetagebuch Moskau im April 2014 (1)

7. April 2014 – Die deutsche Politik hat einen neuen Typus entdeckt: die „Russland-Versteher“. Einige Zeitungen und Teile der Bundesregierung fallen über sie her; ich identifiziere mich gern mit diesem Begriff. Man muss Russland verstehen wollen, wenn man eine rationale Politik entwickeln will. Deswegen bin ich nach Moskau gefahren und habe mich mit Kollegen aus dem russischen Parlament, der Staatsduma, sowie mit Vertretern des Außenministeriums der Russischen Föderation verabredet, um mit ihnen darüber zu sprechen, wie man verhindern kann, dass das deutsch-russische Verhältnis wieder so schlecht wird, dass man von Sicherheit in Europa nur sehr schwer sprechen kann.

Für Russland ist die NATO unmittelbar an seinen Grenzen – nicht nur Polen und die baltischen Länder, sondern möglicherweise bald auch die Ukraine und Georgien – nicht akzeptabel. Keiner in Russland wird sich nach den Erfahrungen mit der deutschen Vereinigung noch einmal auf mündliche Verabredungen einlassen. Keiner versteht hier in Moskau, warum eine Debatte über ein föderatives Staatssystem in der Ukraine schädlich sein soll. Keiner ist bereit, weiter hinzunehmen, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Warum, so werde ich gefragt, soll das, was im Kosovo Recht war, auf der Krim Unrecht sein? Warum soll die Öl- und Gasversorgung aus Russland, die über Jahrzehnte gut und verlässlich funktioniert hat, jetzt plötzlich zu einem „Erpressungsinstrument“ mutiert sein? Warum darf ein deutscher Finanzminister einen solch hanebüchenen Unsinn verzapfen und mit seiner Beteuerung im Nachhinein, dass er nicht vergleichen wollte, soll alles gut sein?

Über meine Gespräche, Erlebnisse, Eindrücke werde ich wieder Tagebuch führen und dies hier veröffentlichen. Als einer, der nach Moskau fährt, nicht um Russland zu verurteilen, sondern um Russland zu verstehen.