Frieden leben

31.08.2007
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Zur Verleihung des Aachener Friedenspreises 2007 an die Friedensgemeinde San José de Apartadó, Kolumbien, erklären Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin und Wolfgang Gehrcke, Sprecher für internationale Beziehungen der Fraktion DIE LINKE:


Mit großer Sympathie haben wir die Verleihung des diesjährigen Aachener Friedenspreises an die Friedensgemeinde San José de Apartadó zur Kenntnis genommen. Seit nunmehr zehn Jahren leben die Menschen in San José ihre selbst erklärte Neutralität und Gewaltfreiheit inmitten einer Region, in der es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen von Paramilitärs, regulärem Militär und Guerillagruppen kommt. San José ist ein Symbol der Hoffnung geworden, dass ein Leben in Frieden möglich ist. Und es hat einen hohen Preis dafür gezahlt: 170 Einwohnerinnen und Einwohner sind in den vergangenen zehn Jahren für dieses Engagement ermordet worden; Francisco Puerta, der Bauern-Sprecher der Gemeinde, wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der Ehrung auf offener Straße von Paramilitärs erschossen.

Kolumbien ist heute ebenso weit vom Frieden entfernt wie noch vor Jahren. Der „Plan Colombia“ der kolumbianischen Regierung zur Festigung der Sicherheit und Demokratie und zur Bekämpfung des Drogenanbaus hat das Leben der einfachen Menschen im Lande nicht sicherer gemacht. Die Paramilitärs sind nicht entwaffnet worden, schon gar nicht wurde ihre Macht in Teilen des Landes gebrochen. Im Gegenteil, immer neue Details zu Verstrickungen führender Politiker mit den Paramilitärs bestätigen die Unglaubwürdigkeit der Politik.

Dennoch, die Idee der Friedensgemeinden hat Schule gemacht und ist ein zukunftsträchtiges Entwicklungsmodell. Es gibt bereits 50 Gemeinden, die sich auf diese Weise dem Bürgerkrieg entziehen und unbewaffnete Inseln des Friedens geschaffen haben. Sie alle bedürfen eines besonderen Schutzes gerade auch der internationalen Öffentlichkeit.

Deshalb begrüßen wir es, dass die Preisträger eine offizielle Einladung des Auswärtigen Amtes erhalten haben. Zugleich fordern wir die Bundesregierung auf, aktiver für die Einhaltung der Menschenrechte und für Frieden in Kolumbien einzutreten. Das erfordert unbedingt mehr Druck auf die kolumbianische Regierung, die in dem nun schon 40 Jahre andauernden Konflikt noch immer auf eine militärische Lösung setzt. Dies verlängert das Leiden der Bevölkerung und untergräbt alle auch mit internationaler Unterstützung geförderten Friedensbemühungen und –projekte.

Kolumbien braucht eine echte Friedensperspektive, neue Friedensgespräche unter Einbeziehung der Guerillaorganisationen müssen aufgenommen werden. Aber Frieden ist nur erreichbar, wenn zugleich soziale und demokratische Reformen eingeleitet werden. Die Schwerpunkte bisheriger Entwicklungszusammenarbeit mit Kolumbien müssen einer Revision unterzogen werden. Zivilgesellschaftlich getragene Friedensinitiativen müssen finanziell und politisch wesentlich stärker unterstützt und zum Beispiel die Friedensgemeinden in relevantem Umfang in die Entwicklungszusammenarbeit aufgenommen werden. Das muss Inhalt einer neuen Kolumbien-Politik sein, für die DIE LINKE auch im Deutschen Bundestag aktiv eintritt. Als unmittelbare Maßnahme fordern wir Initiativen der Bundesregierung gegenüber Kolumbien, die die Sicherheit der kolumbianischen Friedensgemeinden und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner erhöhen.

Den Menschen in der Friedensgemeinde San José de Apartadó wünschen wir alles Gute, Kraft und Erfolg für ihre Initiative.