Unrecht überwinden, Frieden sichern

31.03.2012
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Unrecht überwinden, Frieden sichern

Gerecht ist ein eigenständiger, lebensfähiger palästinensischer Staat auf der Grundlage der Grenzen von 1967 mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem. Gerecht ist, für die Freiheit zu kämpfen. Human ist, wenn Israel endlich die Tausenden palästinensischen Gefangenen, die aus politischen Gründen inhaftiert sind, frei lässt. Human ist, wenn friedlich demonstriert werden kann. Ich wünsche mir sehr, dass das eintritt. Ja zu Menschenrechten, Ja zur Meinungsfreiheit, Ja zu politischer Partizipation, Ja zu einem friedlichen Miteinander zum Wohle der gesamten Region.

Zum Tag des Bodens

(es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Palästinenserinnen und Palästinenser haben jegliches Recht auf einen eigenen Staat. Dieses Recht ist auch in vielen Resolutionen der Vereinten Nationen immer aufs Neue unterstrichen worden. Dass die israelische Regierung den Palästinenserinnen und Palästinensern dieses Recht mit Gewalt verweigert, dass das Westjordanland und Gaza immer noch besetzt bzw. abgeriegelt sind, ist eine unhaltbare Situation. Bereits im Teilungsplan der UNO von 1947 war Bildung von zwei selbstständigen, miteinander kooperierenden Staaten vorgesehen: Israel und Palästina. Den Staat Israel gibt es nun schon über 60 Jahre, das palästinensische Territorium ist seit mehr als 40 Jahren von Israel besetzt. Diese Besatzungspolitik muss beendet werden!

Gerecht ist ein eigenständiger, lebensfähiger palästinensischer Staat auf der Grundlage der Grenzen von 1967 mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem. Gerecht ist, für die Freiheit zu kämpfen. Human ist, wenn Israel endlich die Tausenden palästinensischen Gefangenen, die aus politischen Gründen inhaftiert sind, frei lässt. Human ist, wenn friedlich demonstriert werden kann. Ich wünsche mir sehr, dass das eintritt. Ja zu Menschenrechten, Ja zur Meinungsfreiheit, Ja zu politischer Partizipation, Ja zu einem friedlichen Miteinander zum Wohle der gesamten Region. Das fordere ich von allen Akteuren, also auch vom Staat Israel.

Die jetzigen Zustände sind zutiefst ungerecht und inhuman. Die Menschen in Gaza sind von der Umwelt immer noch weitgehend abgeriegelt. Die Strom- und Wasserversorgung in Gaza ist katastrophal. In den so genannten C-Zonen der besetzten Gebiete entscheidet ausschließlich israelisches Militär und israelische Verwaltung. Bescheidene Fortschritte bei der Versorgung der Bevölkerung, wie zum Beispiel der Bau von Schulen und Gemeinschaftshäusern, die Installation von Solaranlagen und Brunnen, werden von der israelischen Besatzungsmacht oftmals mit Abriss bestraft. Das System der Check points lässt es nicht zu, dass sich Menschen in ihrem eigenen Land frei bewegen können. all das führt dazu, dass sich auf alten Hass nur immer wieder neuer Hass auftürmt. Wer wirklich Frieden will, kann so nicht weiter leben.

Mit der Forderung „Frieden“ ist der palästinensische Präsident Mahmud Abbas zu den Vereinten Nationen gegangen. Sie erinnern sich sicherlich: 1988 sprach der erste palästinensische Präsident, Jasser Arafat, vor der Generalversammlung „mit dem Ölzweig in der Hand und dem Pistolenholster am Gürtel“. Die Erfahrungen aus vielen leidvollen Kämpfen, aus großen Opfern sind, dass mit Gewalt keine Lösung in diesem Konflikt erreicht werden konnte. Das palästinensische Volk wehrt sich gewaltfrei gegen die Besatzung und kämpft um eine politische Lösung des Konflikts. Für mich gibt es keinen Widerspruch zwischen dem, was viele jüdische Bürgerinnen und Bürger Israels wollen, und den Wünschen vieler Palästinenserinnen und Palästinenser: sie wollen Frieden, soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Ich bin überzeugt davon, dass ein palästinensischer Staat sich dem Fortschritt, der Demokratie und dem Frieden verpflichten wird. Über Wahlen werden in einem palästinensischen Staat ein freies Parlament, eine politisch handlungsfähige Regierung und eine politische Opposition entstehen. Darüber werden die Palästinenserinnen und Palästinenser selbst entscheiden. Es geht auch um ihr Selbstbestimmungsrecht.

Israel nimmt für sich in Anspruch, die einzige Demokratie im Nahen Osten zu sein. Aber: ein Staat, der andere unterdrückt, der als Besatzungsmacht auf fremden Territorium auftritt, ist selbst nicht frei und verliert tagtäglich an demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten. Viele Bürgerinnen und Bürger Israels demonstrieren gegen den Demokratieabbau durch die Netanjahu-Regierung und gegen die Zerstörung des sozialen Gefüges ihrer Gesellschaft. Wenn in Israel der Kampf um soziale Rechte und Demokratie mit dem Kampf um Frieden und Aussöhnung mit dem palästinensischen Nachbarn zusammen ginge, dann könnte in Israel und in Palästina gemeinsam gekämpft werden. Das ist die Kraft, auf die ich setze: nicht die Staaten, sondern die Menschen werden Veränderungen erreichen!

Ich weiß, dass immer weniger Menschen im Nahen Osten daran glauben, dass es tatsächlich zwei Staaten geben wird. Alle Alternativen aber zur Gründung des palästinensischen Staates sind aus meiner Sicht schlechter. Die jetzigen Zustände dürfen nicht fortdauern. Zu wenig Rechte für große Teile der Bevölkerung sind nicht akzeptabel und der fortwährende Raub von Grund und Boden, von Infrastruktur und Naturressourcen, besonders die Okkupation des Wassers widerspricht internationalem Recht und jeglichem Gerechtigkeitsgefühl. Die israelische Siedlungspolitik muss sofort gestoppt werden. Der Siedlungsbau blockiert zu viele Gesprächsmöglichkeiten.

Liebe Freundinnen und Freunde,
lassen wir uns den Mut nicht rauben, für die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser einzutreten! Deutschland darf seine geschichtliche Schuld gegenüber den Jüdinnen und Juden nicht auf den Rücken der Palästinenserinnen und Palästinenser abtragen. Wer von einem besonderen Verhältnis Deutschlands zu Israel spricht, muss akzeptieren, ob er es will oder nicht, das dies zugleich ein besonderes Verhältnis zu Palästina ist. Deutschland muss in der Europäischen Union dafür eintreten, dass man sich nicht mehr passiv verhält zu all dem, was Palästinenserinnen und Palästinenser angetan wird. Die internationale Staatengemeinschaft hat versagt. Es ist nötig, sich kraftvoll für eine Friedenslösung, für den palästinensischen Staat einzusetzen. Es war ein schwerer Fehler der deutschen Politik, den Gang Palästinas in die UNO nicht aktiv unterstützt zu haben. Mit jedem Tag, an dem der Siedlungsbau weiter geht, mit jedem Tag, an dem die Würde der Menschen mit Füßen getreten wird, mit jedem Tag, an dem Israel in den besetzten Gebieten seine Macht demonstriert, schwindet die Hoffnung auf eine gerechte Lösung.

Ich verstehe sehr gut, dass man am „Tag des Bodens“ zurückblickt, Trauer und Leid empfindet, und ich verstehe auch sehr gut, wenn sich viele Menschen nicht oder nicht mehr ein gutes Miteinander im Nahen Osten vorstellen können. Über den „arabischen Frühling“ hat sich ein Frosthauch ausgebreitet, der die Blüten zu ersticken droht. Es drohen neue gewaltsame Auseinandersetzungen und die Katastrophe eines neuen Krieges. Die Drohungen, gegen den Iran mit Gewalt vorzugehen, und die Vorbereitungen zu einem neuen Krieg müssen aufhören. Ich möchte, dass der Iran keine Atomwaffen besitzen will, und ich möchte, dass Israel seine Atomwaffen abrüstet. Ich möchte, dass Deutschland keine Waffen in den Nahen Osten liefert. Nicht ein neuer Krieg, nicht der Angriff auf den Iran, sondern eine von Atomwaffen freie Zone im Nahen Osten, ein Gewaltverzicht aller Staaten in der Region, wären die politischen Antworten, für die es sich lohnt, einzutreten. Den Palästinenserinnen und Palästinensern ist Unrecht geschehen, ihre Vertreibung muss als Unrecht anerkannt werden. Bis heute fehlen klare Worte des Bedauerns und ein klares Schuldeingeständnis aus Israel. Auch darum geht es am Tag des Bodens. Nur wenn man seine Schuld erkennt und bekennt, öffnet sich ein Weg zur Versöhnung und zu politischen Lösungen. Die Palästinenserinnen und Palästinenser sind nicht allein. Sie haben Freundinnen und Freunde in aller Welt, auch und besonders in Deutschland. Wir, DIE LINKE, wollen dazu beitragen, dass Unrecht überwunden, dass Frieden gesichert und Gewalt beendet wird.