Wolfgang Gehrcke: keine militärische Einmischung, stattdessen diplomatische Initiativen, Aufnahme von Flüchtlingen und humanitäre Hilfe

27.08.2012
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Für die Syrienpolitik der Fraktion DIE LINKE gilt grundsätzlich: Wir fordern Gewaltfreiheit, keine militärische Einmischung von außen, keine ethnische oder religiöse Aufspaltung des Landes, Entmilitarisierung aller Seiten einschließlich des Rückzuges der Armee, Waffenstillstand, Ende des Bürgerkrieges. Wir stehen für strikte Ablehnung jeglicher Waffenlieferungen sowohl an die „Rebellen“ als auch der russischen Lieferungen an die syrische Regierung. Das sind auch die Ziele der syrischen demokratischen Opposition, mit der DIE LINKE zusammenarbeitet.

Deutschland muss seine Grenzen für Flüchtlinge des Bürgerkrieges öffnen und in Europa für die Aufnahme von Flüchtlingen eintreten. Die Bundesrepublik könnte sich ein Beispiel an der syrischen Regierung nehmen, die fast zwei Millionen Flüchtlinge aus dem Irak und einige Hundertausend palästinensische Flüchtlinge, bei nur knapp 21 Millionen Einwohnern Syriens, aufgenommen hatte.Die humanitäre Hilfe muss sofort und ohne Vorbedingungen verstärkt werden. Mit der syrischen Regierung und den Aufständischen ist die Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten direkt auch in umkämpfte Gebiete zu vereinbaren. Deutschland muss Verwundete beider Seiten zur Behandlung in Deutschland aufnehmen.

 

Die Einrichtung einer Flugverbotszone wäre gleichbedeutend mit militärischer Einmischung und der erste Schritt in einen Krieg. Das Beispiel Libyen wird in der arabischen Welt immer stärker als abschreckend beurteilt und abgelehnt. US-Präsident Obama täte gut daran, den Friedensnobelpreis zurückzugeben. Es ist nicht hinnehmbar, dass offensichtlich jeder US-Präsident der letzten Jahre „seinen“ Krieg, wenigstens seine Kriegsdrohungen haben muss, um Wahlen zu gewinnen. Deutschland muss konsequent bei der Haltung bleiben, ein militärisches Eingreifen abzulehnen. Besser gesagt, Deutschland muss zu dieser Haltung zurück kehren. Die Entsendung eines Spionageschiffes und die Rolle Deutschlands bei den „Freunden Syriens“ sind nicht förderlich für eine friedliche Lösung, im Gegenteil.

Notwendig ist aus meiner Sicht stattdessen diplomatisches Engagement - von Damaskus, New York, Washington, Moskau, Peking bis in die europäischen Zentren. Kofi Annan scheint gescheitert zu sein, aber seine Vorschläge waren trotz allem logisch, sinnvoll und richtig. Notwendig ist die Herstellung von Dialogfähigkeit nach allen Seiten und der Verzicht auf den „Regime Change“ als Ziel deutscher Politik gegenüber Syrien. Die Amtszeit des gegenwärtigen Präsidenten Assad endet 2014. Es gibt politische Möglichkeiten für eine Übergangsregierung des demokratischen Wandels.

Die Politik der Bundesregierung ist widersprüchlich und deshalb kraftlos. Der Bundesaußenminister Westerwelle hat vernünftig gehandelt, als er veranlasste, dass sich Deutschland im Weltsicherheitsrat zu einem militärischen Eingreifen in Libyen der Stimme enthalten hat. Westerwelle handelt vernünftig, wenn er militärisches Eingreifen in Syrien ablehnt. Der Rest der Politik der deutschen Regierung passt aber nicht zu diesen Positionen. Wer gerade in dieser Zeit Panzer an Saudi Arabien und an Katar liefern will, ermutigt förmlich zu militärischen Aktionen. Mit der Blockade-Haltung Deutschlands gegen einen eigenständigen, lebensfähigen Palästinensischen Staat beteiligt sich die Regierung an der Verhinderung einer vernünftigen, friedlichen Lösung im Nahen Osten. Es fehlt gerade jetzt die Empfehlung an Israel, die Bereitschaft zur Rückgabe der besetzten syrischen Gebiete anzukündigen, es fehlt eine enge Kooperation mit der libanesischen Regierung und ein vollständiges Rüstungsexportverbot in die Länder des Nahen Ostens.

Nicht nur die Bundesregierung, auch der Bundestag ist gefordert. Nach dem Skandal des Spionageschiffes habe ich eine unverzügliche Sitzung des Auswärtigen Ausschusses gefordert.