Ein Krieg der Reichen gegen die Armen
Auszüge aus der Rede von Wolfgang Gehrcke im Deutschen Bundestag am 9. September 2015
[...] Mir sind dieser Tage immer wieder einige Zeilen von Bertolt Brecht durch den Kopf gegangen. Ich will sie Ihnen nicht ersparen. Brecht schreibt in seinem Gedicht „An die Nachgeborenen“:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
...
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Mahnt uns das? Mahnt uns das nicht, Schweigen über Untaten? - Reden wir doch einmal darüber, dass weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind. 60 Millionen weltweit! Reden wir darüber, dass jeden Tag auf der Erde 57 000 Menschen verhungern. Die Erde wäre reich genug, um alle ernähren zu können. Reden wir darüber, dass durch schlechte Wasserversorgung, auch durch Privatisierungen, jedes Jahr 100 000 Menschen sterben. Fluchtursachen muss man bekämpfen und nicht die Flüchtenden.
[...]
Ich möchte an dieser Stelle mit wirklicher Trauer darauf aufmerksam machen: In seinem letzten Dokument hat Egon Bahr mit dem Willy-Brandt-Kreis der SPD an uns alle appelliert, sich auf eine gemeinsame europäische Friedensordnung zurückzubesinnen. Ich denke, dass man von der Bundesregierung fordern muss: Macht uns die Russen nicht zu Feinden. Nato-Manöver und damit auch deutsche Soldaten an der Westgrenze Russlands, das ist eine unvorstellbar kaputte Politik. In diesem Jahr haben bereits 16 solcher Manöver stattgefunden.
Deutschland muss überhaupt aus dem ganzen Kriegsgetöse aussteigen, denke ich. Hören Sie einmal in die Friedensbewegung hinein. Sie waren ja früher einmal sehr eng mit der Friedensbewegung verbunden; lang ist es her. Die Losung „Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt“ finde ich begründet und beweisbar.
In diesem sehr schönen Gedicht von Bertolt Brecht gibt es einen Rat an uns alle, den ich bitte, zu beherzigen. Brecht schreibt:
Ich wäre gerne auch weise.
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten ...
Soweit Brecht. Die deutschen Außenpolitik sollte weise sein, sich aus dem militärischen Streit der Welt heraushalten, nicht aufrüsten und nicht Soldaten in alle Welt schicken, sondern still und beharrlich für den Frieden arbeiten. Das wäre eine Grundlage der Zusammenarbeit, die ich mit ganzem Herzen bejahen würde.
Zitat des Tages
Außenpolitischer Sprecher der CDU Jürgen Hardt über Wolfgang Gehrcke und den Weltkommunismus
"Dass wir den Weltkommunismus in unsere Überlegungen zur Lösung der Konflikte auf dieser Erde möglicherweise nicht einbeziehen, Herr Gehrcke, werden Sie mir nachsehen. Der Beitrag des Weltkommunismus zum Weltfrieden ist vergleichsweise gering, wenn man ihn daran misst, was die Bundesregierung zu leisten in der Lage ist."
Syriza im September 2015
Syriza rief das Volk zur Abstimmung: „Ja oder Nein“ zum volksfeindlichen Diktat des europäischen sowie des US-Finanz- und Staatskapitals. Die Wähler stimmten mehrheitlich mit „NEIN“. Die griechische Volksabstimmung und ihr Ergebnis waren eine politische Großtat, ein Blitzschlag aus den dunklen Wolken ungleichmäßiger Entwicklung kapitalistischer Länder der EU, ein Wetterleuchten kommender viel größerer Erschütterungen.
Syriza stellte mit der Volksabstimmung indirekt die Machtfrage, ohne im Geringsten auf die wirkliche Machtfrage vorbereitet zu sein. Erhofft wurden eine Milderung der Schuldenlasten und ein glaubhafter Ausweg aus der Wirtschaftskrise. Als Blitz und Donner vorüber waren, beugte sich Syriza mehrheitlich dem Diktat von Europäischer Zentralbank, EU und IWF.
Seltsames ist zu beobachten. Die Einen waren nicht nur berechtigt solidarisch mit Syriza, sie erwarteten geradezu euphorisch umwälzende Ergebnisse dieses ersten Anrennens einer Volksbewegung gegen eine mächtige imperialistische Staatenunion. Eine unkritische Solidarität erzeugt mit der Niederlage eine pessimistische Stimmung.
Die anderen, die sich für Superrevolutionäre hielten, sahen in der Volksbewegung nichts als keinen Sieg verheißende sozialistische Revolution. Sie isolierten sich deshalb selbst, prahlen aber heute, wie sehr sie doch mit ihrer vollständigen Ablehnung der Protestbewegung recht gehabt hätten.
Erinnert sei an eine Beobachtung, die Karl Marx in folgende Worte fasste: „Der Name, unter dem eine Revolution begonnen wird, ist niemals der, den das Banner am Tage des Triumphes trägt. Um überhaupt Aussichten auf Erfolg zu haben, müssen revolutionäre Bewegungen in der modernen Gesellschaft anfangs ihre Fahne von jenen Elementen des Volks ausleihen, die, obwohl in Opposition gegen die bestehende Regierung, sich völlig in Harmonie mit der bestehenden Gesellschaftsordnung befinden. Mit einem Wort, Revolutionen müsse ihre Eintrittskarten zur offiziellen Bühne von den herrschenden Klassen selbst empfangen.“(MEW,Bd. 12,S. 235)
Wir wissen heute nur, dass die griechische Volksabstimmung ein politischer Sieg, aber kein Triumph einer Revolution war, nicht sein konnte. Aber das griechische Volk hat seine Eintrittskarten zur offiziellen Bühne von den herrschenden Klassen selbst empfangen. Und nicht nur das griechische Volk.
S.R.
100 Jahre nach der Zimmerwalder Konferenz
Linke und die Friedensfrage
Die politische Linke, ob innerhalb oder außerhalb von Parteien, war und ist eine entschlossene Friedenskraft. War und ist? Immer? Zu Beginn des 1. Weltkriegs war die erdrückende Mehrheit der einst stolzen deutschen Sozialdemokratie bereit, die Auseinandersetzung mit Reaktion und Kaiserreich bis zum Ende des Krieges zurückzustellen. Ähnliche Strömungen gab es in allen europäischen Linksparteien. Diese Burgfriedenpolitik besiegelte das Scheitern der II. Internationale. Vom 05.-08. September 1915 aber fanden sich im schweizerischen Zimmerwald LinkssozialistInnen unterschiedlicher Richtungen im Kampf gegen den imperialistischen Krieg zusammen - trotz und in Kenntnis ihrer Differenzen.
An diese Erfahrung soll am 04. Oktober in Berlin angeknüpft und ein Beitrag von links geleistet werden zur Stärkung von Friedensbewegungen und zu einem tieferen Verständnis der aktuellen Kriegsgründe und der Gegenkräfte.
04. Oktober 2015 | 10-17 Uhr
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin
Anmeldung und mehr Infos hier:
Das "Parlament" und Russland
Brief von Wolfgang Gehrcke an den Präsidenten des Deutschen Bundestages
Der Leitartikel „Der Putin-Komplex“ von Gerd Koenen in der Ausgabe Nr. 33-34 vom 10. August 2015 mit dem Sonderthema Russland strotzt vor Einseitigkeit, antirussischen Ressentiments und geschichtsrevisionistischer Sprache. Dort heißt es: „Ungleich bedenklicher könnte man es allerdings finden, wenn sich in der politischen Mitte eine weit ausgefächerte Querfront von Egon Bahr über den Strauß-Intimus Winfried Scharnagl bis zur Grünen Antje Vollmer sammelt, die in erstaunlich realitätsblinder Weise der Aggression in der Ukraine mit einem "Neustart der deutsch-russischen Beziehungen, bevor es für Alle und Alles zu spät ist", entgegentreten möchte.“ Selbst vor den Unterzeichnern des Aufrufes „Nicht in unserem Namen“, der unter anderem von den ehemaligen Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Eberhard Diepgen und Manfred Stolpe, dem ehemalige SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel, Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie Alt-Bundespräsident Roman Herzog unterschrieben wurde, macht der Autor nicht Halt und wirft ihnen vor, für eine neue Entspannungspolitik zwischen Europa und Russland einzutreten und auf die neuerliche Kriegsgefahr zwischen West und Ost hinzuweisen
Zum gesamten Brief gelangen Sie hier:
Veranstaltungshinweis
Fest der Linken am 11. und 12.9.2015 in Berlin, Rosa-Luxemburg Platz
Mehr Informationen und Hinweise zum Programm hier




