Auch den Nationalismus in der EU kritisieren

09.05.2014
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Es wäre sehr viel glaubwürdiger, wenn wir nicht nur - zu Recht, wie ich finde - den Nationalismus in Russland kritisierten - viele Töne, die ich aus Russland höre, sind kritikwürdig und müssen kritisiert werden, gerade wenn man selber in Russland ist und dort agiert; von mir stammt der Ausdruck „lupenreiner Demokrat“ nicht -, sondern mit der gleichen Elle auch den Nationalismus in anderen Staaten zum Beispiel in der Europäischen Union messen und in gleicher Schärfe zurückweisen würden. Wir zeigen immer nur auf andere, bevorzugt auf Russland. Das macht uns nicht glaubwürdiger, sondern gibt anderen die Chance, unsere Kritik zurückzuweisen. Ich möchte eine entsprechend veränderte Politik.

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34. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am Freitag, 9. Mai 2014 - Kurzintervention zu Ausführungen des Abgeordneten Wadephul in der Vereinbarten Debatte zu „10 Jahre Osterweiterung der EU“:

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Herr Wadephul, zuerst einmal will ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mich zitiert und sich mit mir auseinandergesetzt haben. Das ist anständiger parlamentarischer Brauch.

Ich will auf Ihre Rede in aller Kürze mit zwei, drei Bemerkungen antworten. Ich ziehe mich nicht darauf zurück, dass ich wahrscheinlich mehr über und gegen den Stalinismus geschrieben habe, als viele andere hier im Hause gelesen haben. Stalinismus ist für mich der Gegensatz zu Sozialismus. Es gibt einen Sozialismus, der nicht mit Gewalt, sondern mit Überzeugung und Umgestaltung arbeitet sowie Kultur hervorbringt. Ich möchte nicht, dass wir mit solch einfachen Zerrbildern - ich bin wahrscheinlich etwas flott in der Geschichte vorangegangen - über bestimmte Auseinandersetzungen hinweggehen.

Ich hätte mich gefreut - das wäre auch glaubwürdiger -, wenn Sie nach Ihrer richtigen Einleitung hinzugefügt hätten, dass sich auch Ihre Fraktion für den Erhalt der sowjetischen Gedenkstätten, die an den 8. Mai und 9. Mai 1945 erinnern, einsetzt. Ich finde es ein schlimmes Zeichen, dass ein Kollege Ihrer Fraktion die unangemessene Petition der Bild-Zeitung signiert und sich dabei hat abbilden lassen. Dazu haben Sie nichts gesagt. Es wäre viel glaubwürdiger, wenn Sie beide Seiten ansprechen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Es wäre sehr viel glaubwürdiger, wenn wir nicht nur - zu Recht, wie ich finde - den Nationalismus in Russland kritisierten - viele Töne, die ich aus Russland höre, sind kritikwürdig und müssen kritisiert werden, gerade wenn man selber in Russland ist und dort agiert; von mir stammt der Ausdruck „lupenreiner Demokrat“ nicht -, sondern mit der gleichen Elle auch den Nationalismus in anderen Staaten zum Beispiel in der Europäischen Union messen und in gleicher Schärfe zurückweisen würden. Wir zeigen immer nur auf andere, bevorzugt auf Russland. Das macht uns nicht glaubwürdiger, sondern gibt anderen die Chance, unsere Kritik zurückzuweisen. Ich möchte eine entsprechend veränderte Politik.

Ich bitte Ihre Fraktion, darüber nachzudenken, ob sie sich nicht einen Ruck geben will. Ich will jetzt niemanden auffordern, zu dem Denkmal hinüberzugehen, an dem heute Kränze niedergelegt werden. Setzen Sie ein Signal, dass Sie an den 8. Mai 1945 erinnern und an dieser großen Rede des Bundespräsidenten von Weizsäcker festhalten! Diese Rede des Bundespräsidenten von Weizsäcker war ein geschichtlicher Sprung, und davon können sich heute viele eine Scheibe abschneiden.

(Beifall bei der LINKEN)