Deeskalation um die Ukraine

26.03.2014
Printer Friendly, PDF & Email

Antrag an den Bundesparteitag der LINKEN

Der Parteitag möge beschließen:

Die große Mehrheit der russischen, ukrainischen und deutschen Bevölkerung will keinen Krieg und keine Eskalation in Europa. Die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation und damit deren Abtrennung von der Ukraine war völkerrechtswidrig. Russland darf den ukrainische Konflikt nicht mit militärischen Drohungen oder gar dem Einsatz von Militär weiter anheizen.
Wir sehen aber auch, welchen Anteil die NATO und die EU an der Zuspitzung der Situation um die Ukraine haben. Die Bejahung der Auflösung des Warschauer Vertrages und die Ablehnung der Auflösung der Nato zur Schaffung einer Sicherheitsstruktur unter Einschluss Russlands war ebenso falsch wie der Bruch des Versprechens im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit danach keine Osterweiterung der Nato vorzunehmen. Die Sicherheitsinteressen Russlands wurden auch durch die Stationierung von amerikanischen Raketen in Tschechien und Polen missachtet. Der Völkerrechtsbruch beim Krieg gegen Jugoslawien bzw. Serbien und die völkerrechtswidrige Abtrennung des Kosovo machen Schule.
Es geht nicht um einen neuen Kalten Krieg, da keine Systemauseinandersetzung stattfindet. Es geht um die Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland, die beide versuchen, verlorenen Einfluss zurück zu gewinnen. Das Gezerre von Russland und der EU an der Ukraine statt der Suche nach einer gemeinsamen Lösung muss beiden Seiten vorgeworfen werden.

 

DIE LINKE schlägt vor:

1. Nur durch eine neue Ost- und Entspannungspolitik können die Voraussetzungen für eine Überwindung der Konfrontation geschaffen werden. Europa braucht ein neues kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das die Nato überwindet und auf Abrüstung zielt.
2. Die Konflikte um die Ukraine können nur durch Verhandlungen gelöst werden. An den Verhandlungen müssen auf internationaler Ebene neben den Ländern des „Budapester Memorandums“ USA, Großbritannien, Russland und Frankreich auch Polen und Deutschland beteiligt werden. Es muss zugesichert werden, dass weder Georgien noch die Ukraine als Mitglieder in die Nato aufgenommen werden. Es wäre zu begrüßen, wenn in den Verfassungen Georgiens und der Ukraine der Verzicht auf eine Mitgliedschaft in Militärbündnissen aufgenommen wird.
3. Russland bleibt aufgefordert, auf militärische Drohungen und erst recht auf die Anwendung von Gewalt in der Ukraine und anderswo zu verzichten. Es darf keine weiteren völkerrechtswidrigen territorialen Anschlüsse geben. Das muss mit einer klaren, positiven Perspektive der Beziehungen der Nato, der EU und Deutschlands zu Russland als einem integralen Bestandteil Europas verbunden werden. Die USA und die Nato müssen auf die Installierung des Raketenabwehrschirms in Europa verzichten. Die Modernisierung der in Deutschland stationierten US-Atomwaffen muss unterbleiben und die Vorhandenen sind abzuziehen.
4. Der Status der Ukraine als Brücke zwischen der EU und Russland ist mit der Perspektive einer Assoziierung und sogar einer Mitgliedschaft der Ukraine in der EU vereinbar, wenn Russland in diese Verhandlungen einbezogen wird und für eine Zustimmung gewonnen werden kann. Die Ukraine darf von beiden Seiten nicht vor die Entscheidung „pro EU“ oder „pro Russland“ gestellt werden.
5. Die verschiedenen Nationalitäten der Ukraine sollen an einer neuen Regierung beteiligt werden, wie es in dem Abkommen vom 21. Februar vereinbart wurde. Das gilt auch für die russische Bevölkerung. Das Verhältnis von Ost- und West-Ukraine muss neu und demokratisch geordnet werden. Eine Föderalisierung der Ukraine muss zur Diskussion gestellt werden. Rechtliche Garantien sollen die Selbstverwaltung absichern. Für die im Mai angesetzten Parlamentswahlen in der Ukraine sind internationale Beobachter einzuladen bzw. anzufordern.
6. Mit der nicht demokratisch legitimierten ukrainischen Übergangsregierung darf es keine Abkommen geben. Die Unterstützung bei der Vorbereitung und Beobachtung demokratischer Wahlen ist geboten. Erst nach der Bildung einer legitimen Regierung, ohne Beteiligung von Faschisten, können Verhandlungen geführt werden. Finanzielle Unterstützung setzt nicht nur demokratische Wahlen, sondern auch die vorherige Heranziehung des Vermögens sämtlicher Oligarchen der Ukraine voraus. Bei Finanzhilfen darf es keine Konditionierung in Richtung Sozialabbau geben.
7. Faschistische Organisationen und bewaffnete Formationen in der Ukraine sind zu verbieten. Waffen dieser Formationen müssen unter Kontrolle der OSZE eingezogen, das staatliche Gewaltmonopol wieder hergestellt werden. Die Gewaltakte im Zusammenhang mit den Maidan-Protesten sind sorgfältig und transparent von einer Internationalen Untersuchungskommission aufzuklären.
8. Die territoriale Integrität, die Souveränität und Unverletzlichkeit der Grenzen müssen wieder gesichert werden. Nur eine gemeinsam vereinbarte Rückkehr zum Völkerrecht bietet die Gewähr für Sicherheit gerade auch in Europa.
9. Die tiefe soziale Spaltung in Europa erhöht die Gefahr von Rassismus, Rechtsextremismus und Nationalismus. DIE LINKE tritt entschieden für einen gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus in Europa ein. Wir wollen eine vertiefte Zusammenarbeit mit der Ukraine, Moldawien, Belarus und anderen osteuropäischen Staaten und kämpfen für eine Sozialunion in der EU. Für DIE LINKE verlaufen die Grenzen nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten, zwischen reich und arm, auch in Europa.

Antragsteller/innen (Stand 25. März 2014):
Wolfgang Gehrcke, Harri Grünberg (Berlin; Delegierter Cuba sí), Claudia Haydt (Delegierte BAG FIP), Jochen Traut (Geraer/Sozialistischer Dialog), Dr. Diether Dehm (Delegierter BAG Linke UnternehmerInnen), Dr. Volker Külow (Delegierter Stadtverband Leipzig), Bernd Friedrich (Delegierter SH, Kreisverband Plön), Carsten Hanke (M-V), Thomas Kachel (Sachsen), Renata Eckhoff (Delegierte KPF), Arne Brix (Delegierter KPF), Klaus Bartl (Delegierter Chemnitz), Torsten Felstehausen (Delegierter Hessen), Waltraud Eisenträger-Tomczuk (Delegierte Hessen), Pia Zimmermann (Niedersachsen), Marianna Schauzu (Delegierte Berlin), Nico Biver (Delegierter Hessen), Ali Al Dailami (Delegierter Hessen, Mitglied PV), Wolfgang Dietrich (Strasburg/Uckermark), Anna Wabel (Delegierte Hessen), Jochen Scholz (Berlin), Klaus Häßner (Delegierter Ilm-Kreis), Walter Mayer (Delegierter Berlin), Hanno Harnisch (Delegierter Prignitz)