Brücken zum Frieden

26.06.2014
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Es ist die Aufgabe von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, miteinander im Gespräch zu bleiben, die Möglichkeiten für Dialog offen zu halten – das haben Sie betont. Ich stimme Ihnen zu. Wer heute Gespräche behindert, behindert politische Lösungen von Konflikten. Es gibt in der Gegenwart nicht zu viel, sondern zu wenig Kommunikation. Die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner kann man sich nicht immer aussuchen. Das gilt für alle Seiten.

Abgeordnete sollten Brückenbauer sein – zwischen den Ländern und auch zwischen unterschiedlichen Überzeugungen. Die „Aufständischen“ in der Ostukraine müssen an den Gesprächen beteiligt werden, gerade wenn die staatliche Einheit der Ukraine erhalten werden soll. Brücken zum Frieden, die brauchen wir heute dringend! Dafür und deshalb danke ich dem Präsidium der Russischen Staatsduma für diese Initiative.

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Beitrag auf dem III. Internationalen Parlamentarischen Forum
Moskau, 26. Juni 2014


Sehr geehrter Herr Präsident Naryschkin,

es ist die Aufgabe von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, miteinander im Gespräch zu bleiben, die Möglichkeiten für Dialog offen zu halten – das haben Sie betont. Ich stimme Ihnen zu. Wer heute Gespräche behindert, behindert politische Lösungen von Konflikten. Es gibt in der Gegenwart nicht zu viel, sondern zu wenig Kommunikation. Die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner kann man sich nicht immer aussuchen. Das gilt für alle Seiten.

Abgeordnete sollten Brückenbauer sein – zwischen den Ländern und auch zwischen unterschiedlichen Überzeugungen. Die „Aufständischen“ in der Ostukraine müssen an den Gesprächen beteiligt werden, gerade wenn die staatliche Einheit der Ukraine erhalten werden soll. Brücken zum Frieden, die brauchen wir heute dringend! Dafür und deshalb danke ich dem Präsidium der Russischen Staatsduma für diese Initiative.

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

mir geht ein Poem des russischen Dichters Jewgeni Jewtuschenko nicht aus dem Kopf. Eine Zeile lautet: „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ Diese Frage hat Generationen von Menschen beschäftigt und ich bin froh, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands die Antwort geben: Nein, die Russen wollen keinen Krieg. Die Menschen in beiden Ländern wollen in Frieden und solidarisch zusammenleben. Noch vor wenigen Jahrzehnten war der 8. Mai in Deutschland nicht als der Jahrestag der Befreiung im Bewusstsein. Es empört und belastet mich zugleich, dass in der offiziellen deutschen Politik die moralische Zurückhaltung gegenüber einem Land, welches im faschistischen Krieg 1941 bis 1945 27 Millionen Menschen verloren hat, nicht zur reden von den Abermillionen an Körper und Seele Verletzten und der barbarischen Zerstörung der Infrastruktur, so wenig entwickelt ist. Angesichts dessen, was Deutsche und ihre Verbündeten in den Ländern der Sowjetunion zu verantworten haben, sollte mehr Sensibilität selbstverständlich sein. Vor diesem Hintergrund kann und muss man auch im Verhältnis zwischen Deutschland und Russland von ‚besonderen Beziehungen‘ sprechen und auf dieser Basis an der Entwicklung einer strategischen Partnerschaft arbeiten.

Ich schlage Ihnen eine gemeinsame deutsch-russische, europäische, internationale Initiative zum 70. Jahrestag der Befreiung Europas vom Faschismus 2015 vor. Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus – das ist heute noch immer aktuell, auch in der Ukraine.

Für die Sicherung des Friedens in Europa und eine friedliche Entwicklung in der Ukraine sehen wir, die LINKE in Deutschland, folgende Punkte:

  1. 1. Alle am Konflikt Beteiligten bleiben aufgefordert, auf militärische Drohungen und erst recht auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten. Auch völkerrechtswidrige territoriale Anschlüsse darf es nicht geben. Der „Anti-Terror-Einsatz“ im Ostteil der Ukraine ist sofort zu stoppen. Die Stationierung von Einheiten der NATO und der Bundeswehr in Nachbarstaaten Russlands ist rückgängig zu machen.

2. Die Konflikte um die Ukraine können nur durch Verhandlungen gelöst werden. Ich begrüße, dass der russische Präsident die Verhandlungsbereitschaft Russlands betont und auch praktische Schritte zur Deeskalation unternommen hat. Es muss verbindlich festgehalten werden, dass weder Georgien noch die Ukraine als Mitglieder in die NATO aufgenommen werden. Die Aussage der Bundesregierung, dass eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine derzeit nicht auf der Tagesordnung stünde, langt nicht aus.

3. Die Ukraine als Brücke zwischen der EU und Russland darf von beiden Seiten nicht vor die Entscheidung "pro EU" oder "pro Russland" gestellt werden. DIE LINKE will die solidarische Zusammenarbeit mit Russland, mit den osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU, mit der Ukraine, Moldawien und Belarus ebenso wie mit Georgien, Aserbaidschan und Armenien. Das ist die Antwort der LINKEN auf die "Osterweiterung" der NATO und die "Politik der östlichen Partnerschaft" der Europäischen Union.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich schlage Ihnen vor, gemeinsam an einer neuen Entspannungspolitik zu arbeiten. Es müssen die Voraussetzungen für eine Überwindung der Konfrontation geschaffen werden: Europa braucht ein neues kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das die NATO überwindet und auf Abrüstung zielt. Eine neue Helsinki-Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist sinnvoll. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) muss gestärkt und ausgebaut werden. Sie könnte der Rahmen für eine neue Helsinki-Konferenz und ein kollektives Sicherheitssystem in Europa sein.