183. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am Donnerstag, 7. Juli 2016
Debatte zum Antrag der Fraktion DIE LINKE
„Die NATO durch ein kollektives System für Frieden und Sicherheit in Europa unter Einschluss Russlands ersetzen“
Drs 18/8656
Vizepräsident Singhammer:
(…) Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b sowie den Zusatzpunkt 4 auf:
9. a)
Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Dr. Alexander S. Neu, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Die NATO durch ein kollektives System für Frieden und Sicherheit in Europa unter Einschluss Russlands ersetzen
Drucksache 18/8656
9. b)
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Keine Verlegung von Bundeswehr-Einheiten nach Litauen
Drucksachen 18/8608, 18/8733
ZP 4
Beratung des Antrags der Abgeordneten Christine Buchholz, Dr. Alexander S. Neu, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Rückholung der Bundeswehreinheiten aus der Türkei
Drucksache 18/9028
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für diese Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Widerspruch erhebt sich keiner. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Kollegen Wolfgang Gehrcke für die Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! 1955 ist die Bundesrepublik Deutschland der NATO beigetreten. 61 Jahre NATO-Mitgliedschaft – es hat noch nie in diesem Zeitraum im Bundestag eine Debatte gegeben: „Wie kann man die NATO ersetzen? Wie kann man sie abschaffen oder überwinden?“, sondern es ist immer nur diskutiert worden: Wie kann man die NATO stärken? Wie kann man rüsten? Wie kann man aufrüsten? Wie kann man NATO-Treue beweisen? – Damit wollen wir Schluss machen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir haben mit unserem Antrag die Debatte eingeleitet, die NATO durch ein ziviles kollektives Sicherheitssystem in Europa zu ersetzen. Wir möchten, dass diese Debatte hier im Bundestag weitergeführt wird, dass sie vor allen Dingen in der Öffentlichkeit geführt wird. Das ist der Sinn unseres Antrags. Ich glaube nicht, dass Sie unserem Antrag zustimmen werden;
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das wird auch nicht in der Öffentlichkeit diskutiert!)
es würde mich schon sehr überraschen.
Aber Sie werden Ihren Kurs ändern, wenn immer mehr Menschen in diesem Land sagen: „NATO ist nicht Sicherheit, sondern Unsicherheit“, wenn immer mehr Menschen sagen: „Wir wollen etwas anderes als die NATO“, wenn die Demonstrationen größer werden.
(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Für welche Menschen sprechen Sie denn?)
Mich wundert ein bisschen, dass Sie nicht einmal auf einige Kolleginnen und Kollegen aus Ihren eigenen Reihen, die bei Ihnen zumindest früher bedeutsam waren, hören. Also, ich bin weiß Gott kein Freund mehr von Gerhard Schröder. Aber das, was er zu Russland sagt, ist vernünftig.
(Niels Annen [SPD]: Keiner „mehr“?)
– Ich war es einmal, ja. – Das, was er zu Russland sagt, finde ich sehr vernünftig. Ich bin kein Freund von Ischinger, obwohl er die Linke an der Sicherheitskonferenz beteiligt hat. Aber er warnt zu Recht.
(Niels Annen [SPD]: Mit dem auch?)
– Nein, mit dem war ich nicht befreundet. – Ich lese das, was Gernot Erler zur Sicherheit sagt. Wir diskutieren nicht in allgemeinen Zeiten über unseren Vorschlag, sondern wir diskutieren in Zeiten, in denen eine tatsächliche, akute Kriegsgefahr vorhanden ist. Und dann muss man zu mutigen, neuen Schritten kommen. Ein mutiger, neuer Schritt wäre, die NATO aufzulösen und eben durch ein solches Sicherheitssystem zu ersetzen. Das ist das, was wir Linke wollen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen Frieden in Europa und außerhalb Europas. Aber wir machen keinen Frieden mit der NATO. Wir waren NATO-Gegner und sind es geblieben. Das unterscheidet uns zum Beispiel von den Grünen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen in der NATO-Politik eine Kurswende. Wir wollen heraus aus der Sackgasse, wir wollen heraus aus Konfrontation, und wir schlagen dem Bundestag vor: Überlegen Sie doch einmal, welche Alternativen Sie sehen, oder wollen Sie immer weiter in die Sackgasse rennen?
(Henning Otte [CDU/CSU]: Welche Sackgasse denn?)
Ich nenne Ihnen ein paar Gründe. Wir können heute das nachholen, was beim Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages versäumt wurde. Der Warschauer Pakt ist aufgelöst. Die NATO muss jetzt folgen.
Lange Zeit galt die NATO in Deutschland – West – als ein Garant von Sicherheit. Das war im Kalten Krieg. Dieses Bild des Garanten für Sicherheit hat die NATO spätestens mit ihrem Krieg gegen Jugoslawien verloren. Das war ein völkerrechtswidriger Krieg, und diesen Krieg verantwortet die NATO.
(Beifall bei der LINKEN)
1999 änderte die NATO in Washington ihre Charta und definiert sich nicht mehr nur oder vorwiegend als Verteidigungsbündnis, sondern als Bündnis zur Durchsetzung der Interessen ihrer Mitgliedstaaten. Das ist offen und vielfältig, was Interessen angeht. Nur unter dem Vorwand, dass es ein Verteidigungsbündnis ist, durfte Deutschland überhaupt der NATO beitreten. Denn das Grundgesetz verbietet die Beteiligung an Angriffskriegen, stellt sie sogar unter Strafe. Wenn also aus einem Verteidigungsbündnis ein Angriffsbündnis geworden ist, darf Deutschland nicht mehr in der NATO verbleiben, sondern muss die NATO verlassen. Das ist eine Logik der Dinge.
(Beifall bei der LINKEN)
Wer heute Ja sagt zur NATO, zu NATO-Einsätzen, sagt Ja zu Kriegen und damit zu Handlungen, die außerhalb des Grundgesetzes stehen.
Die Bundeskanzlerin hat davon gesprochen, dass die Freiheit der Bündniswahl entscheidend ist. Wenn es eine Freiheit der Bündniswahl gibt, muss es auch eine Freiheit geben, die Bündnisse zu verlassen. Sonst hat das Erste keinen Sinn.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Will aber keiner!)
Dazu berufen, das zu entscheiden, wäre der Bundestag. Denken Sie einmal darüber nach!
Die NATO steht im Verdacht, an illegalen Putschen in Europa beteiligt gewesen zu sein. Auch das hat Menschen in Distanz zur NATO gebracht. Ich erinnere mit dem Stichwort „Gladio“ – der Geheimarmee der NATO – an Anschläge in Italien. Ich erinnere an die Aktion Prometheus, an den Obristenputsch in Griechenland. Ich erinnere an solche Einrichtungen wie Stay-behind, also an NATO-Geheimarmeen, deren Existenz oder Nichtexistenz nie offengelegt worden ist. NATO in den einzelnen Ländern bedeutet immer eine latente Putschgefahr.
Die NATO verschlingt ungeheuer hohe finanzielle Mittel. 2015 zum Beispiel beliefen sich die kollektiven Ausgaben auf 905 Milliarden Dollar. Zur Beseitigung von Hunger und extremer Armut in der Welt wurden nur 39 Milliarden bis 54 Milliarden Dollar ausgegeben. Jetzt will die NATO mit der Forderung, dass jedes Land mit Ausgaben in Höhe von 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zur Finanzierung der NATO beitragen soll, in die Steuerkassen greifen. Was Deutschland angeht, entspricht dies einer Steigerung von 35 Milliarden auf 60 Milliarden Euro. Das ist unverantwortlich in einer Zeit, in der in der Welt Hunger, Armut, Vertreibung, Not und Elend herrschen. Ich sage Ihnen: Lassen Sie uns das Geld für die Entwicklungszusammenarbeit, gegen Not und gegen Armut einsetzen. Damit leisten wir mehr für den Frieden in der Welt, als wenn wir die NATO noch weiter aufrüsten.
Keinen Frieden mit der NATO, das ist es, was wir rüberbringen wollen. Wir wollen die NATO ersetzen, und es wäre schön, wenn Sie mitmachen würden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Henning Otte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Henning Otte (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was wir eben aus diesem Hohen Hause von diesem Rednerpult gehört haben, greift die Fundamente unserer Republik an.
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)
Es greift die Fundamente eines erfolgreichen Verteidigungsbündnisses an, und es greift vor allem die Stabilität und den Frieden in Europa und in Deutschland an.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Gehrcke will nur spielen!)
Sie sind mit Ihrer Forderung, die NATO durch ein neues kollektives System zu ersetzen, gar nicht auf den Inhalt Ihres Antrags eingegangen, nämlich die deutschen Soldaten aus der Türkei abzuziehen und keine multinationalen Truppen im Baltikum zu stationieren.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie verhohnepipeln damit die Sorgen der baltischen Staaten, Sie spielen dem IS in die Hände.
(Zurufe von der LINKEN)
Ich kann Ihnen nur sagen: Sie bedienen ein ideologisches Kalkül, das nicht dadurch besser wird, dass Sie lauter werden. Das ist schon sehr verwunderlich nach der Regierungserklärung unserer Bundeskanzlerin mit einer großen Aussprache heute Morgen. Weil Sie kein Gehör finden, weil Sie die Menschen nicht überzeugen, kommen Sie jetzt mit einem neuen Antrag.
(Zuruf von der LINKEN: Sind Sie im Kalten Krieg stehen geblieben?)
Diesen lehnen wir vehement und aus Überzeugung ab.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Es hätte mich gewundert, wenn Sie zustimmen würden! – Zuruf von der LINKEN: Kalter Krieger!)
Würden wir Ihrem Antrag folgen, dann würden wir Instabilität erzeugen. Dahinter steckt offensichtlich ein Kalkül, das seinen Ausdruck auch darin findet, dass Sie ein zerrüttetes Verhältnis zu den Strukturen haben. Wir leben in einem wiedervereinigten Deutschland mit friedlichen Nachbarn. Deutschland geht es gut. All das wollen Sie in Zweifel ziehen, als sei es nicht gut für unser Land und unsere Bürgerinnen und Bürger. Auch heute Morgen war dies so, als Ihre Vorsitzende hier gesprochen hat. Im Grunde genommen bedienen Sie damit eine AfD-Klientel.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Sonst fällt Ihnen ja nichts mehr ein!)
Ich finde sowohl Ihre Zwischenrufe als auch das Lachen, das Sie offensichtlich auf Ihren Lippen tragen, der sicherheitspolitischen Lage und der Sorge der Menschen nicht angemessen. Die Bundeskanzlerin hat heute eine Regierungserklärung zum NATO-Gipfel abgegeben. Sie wollen die NATO ersetzen. Die NATO war eine wichtige Säule für die Wiedervereinigung Deutschlands und ein Pfeiler der Dialogbereitschaft. Die NATO-Russland-Grundakte war ein gutes Modell, ein gutes Medium, um miteinander die großen Probleme dieser Welt zu lösen.
Leider ist diese NATO-Russland-Grundakte einseitig aufgekündigt worden durch die Annexion der Krim. Sie sagen kein einziges Wort zu einem Verstoß gegen das Völkerrecht. Fragen Sie doch einmal die Menschen in der Ukraine, in Polen oder im Baltikum, wie es ihnen geht. Ich kann nur ganz deutlich sagen: Nachdem man die Ukraine von russischer Seite aufgefordert hatte, das atomare Verteidigungsmedium abzuschaffen, hat man die Krim offensichtlich an sich gezogen. Wir glaubten, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man in Europa mit militärischen Mitteln Grenzen verschiebt. Insofern ist es gut, dass wir hier in Deutschland Verantwortung tragen. Wir werden Ihren Antrag heute ablehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Herr Kollege Otte, darf ich kurz unterbrechen? – Das ist eine lebhafte Debatte. Selbstverständlich besteht auch der Wunsch, Zwischenfragen zu stellen. Ich hätte aber die Bitte an diejenigen Kollegen, die den dringenden Wunsch verspüren, eine Zwischenfrage zu stellen, sich zunächst einmal mit ihrem jeweiligen Parlamentarischen Geschäftsführer oder Ihrer Geschäftsführerin ins Benehmen zu setzen und zu prüfen, ob sie diesen Wunsch weiterverfolgen wollen. Herr Kollege Otte, Sie haben das Wort.
Henning Otte (CDU/CSU):
Ich hätte ohnehin eine Frage nicht zugelassen, weil ich eben feststellen musste, dass Sie offensichtlich Ihrer Ideologie entsprechend eine Rede gehalten haben, die auf die Anträge, die Sie hier im Deutschen Bundestag gestellt haben, gar nicht mehr eingegangen ist, sondern ausschließlich Ihre Programmatik abgebildet hat.
Ich komme zum zweiten Antrag, nämlich keine deutschen Soldaten nach Litauen zu verlegen. Es geht hier darum, dass die NATO eine Initiative ergreifen will, multinationale Kräfte in Litauen, in Estland, in Lettland und in Polen zu stationieren, um die Sorgen der Menschen im Baltikum aufzunehmen. Die Sorgen sind darauf begründet, dass an der Grenze massive Truppenbewegungen auf russischer Seite vollzogen werden. Wir alle haben ja das Kalkül der hybriden Kriegsführung in der Ukraine noch in den Ohren und im Sinn. Es geht ausschließlich darum, ein Bataillon zu stationieren, das rotiert und vom Personalumfang der NATO-Russland-Akte entspricht: zwei Kompanien multinational, eine Host-Nation-, also eine einheimische, Kompanie, eine Einsatzkompanie und eine Ausbildungskompanie.
Ich kann nach den Erfahrungen, die wir als friedliche Völkergemeinschaft in der Ukraine machen mussten, nur sagen: Ich halte diese Sorgen für berechtigt, und ich halte es vor allem für verantwortungsvoll und auch notwendig, den baltischen Staaten beizustehen, aus der Überzeugung der Bündnisfähigkeit, auch aus den Erfahrungen Deutschlands, als wir uns Sorgen um unser Land machten, und auch aus Überzeugung für eine friedliebende Zukunft.
Hier bin ich bei Ihrem dritten Antrag, den Sie offensichtlich vergessen hatten hier vorzutragen.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, lesen!)
Darin fordern Sie, wir sollen die deutschen Soldaten aus der Türkei abziehen. Wir machen uns Sorgen über die innenpolitische Lage in der Türkei. Wir sprechen mit Oppositionskräften. Aber ich sage auch ganz deutlich: Wir haben ein übergeordnetes Ziel, nämlich dass wir gemeinsam gegen den unbarmherzigen IS-Terror vorgehen und dass wir gemeinsam militärisch dafür sorgen, dass sich dieses menschenverachtende System dort nicht etabliert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)
Wir haben auch den Anspruch, meine Damen und Herren, dass wir als Parlament unsere Soldatinnen und Soldaten dort besuchen. Das werden wir Ende September, Anfang Oktober wahrnehmen. Wir sind vor allem unserer Ministerin dankbar, dass sie spontan und resolut unsere Soldatinnen und Soldaten besucht hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Und Sie?)
Wir wollen Stabilität und Sicherheit in Ländern erzeugen, damit sie selbst in die Lage versetzt werden, für Sicherheit zu sorgen,
(Zurufe von der LINKEN)
damit sich die Menschen nicht als Flüchtlinge aufmachen müssen, damit sich die Menschen nicht in die Hände von Schlepperbanden begeben. Deswegen ist es gut, dass die NATO einen Einsatz fährt, und zwar zwischen Griechenland und der Türkei, um die Schlepperstrukturen auffliegen zu lassen, um sie auch ein wenig zu zerstören, damit Menschen nicht getrieben werden, sich in illegale Schlepperhände zu begeben.
Meine Damen und Herren, denken Sie immer auch an die Terrorangriffe in der Türkei. Wir stehen ein für Bündnisfähigkeit, für Verlässlichkeit, für Frieden und Freiheit und auch für Menschlichkeit. Deswegen lehnen wir all Ihre Anträge ab.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Niema Movassat [DIE LINKE]: Also so eine unseriöse Rede!)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin für Bündnis 90/Die Grünen.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man Herrn Gehrcke und Herrn Otte hier so zuhört: Ja, das ist ja so wie früher; das ist ja déjà vu.
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es gibt offensichtlich eine Nostalgie zur Linken wie zur Rechten in diesem Haus.
Beginnen wir mit der Nostalgie der Linken: raus aus der NATO, rein ins Vergnügen – das ist so etwas von 80er, dass man dagegen eigentlich gar nichts mehr sagen kann.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Sag doch einmal Deine Position! Alles vergessen? – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wir sind überhaupt nicht nostalgisch!)
Aber eines sollten Sie sich doch klarmachen: Ein Bündnis wie die NATO ist ein Mittel auch gegen nationale Alleingänge.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Um es vielleicht Wolfgang-Gehrcke-gerecht zu formulieren – der erste NATO-Generalsekretär hat das Bündnis einmal so definiert –: to keep the Russians out, to keep the Americans in, and to keep the Germans down. – Wenigstens das Letzte solltest Du doch verstehen, Wolfgang.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Über das Letzte kann man sich ja einigen!)
Es kommt eine andere Geschichte hinzu – hier gleichen sich die Brüder zur Linken und die schwarzen Brüder zur Rechten –, nämlich eine mehr oder weniger klammheimliche Gleichsetzung des heutigen Russlands mit der Sowjetunion. Ich finde, darüber sollte man noch einmal nachdenken. Die alte Sowjetunion hat in ihrem Herrschaftsbereich brutal mit Panzern jeden Versuch der Demokratie niederkartätscht. Aber sie hat nicht die Nachkriegsordnung nach Jalta infrage gestellt.
Was hat Russland gemacht? Es verhält sich anders. Russland hat mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem Vorgehen in der Ostukraine die europäische Sicherheitsarchitektur nach 1990 infrage gestellt.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das stimmt doch nicht, Herr Trittin! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Geschichtsklitterung!)
Russland hat das infrage gestellt, was die Sowjetunion selber vereinbart hat, und hat die eigenen Prinzipien als Garantiemacht des Budapester Abkommens mit Füßen getreten.
(Rainer Arnold [SPD]: Sehr richtig!)
Das ist der Grund, warum wir heute über Rückversicherung reden müssen und auch dementsprechend handeln müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Henning Otte [CDU/CSU]: Da geben wir Ihnen recht! – Zuruf von der LINKEN: Jugoslawien-Krieg!)
Dann gibt es auch die Nostalgie auf der anderen Seite. Morgen beginnt ja der NATO-Gipfel in Warschau. Wenn man sich anschaut, was da vorbereitet ist, dann sieht man: Da will man mit den Mitteln des 20. Jahrhunderts die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen. Herr Stoltenberg formuliert das so: „…wir bewegen uns von der Rückversicherung zur Abschreckung.“ Er hätte auch sagen können: Wir bewegen uns zurück in den Kalten Krieg. – Wolfgang Schäuble will, anders als der Außenminister, sogar zurück zum Harmel Report von 1967. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist so was von 60er; da würde ich Ihnen empfehlen: Schauen Sie sich noch mal Eins, Zwei, Drei von Billy Wilder an. Dann wissen Sie, in welcher Zeit Sie gelandet sind.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Henning Otte [CDU/ CSU]: Jetzt werden Sie klischeehaft!)
Zurück in den Kalten Krieg – das kann doch nicht ernsthaft die Lösung sein.
Die Bundeskanzlerin hat heute Morgen gesagt, dass sie die 25 Milliarden Euro, die sie nicht für die Entwicklungshilfe zur Verfügung stellt, in die Nachrüstung stecken möchte. Gibt es eigentlich einen Nachrüstungsbedarf? Die NATO gibt für Verteidigungsaufgaben 900 Milliarden US-Dollar aus, die Russen 90 Milliarden. Die NATO-Staaten ohne die USA geben dreimal so viel aus wie Russland. Selbst wenn man die Kategorien des Kalten Krieges zugrunde legt, gibt es keinen Nachrüstungsbedarf.
Aber es ist noch viel schlimmer: Das, was da jetzt passiert, geht an den aktuellen Herausforderungen vorbei. Panzer, Herr Otte, taugen nicht zur Bewältigung einer Situation der hybriden Kriegsführung.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Taugen sowieso nichts!)
Staatszerfall bekämpft man doch nicht mit einer Raketenabwehr. Und Terroristen lassen sich übrigens nicht abschrecken, Selbstmordattentäter schon gar nicht. Das alles wird nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern nur zu höheren Geldausgaben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Es droht eine Eskalationsspirale.
Die NATO verspricht, sie wolle Stabilität. Aber das wird es mit einem Ansatz, der sich auf Abschreckung reduziert, nicht geben. Wir brauchen eine glaubwürdige Politik des Dialogs und der Entspannung.
(Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])
Und das hat nichts mit Naivität zu tun. Gerade in schwierigen Zeiten ist Dialogfähigkeit die Grundvoraussetzung für eine kluge Interessenvertretung.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wilfried Lorenz [CDU/CSU]: Das widerspricht dem doch nicht!)
Insofern glaube ich, es wäre klug, an der NATO-Russland-Akte festzuhalten. Das hieße, bei allen Rückversicherungsmaßnahmen keine substanziellen Truppen in Osteuropa zu stationieren. Das ist bei unseren Bündnispartnern im Osten schwer umstritten. Das hieße zum Beispiel, den Einsatz des überflüssig gewordenen Raketenschilds zu stoppen. Das hieße zum Beispiel, sich klar dafür auszusprechen, keine Waffen in Krisenregionen, auch nicht in die Ukraine, zu schicken. Und es hieße, bereit zu sein, endlich die Zusagen in der Entwicklungszusammenarbeit zu erfüllen statt aufzurüsten.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Was sagen Sie den Peschmerga?)
Das hieße, tatsächlich einen Schritt zu machen, um die amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen. Es wäre klug, auch die konventionelle Rüstungskontrolle wiederzubeleben. Nur so, auf einer solchen Basis und im Bündnis der NATO, kann man tatsächlich Frieden und Sicherheit in Europa sichern. Alles andere ist Nostalgie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Jetzt habe ich das so verstanden, dass du uns zustimmst!)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Nächster Redner ist für die SPD der Kollege Niels Annen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Niels Annen (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, es ist mir schwergefallen, aber ich habe mir Ihren Antrag mal genauer angeschaut. Vielleicht sollte man sich die Zeit nehmen, sich bei den ganzen Schaumschlägereien, die Sie hier veranstalten, einmal anzuschauen, was Sie wirklich aufgeschrieben haben. Sie schreiben – Zitat –:
Der entspannungspolitische Aufbruch, der sich 1990 mit dem Ende der Systemkonfrontation … verband, ist vor allem durch das Agieren der NATO-Staaten und der NATO-Administration der globalen Restauration einer militärischen Logik gewichen.
(Zuruf von der LINKEN: Ja!)
Das erinnert mich ein bisschen an Facebook-Posts, die man ab und zu auf seiner Seite findet.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Kluge Posts!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Linken, Sie verlieren kein einziges Wort darüber, wer das Völkerrecht und damit, wie Kollege Trittin zu Recht gesagt hat, die Nachkriegsordnung, auf die man sich ja auch vertraglich verständigt hat, infrage gestellt hat.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Sie spinnen nur an einer Legende! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Was war denn 1990?)
Sie wollen uns und der Öffentlichkeit mit Ihrem Antrag weismachen, dass es sozusagen umgekehrt war, dass es quasi die NATO gewesen sei, die für die gegenwärtigen Spannungen in Europa verantwortlich sei.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr richtig!)
Weil das wirklich absurd ist, habe ich noch eine zweite Textstelle herausgesucht. Ich zitiere:
Von Afghanistan über Irak bis Libyen und der Ukraine übte die kollektive militärische Logik der Kommandostruktur der NATO auf die Bundesrepublik Deutschland regelmäßig einen Druck in Richtung Krieg und militärische Eskalation aus und nicht etwa dem entgegen.
Da fragt man sich – wobei ich, wenn ich mir Sie so anschaue, den Eindruck habe, Sie glauben das wirklich –: Was bitte schön ist eigentlich die NATO-Administration – das klingt ja so ein bisschen, als ob es in Brüssel so eine Art Weißes Haus geben würde –, die diesen Druck ausübt?
Meine Damen und Herren, Sie müssen es nicht richtig finden, dass wir Mitglied dieses Bündnisses sind. Es hat inzwischen auch der Letzte in diesem Haus verstanden, dass Sie aus der NATO austreten und die Organisation auflösen wollen.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr richtig!)
Das können Sie jedes Mal wiederholen. Die Botschaft ist angekommen, aber die Mehrheit ist anderer Meinung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: Trotzdem werden wir es immer wieder sagen!)
Trotzdem, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der Linken, müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen: Es gibt nicht die NATO. Die Mitgliedstaaten bilden die NATO. Es gibt einen demokratischen Willensbildungsprozess.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das sagen Sie mal den USA!)
Ich kann an dieser Stelle natürlich darauf hinweisen – das tue ich übrigens auch sehr gerne –, dass es genau über die Frage der Bewaffnung und der Zurverfügungstellung von Waffen für die ukrainische Armee einen Disput gegeben hat. Das ist übrigens ein Kennzeichen einer demokratischen Diskussionskultur in einem demokratischen Bündnis.
(Dr. Fritz Felgentreu [SPD]: Sehr richtig!)
Ich darf Ihnen ein Geheimnis verraten: Die Position der Bundesregierung, die von meiner Fraktion immer unterstützt worden ist, nämlich keine Waffen zu liefern, sondern auf einen politischen Prozess zu setzen – den Sie übrigens abgelehnt haben –, zu dem auch die Sanktionen gehören, hat sich innerhalb der NATO durchgesetzt. Das könnten Sie ja mal zur Kenntnis nehmen, haben Sie jedoch nicht getan.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Man kann diese Debatte führen. Aber es wäre angemessen gewesen, wie ich finde, die Kräfte – unseren Außenminister und die Bundeskanzlerin, die ich ausdrücklich einschließe –, die sich für die diplomatische Lösung starkgemacht haben, zu unterstützen, statt der gesamten Bundesregierung Kriegstreiberei vorzuwerfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Fraktion, die SPD-Fraktion, hat am Dienstag ein Positionspapier beschlossen, in dem wir den Grundsatz von Rückversicherung, auch Abschreckung, aber auch Dialog betonen. Das sind die Grundelemente der Politik in der NATO. Es ist richtig, dass es im Bündnis sehr unterschiedliche Bedrohungswahrnehmungen gibt. Die muss man nicht immer teilen. Ich halte vieles von dem, was von meinen geschätzten Kolleginnen und Kollegen aus dem Baltikum, manchmal auch in NATO-Foren, wahrscheinlich auch in wenigen Stunden in Warschau gesagt wird, nicht immer für plausibel. Aber klar ist doch: Auch unsere Sicherheit ist durch die Solidarität dieses Bündnisses mit garantiert worden. Das bedeutet doch: Wir müssen eine Haltung entwickeln, Sorgen und Ängste, die ja begründet sind, ernst zu nehmen, sonst wird das gesamte Bündnis nicht funktionieren. Deswegen bekennen wir uns zur Rückversicherung, aber eben auch zu dem Dialogelement; darüber haben wir heute Morgen anlässlich der Regierungserklärung ja schon diskutiert.
Angesichts dessen, was Sie hier vortragen, ist es, wie ich finde, schon der richtige Ort, um darauf hinzuweisen: Sie haben die Dimension dessen, was die russische Politik in den letzten Monaten und Jahren vorangetrieben hat, mit keinem Wort erwähnt, weder in Ihrem Papier noch in Ihren Debattenbeiträgen. Die Mobilisierungsfähigkeit der russischen Armee, etwa die Fähigkeit zur schnellen Verlegung von 30.000 bis 40.000 Soldaten an die Grenze der Ukraine, und Alarmübungen der russischen Armee mit bis zu 100.000 Soldaten
(Henning Otte [CDU/CSU]: Unangemeldet!)
haben Sie mit keinem Wort erwähnt. Das finde ich hochinteressant für eine linke Partei. Auch das, was wir inzwischen hybride Fähigkeiten nennen, inklusive der Einmischung in einen Fall, den wir alle als den Fall des Mädchens Lisa kennen, wird von Ihnen mit keinem Wort erwähnt. Auch die Unterstützung von rechtspopulistischen, antieuropäischen und antidemokratischen Parteien und Bewegungen findet keine Erwähnung. Deswegen frage ich mich, ob wir hier letztendlich noch auf einer rationalen Ebene diskutieren oder nicht.
Ich bin übrigens nach wie vor der festen Überzeugung, dass die NATO, auch wenn nicht alles, was die NATO in den letzten Jahren an Strategien formuliert und an Politik gemacht hat, immer zutreffend war, das einzige Bündnis ist, das nicht nur unsere Sicherheit gewährleistet, sondern es uns auch möglich macht, in einem demokratischen Staatenbund unsere Interessen zu vertreten, ohne dass die alten Ängste und Sorgen vor deutscher Macht oder Übermacht in Europa wieder latent artikuliert werden.
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es! Das ist historisch wichtig!)
Deswegen ist die NATO am Ende auch ein Friedensprojekt.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)
Aber das, Herr Gehrcke, haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen da drüben noch nie verstanden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Der Kollege Ingo Gädechens spricht als Nächster für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ingo Gädechens (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Niels Annen, das ist in der Tat keine rationale Ebene, auf der wir hier diskutieren. Wenn man sich die Mühe macht und sich die Anträge gründlich durchliest – ich vermute, die Kolleginnen und Kollegen von der Linken haben das nicht getan –, stellt man fest, dass es sich wahrlich um keine rationale Ebene handelt. Vielmehr drängt sich mir mehr und mehr der Eindruck auf, dass zum wiederholten Male diese Anträge nur in die linke Fraktion, in das linke Wählerklientel hineinwirken sollen. Sie von der Linken merken ja, dass es hier keine demokratisch legitimierte Mehrheit für Ihre Anträge gibt, und das wird hoffentlich auch in Zukunft so bleiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für mich sieht sinnvolle Oppositionsarbeit wahrlich anders aus. Aber gut, die Fraktion Die Linke möchte darüber diskutieren, dass Bundeswehreinheiten nicht ins Baltikum verlegt werden. Darüber hinaus möchte diese Fraktion einsam und allein so ganz nebenbei die NATO auflösen. Man könnte über diese Anträge schmunzeln, wenn es nicht so traurig wäre.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Aber wirklich!)
Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik ist seit jeher eingebettet in ein System kollektiver Sicherheit. Wir agieren nie alleine, sondern immer im Einklang mit unseren Partnern. Wir organisieren unsere Sicherheit in einem gewachsenen Vertrauensverhältnis mit unseren Verbündeten in Europa und im transatlantischen Bündnis. Dieses Bündnis, welches Sie auflösen möchten, ist viel mehr als eine reine militärische Partnerschaft. Es ist eine Wertegemeinschaft, ein Pakt freier Staaten, von Demokratien, die an Rechtsstaatlichkeit und die Unverletzlichkeit der Grenzen souveräner Staaten glauben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Ich sage nur Türkei! Tolle Demokratie! Sagen Sie mal was zur Türkei!)
Anhand dieser Beschreibung sollte es Ihnen einleuchten, dass mit einem wie auch immer gearteten Bündnis mit einem Staat, der sich um diese Prinzipien nicht schert, kein System kollektiver Sicherheit aufgebaut werden kann.
(Zuruf der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])
Ich glaube, jeder hier im Plenum – das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner deutlich gemacht – würde sich eine Entspannung des Verhältnisses zwischen Russland und dem Westen wünschen. Eine Partnerschaft mit Russland und ein konstruktives Verhältnis sind wichtiger denn je.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Ball liegt aber im Feld der Russen und nicht auf unserer Seite.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Immer falsch!)
Wir können und werden unsere Prinzipien nicht über Bord werfen. Ich kann daher die Russland- und Putin-Versteher in der Fraktion Die Linke nicht verstehen. Sie sollten mal ihre sehr selektive Wahrnehmung dessen, was gerade in Osteuropa vonstattengeht, ernsthaft überprüfen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Und das, was in der Türkei vonstattengeht!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, was mich an diesen Anträgen richtig ärgert, ist, wie hier ideologisch verbrämt Fakten und Tatsachen nach Belieben verdreht werden, und zwar so lange, bis es endlich in Ihre linke Weltanschauung passt. Die in Ihren Anträgen formulierten einseitigen Behauptungen sind so abenteuerlich und grotesk, dass dies nicht nur eine Beleidigung für das deutsche Parlament darstellt, sondern auch für die deutschen Soldatinnen und Soldaten, die ihren Dienst für unser Land und damit auch für Sie verrichten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)
Man muss schon sehr in seinem eigenen ideologischen Saft schmoren, um auf solch abstruse Ideen zu kommen, dass man der NATO und der Bundeswehr unterstellt, sie seien an allem Grundübel der Welt schuld, würden Völkerrecht brechen und für eine Eskalation in Osteuropa sorgen.
(Zuruf von der LINKEN: Tun sie doch!)
Genauso abwegig sind Ihre daraus abgeleiteten Forderungen, die nichts anderes bedeuten, als einseitig die NATO zu verlassen.
Es ist aus gutem Grund – auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte – deutsche Staatsräson, keine Sonderwege zu beschreiten. Wir agieren nicht allein – ich sage es noch einmal –, sondern stets mit unseren Verbündeten, mit unseren Partnern in einem Bündnis. In einem Bündnis hat man nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Die Linke scheint das allerdings nicht zu begreifen.
Meine Damen und Herren, wie eingangs gesagt, halte ich diese Debatte zu den Anträgen der Linken für überflüssig und für eine Verschwendung wertvoller Debattenzeit. Es ist nicht an der Union, den ideologisch aufgeladenen Abgeordneten der Linken im Plenum Nachhilfe in Außen- und Sicherheitspolitik zu geben.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Aber wir sind dafür immer dankbar!)
Ich würde es ja tun, wenn ich die Hoffnung hätte, dass gute Argumente bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fielen.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Dann müssen Sie mal kommen! Wir warten darauf!)
Bei Ihnen sehe ich sicherheits- und außenpolitisch nur Wüste; da wächst kein vernünftiges Pflänzchen. In diesem Sinne werden wir die Anträge auch ablehnen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Nächster Redner ist Kollege Fritz Felgentreu von der SPD.
(Beifall bei der SPD)
Dr. Fritz Felgentreu (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Diskussionen über die Rolle der NATO im Baltikum höre ich oft die Frage – ich glaube, bei der Aussprache zur Regierungserklärung heute Morgen hat sie auch Frau Wagenknecht gestellt –: Glauben Sie denn ernsthaft, dass Russland die NATO angreifen will? Diese Frage beruht auf einem großen Missverständnis; denn seriöse Verteidigungspolitik – im Unterschied auch zur Außenpolitik – fragt erst einmal nicht nach Absichten. Absichten können sich ändern. Verteidigungspolitik fragt vielmehr nach Fähigkeiten. Es sind die Fähigkeiten, anhand derer wir potenzielle Bedrohungen abschätzen.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Es wird nach beidem gefragt!)
Wenn wir deshalb fragen „Müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Russland das Baltikum angreifen kann?“, müssen wir die Antwort geben: Ja, so ist es.
Die Armee der Russländischen Föderation hat mehrfach in großen Manövern geübt, Truppen mit einer Stärke von bis zu 100.000 Soldaten schnell zum Einsatz zu bringen, und sie hat das auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu Litauen getan. Und Russland hat in der Ukraine gezeigt, dass es bereit ist, militärische Gewalt einzusetzen, um seine politischen Ziele zu erreichen, auch unter Verletzung von Verträgen, die es selber unterzeichnet hat.
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Das sind schlichte Tatsachen, Tatsachen, die dazu führen, dass wir die militärische Bedrohung des Baltikums heute seriöserweise anders beurteilen müssen als vor fünf Jahren.
Die NATO hat auf diese veränderte Bedrohung maß- voll, aber entschieden reagiert. Sie hat die sogenannte Speerspitze
(Zuruf von der LINKEN: Speerspitze!)
aufgebaut, eine schnell über weite Strecken verlegbare Kampfeinheit von 5.000 Mann. Sie führt Manöver durch, um die Einsatzbereitschaft der Bündnisarmeen zu verbessern, und sie wird auf dem Warschauer Gipfel beschließen, dass NATO-Truppen in der Stärke von 4 Bataillonen, also etwa 4.000 Soldaten rotierend – also keines davon dauerhaft –, im Baltikum Präsenz zeigen werden.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ist doch ein Trick!)
Diese Maßnahmen verletzen nicht den Grundlagenvertrag, der die Beziehungen der NATO zu Russland definiert.
(Zuruf von der LINKEN: Allerdings!)
In ihrem Gesamtumfang entsprechen sie noch nicht einmal ansatzweise der Truppenstärke und der Kampfkraft der Russländischen Armee in der Region. Aber zugleich lassen sie keine Zweifel mehr daran zu, dass ein Angriff auf das Baltikum auch ein Angriff auf das ganze Bündnis wäre. So erfüllen sie ihren verteidigungspolitischen Zweck, nämlich Rückversicherung der Bündnispartner und Abschreckung einer potenziellen Bedrohung. Ist das jetzt eine Eskalation, wie die Linke in ihrem Antrag schreibt? Jedenfalls ist es aus verteidigungspolitischer Sicht das Minimum dessen, was nötig ist, damit in einer gefährlicher gewordenen Welt die Menschen im Baltikum darauf vertrauen können, dass ihr Bündnis sie auch wirklich schützt.
Die Linke fordert nun, dass sich Deutschland an dieser Gemeinschaftsaufgabe nicht beteiligen soll. Ihr Hauptargument in der Begründung ihres Antrags ist die historische Verantwortung Deutschlands für den Überfall auf die Sowjetunion vor 75 Jahren.
(Zuruf von der LINKEN: Auch!)
Meine Damen und Herren, ich kann die Forderung, dass wir sensibel mit der historischen Erfahrung der ehemaligen Sowjetunion umgehen, durchaus nachvollziehen. Wer Russland kennt, weiß, wie viel Raum die Erinnerung an den sogenannten Großen Vaterländischen Krieg in den Herzen der Menschen einnimmt. Auch deshalb hat die SPD-Fraktion die Bundesregierung immer darin unterstützt, am NATO-Russland-Grundlagenvertrag festzuhalten. Wir haben eine klare Haltung gegenüber der aggressiven Politik Moskaus einerseits, aber wir wollen diese klare Haltung auch immer mit der Suche nach Dialog, Vertrauensbildung und Abrüstung verbinden.
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und der Krieg fand auf russischem, ukrainischem und belarussischem Boden statt!)
Es stimmt doch, liebe Genossinnen und Genossen – – Liebe Kolleginnen und Kollegen – jetzt ist die Parteitagsrhetorik mit mir durchgegangen –, es stimmt doch, die Menschen in Russland, Weißrussland und der Ukraine sind von ihren historischen Erfahrungen geprägt.
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)
Aber das Gleiche gilt doch auch für die Menschen in Polen, Litauen, Lettland und Estland.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, klar!)
Die Menschen dort haben auch die Vorgeschichte des Überfalls auf die Sowjetunion nicht vergessen. Sie erinnern sich nur zu gut an den Hitler-Stalin-Pakt, mit dem Deutschland ihre Großeltern und Urgroßeltern 1939 dem sowjetischen Imperialismus ausgeliefert hat.
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)
Nichts beunruhigt die Menschen dort mehr als die Vorstellung, dass sich Deutschland und Russland über ihre Köpfe hinweg die Hände reichen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sensibel mit diesen historischen Erfahrungen umzugehen, bedeutet deshalb auch, die Sorgen der kleineren Länder ernst zu nehmen, über deren Interessen wir uns im letzten Jahrhundert brutal und kaltschnäuzig hinweggesetzt haben.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Deswegen müssen wir aber keine Truppen schicken!)
Dazu sind wir Deutschen umso mehr verpflichtet, weil wir heute mit ihnen verbündet sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)
Ich komme zum Schluss. Nicht nur aus verteidigungspolitischer Vernunft, sondern auch aus historischer Verantwortung ist es richtig, dass sich Deutschland an den geplanten Maßnahmen der NATO beteiligt. Zur guten Tradition deutscher Ostpolitik gehörte neben Dialog und Vertrauensbildung auch immer das unverrückbare Bekenntnis zum westlichen Bündnis. Die Bundesrepublik hat deutschen Sonderwegen ein für alle Mal abgeschworen. Dabei soll es auch bleiben.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Schlussredner in dieser Aussprache ist der Kollege Wilfried Lorenz für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wilfried Lorenz (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf den Tribünen! Das, was ich zu den Anträgen zu sagen haben, kann ich – ich muss ehrlich sagen, dass ich da immer noch ein bisschen unter dem Eindruck der Rede der Fraktionsvorsitzenden der Linken stehe –
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Kann nie schaden!)
eigentlich relativ schnell zusammenfassen. Insofern nur so viel zu den Anträgen: An Absurdität sind diese Texte, die in einer langen Reihe unsäglicher Elaborate stehen, kaum noch zu überbieten. Das Gleiche gilt auch für die heutige Rede der Fraktionsvorsitzenden der Linken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Arnold [SPD])
Was hat die Linke nicht schon alles gefordert? Ablehnung von Einsätzen generell – diese werden jetzt zum Teil sogar gerichtlich angefochten –, dann die Abschaffung der Bundeswehr und jetzt noch die Abschaffung der NATO. Als ob man ein Wertebündnis, in dem sich Staaten für Frieden, Freiheit und Demokratie zusammengeschlossen haben, so einfach wegwischen könnte.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Wahnsinn!)
Die NATO ist eben mehr als nur ein Verteidigungsbündnis!
Kann man eigentlich weiter entfernt sein von der Realität als die Autoren dieser drei Anträge, weiter entfernt sein von den immer komplexeren sicherheitspolitischen Bedrohungen, denen sich die internationale Staatengemeinschaft insgesamt und damit auch Deutschland stellen muss? Die Antwort ist für uns ziemlich klar: Natürlich nein. Politik beginnt nun einmal mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Davon sind Sie, Kolleginnen und Kollegen der Linken, Lichtjahre entfernt.
Wo stehen wir wirklich? Wir haben es in Mittel- und Osteuropa mit einer konkreten Gefährdungslage zu tun, die viele in ihrer Dimension an Zeiten des letzten Jahrhunderts erinnert. Zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation – auch daran darf man einmal erinnern – kam es im europäischen Raum nicht zu militärischen Auseinandersetzungen.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, Gott sei Dank! Hätten wir nicht überlebt!)
Glaubwürdige Abschreckung und das Gleichgewicht der Kräfte taten ihre Wirkung. Heute werden Grenzen verletzt und Souveränitätsfragen einfach beiseitegeschoben.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Da ist die NATO beispielgebend!)
Russland hat sich völkerrechtswidrig der Krim bemächtigt und eine Maschinerie hybrider Kriegsführung in noch nie dagewesenem Ausmaß in Gang gesetzt. Der Machtanspruch des Kreml, bemäntelt als Schutzanspruch, der sich auf alle russischen Landsleute über das Baltikum hinaus bis hin zu deutschstämmigen Aussiedlern bei uns erstreckt, ist noch wesentlich weniger hinzunehmen; denn dieser Anspruch birgt weiteres Gefahrenpotenzial.
Bei meiner Reise nach Litauen vor nicht allzu langer Zeit, im Juni, konnte ich mich selbst davon überzeugen, dass sich die Menschen vor Ort massiv bedroht fühlen. Sie haben mit Blick auf die Grenze zu Kaliningrad auch allen Grund dazu. Es wird ja oft gesagt, Litauen habe keine Grenze zu Russland. Das mag zwar auf den südlichen Teil zutreffen, aber es hat eine Grenze zu Kaliningrad. Dazu Folgendes:
Erstens. Dort befindet sich das größte russische Militärlager, und auf dem Luft- und Seeweg kann Russland in kürzester Zeit einen Personalaufwuchs durchführen, und dies wird auch permanent geübt.
Zweitens. Der Kreml hat in Kaliningrad schon vor zwei Jahren mittelstreckenfähige Iskander-Raketen stationiert. Das ist, wie wir finden, ein eindeutig aggressiver Akt, der dem INF-Vertrag zuwiderlaufen dürfte.
Drittens. Moskau führt – das ist schon gesagt worden – großflächig angelegte Manöver an der russischen Westgrenze durch und meldet diese nicht, wie vertraglich geregelt, bei der OSZE an. Das heißt, nicht Deutschland und nicht die NATO sind Aggressoren, von denen eine Bedrohung ausgeht. Ich finde, die chronische Wirklichkeitsverquasung bei den Kollegen der Linken ist einfach erschreckend.
Die baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien haben sich wegen der Erfahrungen zu Sowjetzeiten freiwillig der NATO angeschlossen. Jetzt vertrauen diese Länder natürlich auf ihre Partner in der Allianz, so wie sich die Bundesrepublik Deutschland, wir also, seit Jahrzehnten auf die NATO verlassen konnte – mit all den Vorteilen, die wir haben: Frieden, Freiheit, Wohlstand.
Auch souveräne Staaten wie Litauen, die dem NATO-Bündnis beigetreten sind, haben natürlich das Recht, den Schutz ihrer Partner zu erbitten. Warum sollte gerade Deutschland als Bündnispartner nicht helfen, wenn wir darum gebeten werden? Dazu sind wir, nebenbei bemerkt, gemäß dem NATO-Vertrag verpflichtet, aber wir sind aufgrund unserer eigenen Geschichte auch moralisch dazu verpflichtet. Die gleiche Bündnistreue lässt Deutschland auch der Türkei zuteilwerden.
Der Warschauer Gipfel wird am Wochenende die rotierende Aufstellung multinationaler Bataillone in Estland, Litauen, Lettland und Polen beschließen. Diese verstärkte Präsenz des Bündnisses haben die genannten Staaten seit langem und mit immer deutlicherem Nachdruck eingefordert. Kollegen der Linken, finden Sie sich endlich mit den Realitäten ab
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Nein, mit diesen nie!)
– Sie urteilen ja schon, bevor Sie zugehört haben; das ist eine neue Logik bei Ihnen –:
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Erstens. Die Bundeswehr ist fest verankert in unserer Gesellschaft.
Zweitens. Die Soldatinnen und Soldaten und die Einsätze der Bundeswehr im Rahmen der Bündnisse und nicht zuletzt gegen den IS-Terror finden breite Unterstützung in der deutschen Bevölkerung.
(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Eben nicht!)
Drittens. Die Menschen haben erkannt, wie ernst die Lage ist.
Nur zur Erinnerung sei einfach einmal gesagt: Seit 26 Jahren ist Deutschland wiedervereint. Die DDR existiert nicht mehr. Es gibt kein kapitalistisches System, das Sie unterwandern müssten, geschweige könnten; denn die große Mehrheit der Deutschen denkt und wählt freiheitlich-demokratisch. Was Sie hingegen fordern, bringt unserem Land nur Unsicherheit, nämlich die Auflösung der Strukturen, die die Sicherheit Deutschlands schon viele Jahre zuverlässig garantiert haben.
Ich komme zum Schluss: Solange Aggressoren nur durch glaubwürdige Abschreckung in ihrem Expansionsdrang gestoppt werden können, brauchen wir die NATO in der jetzigen Form.
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Kollege Lorenz, denken Sie an die vereinbarte Redezeit.
Wilfried Lorenz (CDU/CSU):
Ja. – Herr Gehrcke, jetzt auch an Sie persönlich: Erst wenn wir in einer Welt leben, in der es keine völkerrechtswidrigen Annexionen wie die der Krim mehr gibt und niemand mehr mit Waffen oder Terror Staaten bedroht und Menschen nach dem Leben trachtet, brauchen wir keine Verteidigungsbündnisse mehr. So und nicht anders sind die Zusammenhänge.
Mehr gibt es zu Ihren absurden Anträgen eigentlich nicht zu sagen.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Andrej Hunko [DIE LINKE]: Das gibt mir Hoffnung!)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Damit schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/8656 mit dem Titel „Die NATO durch ein kollektives System für Frieden und Sicherheit in Europa unter Einschluss Russlands ersetzen“. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist damit mit den Stimmen von CDU/ CSU und SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt.
Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 9 b: Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Keine Verlegung von Bundeswehr-Einheiten nach Litauen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/8733, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/8608 abzulehnen. Wer für diese Beschlussempfehlung des Ausschusses stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung des Ausschusses ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen.
Wir kommen jetzt zum Zusatzpunkt 4. Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/9028 mit dem Titel „Rückholung der Bundeswehreinheiten aus der Türkei“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und mit einer Stimme von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und bei sonstiger Enthaltung der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.