24.11.2010 - Kurzintervention: Kritische Reflextion zu Afghanistan und der Sowjetunion

24.11.2010
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Alles gut finden was Russland macht (Wolfgang Gehrcke)



I.9) Beschlussempfehlung u Bericht (8. A)
hier: Einzelplan 05 - Auswärtiges Amt
- Drucksache 17/3505, 17/3523 -

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Gehrcke.


Herr Wellmann, Sie sind selber schuld, dass ich jetzt alles erklären muss. Sie hätten es anders haben können. Ich fand das schon ein bisschen paradox. Ich gebe zu, dass ich lange gebraucht habe, um mich davon zu lösen, alles gut zu finden, was Russland macht bzw. die Sowjetunion gemacht hat. Dass Sie mir jetzt empfehlen, dass ich alles gut finden soll, was Russland heute zur NATO sagt, finde ich ein bisschen unhistorisch.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Akzeptieren Sie: Es gibt hier Bewegung. Da Sie jetzt alles begrüßen, was die NATO macht, kann ich Ihnen Folgendes empfehlen: Fangen Sie einmal an, ein bisschen kritisch nachzudenken. Dann lösen auch Sie sich davon und werden auch Sie nicht alles gut finden, was Russland macht. Hier kann man sich ja bewegen. Ähnliches gilt in Bezug auf Afghanistan. Ich finde es immer bemerkenswert, wenn die falschen Argumente, die ich gebraucht habe, heute von anderen Seiten wiederholt werden. Man kann geschichtlich nicht alles gleichsetzen; das ist völlig klar. Ich kenne die Argumente von früher, als auch ich leider argumentiert habe:

Die Sowjetunion ist in Afghanistan einmarschiert, um das Mittelalter zu überwinden. – Völlig falsch! Die Sowjetunion ist einmarschiert, um die Menschen dort zu befreien. – Völlig falsch! Die Sowjetunion ist einmarschiert, um die Frauen in Afghanistan zu befreien. – Völlig falsch! Es waren imperiale Gründe. Ich finde, man sollte heute nicht den gleichen Unsinn seitenverkehrt wiederholen. Wenn man das tut, dann hat man aus der Geschichte nun wirklich überhaupt nichts gelernt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir alle sollten so couragiert sein, etwas aus der Geschichte – auch aus der eigenen – zu lernen. Letzter Punkt: Man kann an Herrn Modrow, der Ministerpräsident der DDR war, gewiss viel Kritik üben. Er weiß, dass das auch in unserer Partei der Fall ist. Er hat aber seinen Beitrag dazu geleistet, dass die Vereinigung Deutschlands friedfertig und nicht mit viel Gewalt verlaufen ist. Ich finde, auch Ihre Partei müsste sich einmal einen Ruck geben, das auch hier im Parlament zu würdigen und zu sagen, dass sie das bei allen Differenzen anerkennt. Der Kalte Krieg ist vorbei, die DDR gibt es nicht mehr – man kann zu einem anderen Umgang miteinander kommen.

(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Da soll man Sie auch noch loben! –
Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Die haben so viele Menschen auf dem Gewissen!)

Sie haben das nicht geschafft; aber es war ein bisschen erheiternd und ermunternd, hier wieder einmal Antikommunismus pur zu erleben. Ich habe das, ehrlich gesagt, schon vermisst, weil es dazu so lange nicht gekommen ist.

Schönen Dank für Ihren Beitrag.
(Beifall bei der LINKEN)