Deutschland braucht eine neue Ostpolitik

10.05.2014
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Während wir hier zusammen sitzen und beraten, während draußen das Leben fast normal weitergeht, ist in einem anderen Teil Europas, ist die Ukraine in einem Bürgerkrieg und daraus kann ein großer europäischer Krieg werden. Das ist die Bewährungsprobe für die Partei DIE LINKE. Wir müssen diesem Krieg mit allem, was wir können, Widerstand entgegen setzen. Hier, wo wir uns klar werden über unsere Politik, über das, was in der Friedensbewegung diskutiert wird und in Auseinandersetzung mit dem, was auch in unserem Land losgebrochen wird. Vier Punkte stehen für mich jetzt ganz aktuell im Vordergrund und da interessieren mich kleinkarierte Debatten und Streits in unserer Partei überhaupt nicht, denn es gilt einen Krieg zu verhindern.

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Berliner Parteitag, 9. bis 11. Mai 2014

Wolfgang Gehrcke in der strukturierten Debatte zu den Themen Europwahl, Ukraine und TTIP am 10. Mai 2014

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich weiß nicht, wie es euch geht, mir ist sehr unheimlich. Während wir hier zusammen sitzen und beraten, während draußen das Leben fast normal weitergeht, ist in einem anderen Teil Europas, ist die Ukraine in einem Bürgerkrieg und daraus kann ein großer europäischer Krieg werden. Das ist die Bewährungsprobe für die Partei DIE LINKE. Wir müssen diesem Krieg mit allem, was wir können, Widerstand entgegen setzen. Hier, wo wir uns klar werden über unsere Politik, über das, was in der Friedensbewegung diskutiert wird und in Auseinandersetzung mit dem, was auch in unserem Land losgebrochen wird. Vier Punkte stehen für mich jetzt ganz aktuell im Vordergrund und da interessieren mich kleinkarierte Debatten und Streits in unserer Partei überhaupt nicht, denn es gilt einen Krieg zu verhindern.

Erstens: Es muss durchgesetzt werden, dass die Armee in der Ukraine, Westukraine, dass die Nationalgarde im Osten sofort wieder in die Kasernen zurückgeholt wird. Man darf nicht die Armee gegen das eigene Volk einsetzen. Das ist doch wohl das Mindeste.

Wir müssen Zweitens durchsetzen, dass endlich wieder das Tabu, dass man mit Faschisten nicht verhandelt und nicht redet, beachtet wird. Ein deutscher Außenminister, das sage ich dem Außenminister dieser Regierung, ein Außenminister mit der Geschichte unseres Landes setzt sich nicht mit Faschisten an einen Tisch, er darf es nicht, weil er ansonsten Faschismus enttabuisiert.

Ich möchte Drittens, dass unbedingt durchgesetzt wird, dass in der Ukraine über einen Waffenstillstand verhandelt wird. An diesen Verhandlungen müssen auch die Aufständischen in der Ost-Ukraine beteiligt werden, ohne sie geht es nicht. Man muss miteinander reden, wenn man keine Gewalt anwenden will.

Und endlich, liebe Genossinnen und Genossen, möchte ich, was unser Land angeht, dass mit einer anderen Art und Weise mit Russland geredet wird. Ich verachte diese Respektlosigkeit gegenüber einem Land, in dem 27 Millionen Menschen der Sowjetunion im faschistischen 2. Weltkrieg ermordet worden sind. Mehr Respekt für die Opfer dieses Landes, für die Gefühle dieses Landes. Da dröhnt die Springerpresse reich bebildert und in großen Lettern mit einer Petition, dass das Denkmal am Tiergarten abgeräumt werden soll. Losung: "Die Russenpanzer müssen weg". Ich habe im Bundestag gesagt, diese Panzer haben auch unser Land vom Faschismus befreit und wir haben sie zu würdigen.

Wo gibt es denn so etwas, dass man die eigene Geschichte so schnell verdrängt. Wenn Deutschland einen Platz hat, dann den, dass es für eine konsequente, vernünftige Friedenspolitik in Europa, auch in der Ukraine eintritt. Wir haben ja dazu einen Antrag eingereicht und ich bin froh, dass wir uns auf Alles geeinigt haben - bei allem Streit, den es vorher auch um die einzelnen Punkte gab.

Ich würde euch gern vier Punkte vorstellen für einen Friedenplan der LINKEN. Wir sind die Einzigen, die derzeitig einen Friedensplan vorgelegt haben, der auch greifen kann. Unser erster Vorschlag ist, auch resultierend aus der Erfahrung unseres Landes: Es muss runde Tische in der Ukraine geben, an denen die unterschiedlichen Kräfte zusammen treffen und miteinander Friedensvereinbarungen eingehen. Dazu ist das Format der OSZE das Richtige. Das ist doch spannend, keiner wollte von der OSZE mehr etwas wissen. Jetzt ist sie plötzlich groß im Geschäft. Wir müssen eine Organisation für Frieden in Europa durchsetzen und sie mit ganzer Kraft von uns aus befördern.

Mein zweiter Vorschlag: man braucht Ideen für eine soziale Umgestaltung der Ukraine. Das müssen vor allem die Bürgerinnen und Bürger dort selber tun. Der Ausgangspunkt der Proteste war ein sozialer. Wenn ich einen Vorschlag machen darf, liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns gemeinsam eintreten für die Enteignung der Oligarchen in der Ukraine, jeglicher Oligarchen. Das wäre ein vernünftiger Weg und wenn wir schon dabei sind, enteignen wir die Oligarchen in unserem Land gleich mit, weil - wir haben auch solch eine Bande in unserem eigenen Land.

Ich möchte Drittens, dass der Begriff der Blockfreiheit endlich wieder eine Bedeutung erhält. Die Ukraine ist blockfrei und soll blockfrei bleiben. Ich bin dagegen, dass die NATO an die Ostgrenzen in Europa rückt. Ich bin dafür, die NATO abzuschaffen, wenn man es hinkriegt, mindestens aber keine Ausweitung der NATO.

Und Letztens: Deutschland braucht eine neue Ostpolitik, eine Entspannungspolitik dieses Landes. Das war mal eine große Tradition und Stärke, diese Stärke hat die SPD verloren, liebe Genossinnen und Genossen. Lasst uns als LINKE diese Stärke aufgreifen und etwas einbringen für eine Entspannungspolitik. Der "Stern" hat der SPD gesagt, man kann die nächsten Wahlen mit Entspannungspolitik gewinnen. Die macht sie nicht, warum nicht wir? Ich bin für eine neue Ostpolitik, Entspannungspolitik und Friedenspolitik und erwarte das von meiner Partei. Danke sehr.