Syrien - keine Gewalt, keine Spaltung, keine Einmischung

20.01.2012
Printer Friendly, PDF & Email

Syrien - keine Gewalt, keine Spaltung, keine Einmischung (Wolfgang Gehrcke)

 

Ich habe mich immer an das gehalten, was die linken und demokratischen Kräfte in den betroffenen Ländern selbst vorschlagen und fordern. Ich will Ihnen einmal vorlesen, welche Forderungen der Nationale Koordinierungsrat - dort sind die linken und demokratischen Kräfte der Opposition vertreten - aufgestellt hat: „Wir halten dabei an drei Ablehnungen fest“ - das muss von allen Mitgliedern unterschrieben werden -: „Nein zur Gewalt, Nein zur konfessionellen Spaltung des Landes und Nein zur ausländischen Einmischung.“ - Das sind die Forderungen. Ich finde sie richtig und teile sie.

 

153. Sitzung des 17. Deutschen Bundestages am 20. Januar 2012 - TOP 26 – Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Das Regime in Syrien international isolieren

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen, ich hätte mir nach der gestrigen Veranstaltung - eine Debatte ist es ja nicht gewesen –

(Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Natürlich! Vielleicht meinen Sie Herrn Maurer!)

sehr gewünscht, dass man heute einmal tatsächlich über Syrien und über die Probleme des Landes redet, was nur teilweise der Fall war. Ich will mich mit dem anderen Unsinn nicht beschäftigen.

(Dr. Rainer Stinner (FDP): Sie brauchen sich nur einmal persönlich zu distanzieren, Herr Gehrcke!)

Ich habe mich immer an das gehalten, was die linken und demokratischen Kräfte in den betroffenen Ländern selbst vorschlagen und fordern. Ich will Ihnen einmal vorlesen, welche Forderungen der Nationale Koordinierungsrat - dort sind die linken und demokratischen Kräfte der Opposition vertreten - aufgestellt hat: „Wir halten dabei an drei Ablehnungen fest“ - das muss von allen Mitgliedern unterschrieben werden -: „Nein zur Gewalt, Nein zur konfessionellen Spaltung des Landes und Nein zur ausländischen Einmischung.“ - Das sind die Forderungen. Ich finde sie richtig und teile sie.

Ich schlage Ihnen erstens vor, dass wir nächste Woche - wir werden eine namentliche Abstimmung beantragen - über zwei Punkte entscheiden. Der Deutsche Bundestag muss sich gegen jegliche Form - ohne Tricks - von Abschiebungen nach Syrien aussprechen, und das muss möglichst von allen Fraktionen getragen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin zweitens dafür, dass wir uns auf einige Sanktionen hier einigen. Ich möchte unbedingt, dass wir uns gemeinsam gegen Rüstungsexporte und Waffenlieferungen nach Syrien und in die gesamte Nahostregion aussprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe auch nichts dagegen, wenn gegen die Repräsentanten dieses Regimes Reiseverbote verhängt werden. Aber ich unterstütze keine Sanktionen, die die Bevölkerung treffen. Darüber kann man nächste Woche in namentlicher Abstimmung entscheiden.

Ich will jetzt zu den einzelnen Forderungen etwas sagen. Die Forderung „Nein zur Gewalt“ richtet sich in erster Linie an das Regime Assad. Das muss ausgesprochen werden, und es wird auch von der Linken ausgesprochen. Von Assad geht die staatliche Gewalt aus. Er setzt staatliche Gewalt ein. Es ist in keiner Weise akzeptabel und auch nicht begründbar, wie die staatliche Gewalt in Syrien eingesetzt wird. Das soll hier klar ausgesprochen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte aber auch feststellen, dass wir davon abraten, dass auf der anderen Seite Gewalt eingesetzt wird oder dass von außen zur Gewalt aufgerufen wird. Hier gibt es eine Differenz mit meinen Freunden in Syrien. Sie sagen, Verhandlungen mit dem Assad-Regime sind unsinnig, bringen nichts. Ich sehe aber keinen anderen Weg als Verhandlungen. Das ist eine nicht ganz einfache Frage. Syrien, das sich in Teilen schon in einem Bürgerkrieg befindet, darf nicht weiter in einen Bürgerkrieg abgleiten.

Ich will den Kollegen Hans-Ulrich Klose zitieren - das mache ich nur selten -, der zu diesem Thema am 16. Januar etwas sehr Vernünftiges gesagt hat. Er hat gesagt, „internationale Bemühungen sollten sich darauf konzentrieren, überhaupt Gesprächskontakte zwischen beiden Konfliktparteien herzustellen.“ Er sagte weiterhin, die Alternative dazu sei der Bürgerkrieg. Ich sehe es ähnlich. Man muss miteinander reden, wenn man verhindern will, dass weiter aufeinander geschossen und gemordet wird.

(Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Assad redet und mordet trotzdem! Das ist das Problem!)

Man muss miteinander reden, um zu Vereinbarungen zu kommen. Ich sehe keinen anderen Weg.

Ich bin auch dafür, dass hier deutlich gegen ausländische Einmischung, gegen militärische Bedrohung und das Spiel mit militärischer Drohung Stellung bezogen wird. Wir - ich jedenfalls bin es - sind alle gebrannt von dem, was in Libyen passiert ist. Es fing harmlos an, und es endete bei 50.000 Toten in diesem Krieg. Ich weiß, wie der Irak-Krieg in Szene gesetzt worden ist. Ich möchte keine Wiederholung.

(Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie etwa Syrien mit der Irak-Situation vergleichen? Das ist absurd!)

Erinnern Sie sich doch daran, was der Kollege Mißfelder hier ausgeführt hat. Waffengewalt bleibt auf der Tagesordnung. Sie können viele Zitate finden, dass der Bürgerkrieg in Syrien mindestens von außen angeheizt wird, weil man kein Interesse an einer Vereinbarung hat.

(Dr. Thomas Feist (CDU/CSU): Das ist ja abstrus! Gewäsch ist das!)

Wer nicht will, dass weiter geschossen wird, sollte auch bereit sein, zu Verhandlungen überzugehen. Da muss man Druck auf das Regime ausüben. Ich bin nicht für unverbindliche Verhandlungen.

(Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht sollte Gysi noch einmal zu Assad fahren wie damals zu Milosevic!)

Ich bin für klare Verhandlungen, die ein Ergebnis bringen, dass das Morden und die Gewalt in Syrien aufhören. Das ist die Position, die ich vorschlagen möchte. Das ist eine Position, die auch in Syrien sehr breit akzeptiert wird. Gehen Sie nicht nur von Ihren Bildern von außen aus, sondern reden Sie mit den politischen Kräften, die in der Opposition sind, dann werden Sie zu anderen Ergebnissen kommen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)